Bad Münstereifel-Eicherscheid – Viele glückliche Gesichter gab es am Samstagmittag in Eicherscheid. Denn rund 25 Flut-Betroffene aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz waren auf den Parkplatz an der Kohlstraße gekommen, um ihre neuen fahrbaren Untersätze entgegenzunehmen. Gespendet wurden diese von den „Kfz-Rockstars“, einer Vereinigung von rund 140 Werkstätten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Bereits im Vorfeld hatten die freien Kfz-Meister des Verbundes einzeln Autos an Bedürftige gegeben, sodass mittlerweile rund 70 Menschen, die in der Flutkatastrophe ihr Fahrzeug verloren haben, durch die Mithilfe der Rockstars ein neues Auto erhielten.
Der Kopf hinter der Aktion ist der Berliner Robert Merz. Er hat keine Autowerkstatt, berät allerdings Freie Werkstätten und hat den Verbund „Kfz-Rockstars“ ins Leben gerufen. „Der Grundgedanke ist, dass wir Werkstätten Autofahrern helfen“, beschreibt er das Konzept. Als er die Berichte über die Flutkatastrophe in der Eifel gehört habe, bei der Menschen Haus und Hof verloren haben, sei ihm klar gewesen, dass dann auch die Autos betroffen sein müssten. „Wer wieder auf die Beine kommen will, der muss mobil sein“, sagt er. So sei die Idee entstanden, Autos für die Flut-Betroffenen zu spenden.
Schnelle unbürokratische Spenden
„Wir haben in den Regionen, in denen wir aktiv sind, gefragt, ob Menschen Autos spenden können“, erzählt er. Dann haben die „Rockstars“ in ihren Werkstätten die Autos fit gemacht, mit frischem Tüv versehen und schließlich an die Leute gebracht.
„Die Menschen, die die Autos bekommen, haben wir unbürokratisch ausgesucht, nach Bauchgefühl“, sagt Benny Koch. Zehn Autos hat der Kfz-Meister aus dem hessischen Alsfeld bereits an Hilfsbedürftige weitergegeben. Nun steht er mit einer roten Mappe auf dem Parkplatz und bringt Autos und Empfänger unter einen Hut.
Wie die Frau aus Schweinheim, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Ich habe nichts mehr, ich habe alles verloren“, sagt sie. Am 14. Juli musste sie zusehen, wie das Wasser an ihrer Haustür immer höher stieg, um sie schließlich zu überfluten. „Meine Nachbarn sind noch vom THW rausgeholt worden, mich haben sie nicht mehr holen können“, berichtet sie. In ihre Wohnung könne sie nicht zurück, dort habe die Vermieterin noch nichts machen lassen. Augenblicklich wohne sie bei einer Freundin der Tochter. Bis heute habe sie Angst, wenn es regne, ja, sogar, wenn sie die Toilettenspülung betätige.
Aktion wird fortgesetzt
„Mit dem heutigen Tag ist die Aktion auch noch nicht zu Ende. Wir haben noch Autos, und wir haben auch noch Hilfsbedürftige“, sagt Robert Merz.
Das Problem sei aktuell das fehlende Geld, um die Autos fit zu machen. Denn zur Arbeitszeit der Kfz-Meister, die gratis erbracht wird, kommen Kosten für Ersatzteile, die Tüv-Abnahme und Benzin. Deshalb seien Spenden dringend erbeten. „Jeder noch so kleine Betrag hilft, es muss kein ganzes Auto sein“, so Merz. Der Kontakt für Hilfsangebote und -gesuche ist per E-Mail möglich. (sev)
spende@kfzrockstars.de
Als sie ihr neues Auto, einen hellgrünen Renault Twingo, sieht, ist die Begeisterung zuerst ein wenig gebremst. „Das ist ein Automatikwagen, ich fahre aber lieber Schaltwagen“, sagt sie. Doch die „Kfz-Rockstars“ haben eine schnelle Lösung für sie. Nach wenigen Minuten zeigen sie ihr einen Opel Corsa – mit Schaltgetriebe. Angeliefert hat ihn Andreas Giese aus Beckum-Wadersloh. „Der Wagen ist gespendet worden von einer Frau aus der Region, die sich gerade einen neuen Wagen gekauft hatte“, erzählt er. „Top unterwegs“ sei der Wagen. „Und die Klimaanlage geht auch“, so Giese.
Von Stolberg bis Bad Neuenahr sind die Betroffenen nach Eicherscheid gekommen, um mit einem Fahrzeug versorgt zu werden. Es ist die erste zentrale Aktion dieser Art, auch wenn bereits vorher zahlreiche Autos weitergegeben worden seien, so Merz. Bad Münstereifel sei als Standort von Maria Zibell ins Gespräch gebracht worden, die in Eicherscheid ein Hilfslager betreibt. „Heute haben wir Packen von Schuhkartons in der Vergabe, dann kommen Laster mit Brennholz für die Flut-Betroffenen und demnächst geben wir Heu und Stroh an die Landwirte, deren Wintervorräte kontaminiert sind“, erzählt sie von ihren Aktivitäten.
„Wir fühlen uns richtig gut“, sagt Michael Mink. Er hat im niedersächsischen Stuhr eine Kfz-Werkstatt und Autolackiererei. Mit acht Autos ist er nach Bad Münstereifel gekommen, vier weitere hat er bereits im Vorfeld an neue Besitzer übergeben können. „Das ist schon ein ziemlicher Aufwand, für die nächsten Autos müssen die Leute sich auch mal in den Zug setzen und zu uns kommen“, sagt er. Seine Arbeit für die Betroffenen einstellen möchte er nicht.