AboAbonnieren

Nahmobilität fördernVerkehrsgutachten für Heimerzheim liegt vor

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Es gibt noch Luft nach oben bei der Verkehrssituation in Swisttal-Heimerzheim.

Swisttal-Heimerzheim – „Die Verkehrssituation in Heimerzheim ist objektiv betrachtet bei weitem nicht so problematisch wie das manche Bürger vielleicht sehen.“ So fasste Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner (CDU) das Ergebnis eines Verkehrsgutachtens für den größten Swisttaler Ort zusammen, das Diplom-Geograf Norbert Schläger vom Kölner Planerbüro Südstadt jetzt dem Planungs- und Verkehrsausschuss vorstellte.

Dennoch könne einiges für die Verbesserung der Verkehrssituation getan werden, waren sich die Fraktionen einig. Sie wollen die Ergebnisse der Untersuchung zunächst der Öffentlichkeit vorstellen und die Vorschläge der Bürger abwarten, bevor bei der nächsten Ausschusssitzung konkrete Verbesserungsmaßnahmen beraten werden.

Straßennetz in Heimerzheim „leistungsfähig“

Die Erhebungen hätten gezeigt, so Schläger, dass das vorhandene Straßennetz in Heimerzheim leistungsfähig sei. „Weder die Unfallauswertung noch die Verkehrsbeobachtung zeigen sicherheitsrelevante Defizite auf.“ Weder eine zu hohe Verkehrsbelastung noch zu hohe Geschwindigkeiten konnten demnach nachgewiesen werden. Die Analyse der Parkraumerhebung habe darüber hinaus gezeigt, dass die Auslastung zwar hoch sei, aber zu jeder Zeit noch Reserven vorhanden seien, welche durch wenige kleinere Maßnahmen effektiver genutzt werden können.Grundsätzlich empfiehlt Schläger, den Rad- und Fußverkehr im Ort zu stärken, denn beide Verkehrsarten hätten nicht den Stellenwert, der ihnen in der aktuellen Verkehrsplanung zugesprochen werde. „Hier hat Heimerzheim Nachholbedarf.“ Sowohl der Ausschuss als auch Kalkbrenner bestätigten, die Gemeinde wolle nach wie vor die Nahmobilität fördern und den Anteil des Radverkehrs neben dem Fußverkehr nachhaltig steigern.

Die kompakte Siedlungsstruktur mit ihren kurzen Wegen biete hierfür ideale Voraussetzungen. Allerdings sei Heimerzheim auch der einzige Ort in der Gemeinde mit deutlichen Höhenunterschieden, was das Radfahren weniger attraktiv mache als in „ebenen“ Dörfern. Das Ziel, die vorhandenen Potenziale des Radverkehrs zu aktivieren, erfordere aber das Herstellen entsprechender Rahmenbedingungen, hier müsse man über Heimerzheim hinaus und auf Gemeindeebene denken, ergänzte Schläger.

Situation auf der Kölner Straße

Problematisch zeige sich besonders die Situation auf der Kölner Straße. Aufgrund der beengten Verhältnisse müssten hier Lösungen gefunden werden, die den schwächeren Verkehrsteilnehmern Schutz biete. „Die Kölner Straße als bedeutendste Hauptverkehrsstraße in Heimerzheim ist aufgrund der teilweise sehr geringen Straßenquerschnitte und der Verkehrsbelastung bereits heute für Fußgänger und Radfahrer nur eingeschränkt verträglich“, so Schläger.

Um sie auch für den Fuß- und Radverkehr sicher nutzbar zu gestalten, empfiehlt er die Reduzierung der Geschwindigkeit auf Tempo 30. „Geringere Geschwindigkeiten erhöhen nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern führen auch zu einer deutlichen Lärmreduzierung und zu einer verträglichen Verkehrsabwicklung“, zählte er die Vorzüge auf. Bei einem Tempolimit sinkt zudem die Geschwindigkeitsdifferenz, weshalb auch Radfahrer im Mischverkehr auf der Straße unterwegs sein könnten und damit wiederum Konflikte mit dem Fußverkehr minimiert würden. Um der Trennwirkung der Kölner Straße entgegenzuwirken und die Verkehrssicherheit beim Queren weiter zu erhöhen, schlug Schläger vor, zusätzliche Querungsmöglichkeiten im Straßenverlauf zu schaffen, beispielsweise in Höhe der sich im Bau befindlichen Seniorenresidenz sowie am Übergang des Swistweges, der eine bedeutende Querungsstelle im Freizeitverkehr darstelle.

Das könnte Sie auch interessieren:

Werner Hahnenberg (CDU) stimmte der Analyse zu, denn eine Arbeitsgruppe der CDU sei zu demselben Ergebnis gekommen. Allerdings gebe es an einigen Engstellen Handlungsbedarf. Auch Paul Freiherr von Boeselager (CDU) räumte ein, „subjektiv empfundene Probleme stellen sich objektiv doch anders dar.“ Heike Gebhardt (BfS) wünschte sich, die neuen Märkte am Ortsrand in die Betrachtung einzubeziehen. „Außerdem brauchen wir einfach mehr innovative Ideen für Fußgänger und Radfahrer.“ Monika Goldammer (Grüne) sah in einer breiten Bürgerbeteiligung den entscheidenden Faktor für die Akzeptanz, hierfür müsse sich die Gemeinde ein gutes Format ausdenken. „Letztlich geht es darum, vom motorisierten Individualverkehr wegzukommen und mehr Fuß- und Radverkehr in Heimerzheim zu erreichen.“

Tobias Leuning (SPD) sah in dem Verkehrsgutachten eine gute Bestandsanalyse, die sich auch mit seinen Erkenntnissen deckten. Doch die Tatsache, dass Fuß- und Radverkehr so schwach ausgeprägt seien, „ist eine Ohrfeige für die Verkehrspolitik der vergangenen 20 bis 30 Jahre, in der der Radverkehr eine total untergeordnete Rolle gespielt hat.“ Zudem sei es schade, dass der öffentliche Personennahverkehr bei dem Gutachten nicht berücksichtigt worden sei. Er schlug vor, nach der Öffentlichkeitsbeteiligung eine Maßnahmenliste zu erarbeiten für mögliche Verbesserungen der Verkehrssituation in Heimerzheim. Kalkbrenner mahnte, nur solche Maßnahmen aufzulisten, die auch eine reale Chance auf eine Umsetzung hätten, „sonst sind Enttäuschungen bei den Bürgern programmiert.“ Zumal die Ausschussvorsitzende Gertrud Klein (CDU) darauf hinwies, dass in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bereits eine Vielzahl von Verbesserungsvorschlägen am Veto der Straßenverkehrsbehörde beim Kreis gescheitert sei, denn die Kölner Straße sei nun mal eine Landesstraße und diene der überörtlichen Verbindung.