Kreis Euskirchen – Die Zahl der Discos im Kreis Euskirchen ist überschaubar. Eine Partymeile ist die Region zwischen Weilerswist und Losheim längst nicht mehr. In vielen ehemals gut besuchten Clubs ist das Wummern der Boxen verstummt. Etwa im Zingsheimer Alcatraz, dem ehemaligen Index, das später Weilerswister Steffi hieß, in der Burg und der Schwimmburg in Bad Münstereifel sowie in der Euskirchener Schwarte, später Schlaflos, und im Esquire.
Die Musik für die vorwiegend jungen Feierwütigen spielt seit geraumer Zeit in Köln und Bonn. Die starke Konkurrenz hat zu Verwerfungen auf den Kreis Euskirchener Tanzparketten geführt. Discos machten auf, wieder zu und verschwanden, wie die oben erwähnten, schließlich von der Party-Landkarte.
Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass Disco-Betreiber optimistisch in die Zukunft blickten. Bei vielen legte sich die anfängliche Euphorie jedoch schnell wieder. Da lohnt ein genauerer Blick auf die wechselvolle Club-Geschichte der Firmenicher Kulturfabrik Zikkurat. Die zahlreichen Aufs und Abs künden von den Schwierigkeiten, mit denen die Spaß-Branche zu kämpfen hat.
Optimitische Visionen – aber wenig Erfolg
Aufbruchstimmung lag in der Luft, als Arnold Tilz, Stefan Schwanke und Uli Corsten im Oktober 2004 die Ton-Fabrik in der Firmenicher Kulturfabrik Zikkurat eröffneten. Das Trio hatte durchaus gute Erfahrungen in diesem Metier gesammelt und auch Geld verdient: Tilz hatte als Discjockey gearbeitet. Corsten und Schwanke hatten in Bad Münstereifel die Jugend-Discos Burg und Schwimmburg aus der Taufe gehoben.
Der inzwischen verstorbene Zikkurat-Chef Johann Josef Wolf hatte einige Jahre zuvor die 2000 Quadratmeter große Ringofen-Halle der Steinzeugfabrik zu einer modernen Disco umbauen lassen. So richtig glücklich dürfte der Mäzen mit dem Auftakt der Disco-Ära indes nicht gewesen sein.
Im Jahr 2000 öffnete das Babylon, vier Jahre später kam das Aus. Noch kürzer war der Zet-Klub am Netz: Dort gingen nach nur einem Jahr die Lichter aus.
Jetzt ruhten also Wolfs Hoffnungen auf der Ton-Fabrik. Die drei Gesellschafter wollten weg vom „Hörsturz-Bumm-Bumm-Sound“ der Konkurrenz und lieber auf die hohe Kunst von Moderation und klassischer Animation setzen. Knapp fünf Jahre ging das Konzept auf. Im August 2009 war dann auf der Homepage der Ton-Fabrik zu lesen: „Diskothek ab sofort geschlossen“. Eine Goodbye-Party falle leider ins Wasser, da Strom und Wasser abgestellt worden seien. Eine vorläufige Insolvenz ließ alle Träume platzen.
Dann schlug die Geburtsstunde des Z 4. Zwei Geschäftsführer und etwa zwei Jahre später schloss der Club im Januar 2011 schon wieder. Wenig später feierte die Ton-Fabrik ein Comeback in Firmenich. Im August 2015 war wieder Schluss. Im Oktober 2015 gab einer der Gründerväter der Ton-Fabrik ein kurzes Comeback in der Zikkurat. Arnold Tilz hatte mit DJ Jörg Grewe zur Ü-30-Party geladen.
Neue Hoffnung im Nachtgefühl
Im Oktober 2016 stand schon wieder ein Neustart an gleicher Stätte an. Auf die Ton-Fabrik folgte das Nachtgefühl. Na klar – die damalige Geschäftsführerin hatte ein gutes Gefühl, den immer kleiner werdenden Markt aufzumischen. Sie sah eine große Nachfrage und meinte, es habe halt einfach etwas in der Eifeler Disco-Landschaft gefehlt.
Es kam, wie es kommen musste: Die Geschäftsführerin ist längt Geschichte – das Nachtgefühl soll hingegen noch nicht abklingen. Das Comeback unter neuer Regie steht am 3. März, 22 Uhr, an. Geschäftsführer Tom Ley und DJ Jörg Grewe haben wie alle ihre Vorgänger(innen) große Pläne. Viele alte Gäste der Ton-Fabrik hätten während der Ü-30-Partys gefragt, ob man wieder so etwas Schönes wie früher machen könne, berichtete Grewe. Da habe Ley mitgespielt und das Revival der „Ton“ angekündigt. „Es kann gefeiert werden wie in guten alten Zeiten“, so der Geschäftsführer, der auch die Deko im Ton-Fabrik-Stil präsentieren will.
Ein derart ausgeprägtes Wechselspiel der Akteure und Namen gab es in anderen Clubs nicht. Und es gibt sie tatsächlich noch: einige Provinz-Discos, die allen Widrigkeiten getrotzt haben. Etwa das Abraxxass in Zülpich, das Silentium in Gemünd und das Euskirchener Porto Bello.
Stars und Sternchen
Es gab Zeiten, in denen sich in den unterschiedlichen Zikkurat-Discos TV-Stars und Sternchen die Klinke in die Hand gaben.
Den Auftakt machte 2008 die Ex-Freundin von Dieter Bohlen („Deutschland sucht den Superstar“), „Naddel“, die im wahren Leben Nadja Abd el Farrag heißt, die sich wie später Micaela Schäfer (2012/Foto) und Giulia Siegel (2013) als DJane betätigte.
Auch Markus Becker, der Mann mit dem roten Hut („Das rote Pferd“ ) und die skandalträchtige Gina-Lisa Lohfink („Peng, Peng, Boateng“) wurden in Firmenich wie jeck gefeiert. Die Hütte war voll, wenn die A-, B- und C-Promis erschienen. Die Schieflage im Disco-Geschäft in der Provinz konnten die Stars und Sternchen indes nicht stoppen. (pws)