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Ehemalige Eifelhöhen-KlinikImpfzentrum für den ganzen Kreis in drei Wochen

Lesezeit 5 Minuten
Eifelhoehenklinik

Wie geschaffen für ein Impfzentrum: die ehemalige Eifelhöhen-Klinik in Marmagen.

Kreis Euskirchen – Am 15. Dezember sollen die ersten Menschen im Kreis Euskirchen gegen Corona geimpft werden können. Theoretisch zumindest. Bis dahin sollen die 53 Impfzentren in NRW einsatzbereit sein, egal ob der oder die Impfstoffe dann auch wirklich zur Verfügung stehen.

Im Kreishaus Euskirchen herrscht zurzeit konzentrierte Anspannung, denn die Verantwortlichen stehen vor einer gewaltigen logistischen Herausforderung. Vieles ist noch nicht geklärt, täglich gibt es neue Informationen. Es muss reichlich improvisiert werden. Doch es wäre fatal, wenn der Impfstoff zur Verfügung stünde, aber das Impfzentrum noch nicht so weit wäre.

Wo wird geimpft?

In der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik in Marmagen. Das mag für manche Bürger im Kreis etwas weit vom Schuss sein, doch die Voraussetzungen dort sind laut Martin Fehrmann, Chef der Gefahrenabwehr beim Kreis, wie geschaffen für einen solchen Fall: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, das Impfzentrum dort zu installieren.“

Das Gebäude biete aufgrund seiner früheren Nutzung die benötigten Räumlichkeiten: Behandlungszimmer, Anmeldebereich, Wartezimmer, viele Gänge und ausreichend Platz, damit sich die Menschen aus dem Weg gehen können – und sich nicht noch kurz vor der Impfung gegenseitig anstecken. „Wir sind da in einer sehr glücklichen Lage, wir müssen keine Turnhallen nutzen“, so Fehrmann.

Kann auch woanders geimpft werden?

Ja, aber nur in Ausnahmen. Für Menschen, die nicht mobil sind, etwa in Pflegeheimen, wird es mobile Impfdienste geben.

Wie viele Menschen werden geimpft?

Etwa 70 Prozent der Bürger, so das Land, wollen sich impfen lassen. „Das sind auf den Kreis Euskirchen berechnet mehr als 100.000 Menschen“, stellt der Leiter des Kreisgesundheitsamtes, Christian Ramolla, klar. Es würde für die Herdenimmunität, die bei 60 Prozent liege, reichen. Er stellte aber klar: Abstand, Hygiene und Atemschutz werden auch während der Impfphase noch nötig sein.

Wie oft werden die Menschen geimpft?

Zweimal. Bei einem der drei kurz vor der Zulassung stehenden Mittel noch mal am 21. Tag nach der ersten Impfung, bei den beiden anderen genau 28 Tage danach. „Das muss nach Auskunft der Hersteller auch exakt eingehalten werden“, sagt Ramolla.

Es bedürfe also einer strikten Termindisziplin, so Landrat Markus Ramers, sowohl bei den Mitarbeitern im Impfzentrum als auch bei den Impfwilligen.

Was macht die Sache zusätzlich komplex?

Die Impfmittel sollen an bestimmten Standorten im Land aufbereitet werden. Und das aus gutem Grund, wie Ramolla erläutert: Es handele sich um ein Konzentrat, das nach dem Auftauen verdünnt werde. „Sowas gehört ganz klar in Pharmazeuten-Hand.“

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Viele Gänge und Räume: Manfred Poth (l.) und Markus Ramers bei einem Rundgang vor wenigen Wochen im künftigen Impfzentrum.

Und wenn die ihr Werk erledigt haben, sollte alles ziemlich schnell gehen: Innerhalb von sechs Stunden muss das Mittel verabreicht werden, sonst ist es wirkungslos. „Das ist eine unglaubliche Herausforderung an die Transport-, Aufbereitungs- und Terminlogistik“, stellt Ramolla klar.

Warum können die Hausärzte nicht impfen?

Der Biontech-Impfstoff müsse bei einer Temperatur von gut 75 Grad minus gelagert werden, der vom Hersteller Moderna bei minus 20 Grad, für den Vektor-Impfstoff von Astra Zeneca reichten Kühlschranktemperaturen, erläuterte Ramolla. Noch weiß aber niemand, welches Mittel wann kommen wird.

