Leverkusen – Das Bau-Desaster Rheinbrücke beunruhigt Lars Friedrich sehr. Stellvertretend für die Firmen unter dem Bayer-Kreuz und ihre zuletzt 31.500 Beschäftigten kritisiert der Chempark-Leiter die Situation an Leverkusens wichtigster Baustelle. Die absehbare Verzögerung von mindestens zwei Jahren beim Bau der ersten Brücke sei „unerfreulich“ – schließlich „behindert die Sperrung der Rheinbrücke für den Lkw-Verkehr unsere Logistik und verursacht Mehrkosten“, sagt Friedrich am Donnerstag dem „Leverkusener Anzeiger“. Das gelte für die gesamte Industrie und das Gewerbe. Schon seit 2016 müsse man sich mit der Blockade des Transportwegs auseinander setzen. Mit der Folge, dass etwa „die Transporte zwischen den Chempark-Standorten in Leverkusen und Dormagen über den Umweg der A46 bei Düsseldorf“ laufen.
Doch es sei ja nicht bloß die Brücke: „Es ist weiterhin wenig Konkretes zu den anderen beiden Abschnitten bekannt.“ Der Chempark-Chef fürchtet, dass es bei Tunnel oder Stelze für die A 1, beim Ausbau der A 3 und schließlich dem Neubau des Leverkusener Kreuzes zu noch mehr Verzögerungen bei den Planungen, Genehmigungsverfahren und somit auch des Baus kommt. Das alles sei „vermutlich nicht kompatibel mit den Anforderungen der Wirtschaft, die nach Planungssicherheit und möglichst schneller Umsetzung ruft“. Insgesamt sei die Lage beim Autobahn-Ausbau „nicht zufriedenstellend“, so Friedrich.
Die Bahn hat auch nicht genug Kapazität
Aber auch der Rhein und die Schiene bereiten dem Chempark-Leiter Sorgen. „Die Kapazität und Leistungsfähigkeit der Bahn ist im Normalbetrieb schon heute grenzwertig.“ Damit scheide die Schiene als Alternative zum Rhein letztlich aus. Was das heißt, habe man in den vergangenen Sommern gesehen, als die Wasserstraße wochenlang wegen Niedrigwasser kaum benutzbar war für die üblichen Massentransporte in den Chempark. Wenigstens hätten die Politiker inzwischen gemerkt, wie wichtig die Binnenschifffahrtswege für die Industrie seien. Das zeige der Acht-Punkte-Plan des Bundesverkehrsministers und das erste Treffen der Verlader.
Auch im Chempark gibt es ein Projekt an der Wasserseite. Ein neuer Anleger für Tankschiffe wird gebaut. Nach längerer Vorplanung wurde Mitte vorigen Jahres begonnen. Für Friedrich ist es eine ungewöhnliche Baustelle: Zunächst wurde mit Hilfe von Spundwänden eine Baugrube unter der Wasseroberfläche angelegt. Das besorgten Taucher mit Unterwasserschweißgeräten. Danach wurde ein 350 Kubikmeter umfassendes Beton-Fundament auf der Rheinsohle gegründet. Als nächstes soll nun der Betonpilz für die Verladearme aufgesetzt, dann die Rohrleitungsanbindungen ans Tanklager geschaffen werden.
Weil weitere Verladearme an den Pilz passen, sei der neue Anleger auch möglichen gestiegenen Anforderungen gewachsen, sagt Peter Strabel, Leiter der Currenta-Tochter Chemion Hafenlogistik. Mitte nächsten Jahres soll der neue Anleger Nummer 3 in Betrieb gehen.
Fast ein Rekord
787 Millionen Euro sind im Lauf des vorigen Jahres im Chempark investiert worden. Damit bleibe man 34 Millionen unter dem Rekord von 2018, bilanzierte Lars Friedrich am Donnerstag. 430 Millionen Euro seien für neue Anlagen ausgegeben worden, 357 für Instandhaltung.
31 500 Menschen seien auf dem Gelände unter dem Bayer-Kreuz beschäftigt. Auch das ist im Vergleich zu 2018 ein Rückgang: Damals zählte der Chempark-Chef 32 600 Beschäftigte. Gleich blieb die Zahl der Azubis: 1200 junge Leute werden von Currenta ausgebildet. (tk)
Genehmigung in Rekordzeit
Besonders ist auch die neue Fluorsulfonsäure-Anlage von Lanxess. Um die Genehmigung zu bekommen, hatte der Konzern ein Pilotprojekt mit den Genehmigungsbehörden gestartet. Die Kölner Bezirksregierung Köln und das Landeswirtschaftsministerium gaben ihr Okay in Rekordzeit: zwölf Monate. Bisher dauerte so etwas 20 Monate.
Inzwischen ist die Anlage in Betrieb. Lars Friedrich wäre froh, wenn er beim Autobahnprojekt nicht mit rekordverdächtig langen Bauzeiten rechnen müsste.