„Auf das alles haben wir wenig Einfluss“, sagt der Amtsarzt. Sobald auch Impfstoffe, die konventionell gelagert werden können, in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen, schlägt die Stunde der niedergelassenen Ärzte: „Das ist dann auch das Ausstiegsszenario, in dem die Praxen mehr und mehr in das gesamte Impfkonzept eingebaut werden.“

Offen sei derzeit auch, welche Mittel für welche Altersgruppen geeignet beziehungsweise nicht geeignet sind und welche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen je nach Alter, Vorerkrankungen beziehungsweise mit der Einnahme von Medikamente auftreten können. Da warten die Gesundheitsämter auf Informationen vom Paul-Ehrlich-Institut, das für die Zulassung für Impfstoffe zuständig ist.

Wie viele Impfungen finden täglich statt?

Das Land geht von 700 bis 2500 Impfungen täglich pro Impfzentrum aus. Der Kreis wird wohl gemessen an seiner Einwohnerzahl am unteren Ende angesiedelt sein. Dennoch sind 700 bis 1000 Impfungen am Tag auch erstmal zu schultern. Unklar ist auch, wie viele Impfdosen der Kreis anfangs erhält. Bundesweit sollen es zunächst zwei Millionen sein, auf den Kreis gerechnet wären es dann 5000.

Wer kommt wann dran?

Das entscheidet der Bund auf Anraten der Experten. Auch wo die Menschen sich melden können und wie sie unterrichtet werden, ist noch unklar. Ramolla geht davon aus, dass die Voraussetzungen ziemlich exakt und differenziert anhand eindeutiger medizinischer Parameter dargestellt werden, sodass jeder wisse, wann er geimpft werden kann.

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Es sei sinnlos, sich jetzt schon in den Praxen oder beim Gesundheitsamt zu melden, weil man möglichst schnell geimpft werden wolle. „Dort bitte nicht melden“, appelliert Ramolla: „Bitte abwarten, bis wir ein einheitliches Verfahren haben.“

Wie kommen die Menschen nach Marmagen?

„Wir denken, die meisten werden mit dem Auto kommen“, so Manfred Poth, Allgemeiner Vertreter des Landrats und zuständiger Geschäftsbereichsleiter. Busse eignen sich angesichts der Vermeidung von Ansteckungen nicht so gut. Vereinzelt könnten womöglich auch in solchen Fällen mobile Impfeinrichtungen helfen.

Woher kommt das Personal?

Für den medizinischen Bereich ist die Kassenärztliche Vereinigung zuständig, für den Rest der Kreis: von der Sicherheit über Ausstattung, Materialien bis zur Logistik. Es ist nun Aufgabe des Kreises, die Mitarbeiter mit den entsprechenden Qualifikationen zu finden, möglichst ohne negative Folgen für Testung und Kontaktverfolgung.

Wer klärt die Impfwilligen auf?

Wegen der Eile und der strengen Terminvorgaben sei es erstrebenswert, wenn die Patienten im Vorfeld aufgeklärt würden. Diesen Bereich nannte Ramolla das „Nadelöhr“, denn nach derzeitigem Stand dürfen allein Ärzte über mögliche Folgen einer Impfung informieren.

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Im Sommer hat der Kreis Euskirchen die ehemalige Klinik für die Pandemiebekämpfung angemietet.

Das aber kostet Zeit. Und die ist knapp. „Ich bin zuversichtlich, dass die Aufklärung auch unter Nut zung der Medien vernünftig stattfinden kann“, sagte Ramolla. Spritzen könnten übrigens auch Mitarbeiter, die keine Ärzte sind.

Werden nur Kreis-Bürger in Marmagen geimpft?

Ja. Die Nachbarkreise haben eigene Impfzentren. Auch die Liefermenge der Impfstoffe richtet sich nach der Einwohnerzahl.

Schafft der Kreis das alles?

„Es ist eine ambitionierte Aufgabe, sicher“, weiß Ramers. Aber er sei zuversichtlich. Es sei ja auch motivierend, dass man nach Monaten der Bekämpfung der Pandemie nun in die Nähe einer Lösung gelange, sagte der Landrat. Sein Allgemeiner Vertreter zeigte sich ebenfalls optimistisch. „Das muss funktionieren“, so Poth.

Er sei guter Hoffnung, „dass wir das im Kreis Euskirchen wieder mal hinkriegen, weil die Akteure, etwa die der Kassenärztlichen Vereinigung oder der Gefahrenabwehr, traditionell gut vernetzt sind und sich gegenseitig unterstützen. Ich bin fest überzeugt, dass wir das bis zum 15. Dezember auch schaffen.“ Immerhin: Die Kosten übernehmen Land und Bund.