Euskirchen/Swisttal – Volksfeststimmung an der Steinbachtalsperre: Zwischen 1300 und 1500 Menschen – so eine Schätzung des Veranstalters – zeigten bei einer Demonstration ihre Verbundenheit zu dem Stausee und zogen in der Dämmerung rund um das Gelände des derzeit trockengelegten Sees. Mit einer Menschenkette wollten sie Flagge zeigen für einen Fortbestand des Gewässers nicht nur in seiner Funktion für den Hochwasserschutz, sondern auch als Naherholungsgebiet und als Trinkwasserspeicher.
Damm drohte zu brechen
Eine große Lücke klafft im Damm der Steinbachtalsperre. Nur mehr als Rinnsal arbeitet sich der namensgebende Steinbach durch das ansonsten leere Staubecken. Das friedliche Bild erinnert kaum noch an die dramatischen Stunden am 14. Juli, als in Folge der Hochwasserflut die Steinbachtalsperre überlief und der Damm durch das abgespülte Geröll zu brechen drohte.
Mehrere tausend Menschen mussten in den tiefer gelegenen Orten für mehrere Tage ihre Häuser verlassen. Erst zwei Tage später räumte der Tiefbauunternehmer Hubert Schilles mit einem Bagger den durch Geröll verstopften Ablauf des Grundablasses der Talsperre frei, so dass der Wasserspiegel sank.
Wie die Zukunft der Talsperre aussieht, ist seitdem ungewiss. Der Eigentümer, der Wasserversorgungsverband Euskirchen-Swisttal (WES), will sie für den Hochwasserschutz nutzen, aber auch weiter als Naherholungsgebiet und als Brauch- und Löschwasserreservoir (siehe „Gemeinde Weilerswist stellt Forderungen zur Talsperre“).
Alexander Rheindorf ist Vorsitzender der Bürgerinitiative, die sich gegründet hat, um für den Erhalt der Talsperre zu kämpfen. 372 Mitglieder habe sie aktuell, teilte Rheindorf mit.
Seit seiner Kindheit kenne er „die Steinbach“: „Ich wohne seit 55 Jahren hier“, betonte er. Er habe einen Hund, also sei er täglich hier zu finden. Auch sei das Waldschwimmbad mit seinen 8000 Quadratmetern wichtig für die Erholung der Menschen.
Wichtig für den Brandschutz
Doch die Bedeutung der Steinbachtalsperre beschränke sich nicht nur auf die Naherholung: „Wir befinden uns im vierten Jahr der Dürre“, erinnerte Rheindorf. Deshalb sei der Stausee als Wasserreservoir eminent wichtig für die Landwirte, die ihre Felder in der Umgebung bewässern müssten. Außerdem dient er als Wasserspeicher für den Brandschutz, denn wir haben hier 12 000 Hektar zusammenhängende Waldfläche“, mahnte er.
Abgesehen von den Eisenwerten habe der Steinbach Trinkwasserqualität, wie Untersuchungen gezeigt hätten. Deshalb solle es jetzt ein Gespräch mit der Regierungspräsidentin Gisela Walsken geben, in der die Bürgerinitiative die Gründe für den Fortbestand der Talsperre deutlich machen wolle.
„Wir fordern von den Politikern: Lasst uns nicht im Stich!“, sagte er. Die Fakten, die für den Stausee sprächen, müssten auf den Tisch. „Wir wollen den See auch für unsere Kinder bewahren“, so Rheindorf.
In den 1930er Jahren erbaut
Die Talsperre bei Kirchheim wurde von Februar 1934 bis Dezember 1936 gebaut. Ursprünglich sollte sie Wasser für die Tuchindustrie in Euskirchen liefern. Der Deich ist ein Erdschüttdamm und besteht aus einem Lehmkern, der bis zum Felsgrund reicht. Dadurch ist das Bauwerk anfällig für Erosionen. So entstanden in der Flut im Juli 2021 schwere Schäden am Damm.
Das Bauwerk ist 17,70 Meter hoch, an der Basis rund 80 Meter breit, und weist an der Krone rund vier Meter Breite und 240 Meter Länge auf. Das Stauziel wird mit einer Höhe von 278,30 Metern über Normalnull angegeben. Dann hat der See an seiner tiefsten Stelle einen Pegel von 17 Metern. Der Stauinhalt liegt bei 1.055.430 Kubikmetern. Die Wasserfläche beträgt dann 14,634 Hektar.
Der Rundweg um den See hat eine Länge von 2,84 Kilometern. Die Talsperre wurde von September 1988 bis April 1990 saniert. Damals betrugen die Kosten rund 12,4 Millionen D-Mark.
Zwölf Jahre lang hatte Christiane Pauli im Kloster Schweinheim unterhalb des Dammes gelebt und war jetzt aus Kuchenheim gekommen, um Flagge für „die Steinbach“ zu zeigen. „Das wäre schlimm, wenn es die nicht mehr geben würde“, sagte sie.
Hoher Freizeitwert
Auch Brigitte Virnich zeigte sich entschlossen: Einmal rund um den See sei ihre Tagestour mit dem Hund. „Im Sommer ist es toll, und im Winter besonders“, sagte sie lachend. Die Politiker sollten sich bemühen, den Freizeitwert der Talsperre zu erhalten. „Damit auch die Kinder wissen, wo sie hingehen können, wo sie einen Treffpunkt haben“, so Virnich.
„Erdrückend“ sei der Anblick des leeren Staubeckens, sagte Daniel Kurenbach. Er hatte einen Teil des Seerandwegs mit farbigen Scheinwerfern illuminiert. „Als gebürtiger Euskirchener bin ich mit der Steinbach großgeworden“, erzählte er. Nun lebe er in Kirchheim und sei oft mit seinen Kindern hier.
Rund 35 Ordner sorgten rund um den Stausee für einen reibungslosen Ablauf der Aktion. Während es langsam immer dunkler wurde, zogen auf den beiden Seiten des einstigen Sees vom Damm und vom Waldschwimmbad aus in gegenläufiger Richtung die Demonstranten über den Waldweg. Dann formierten sie sich zu einer Lichterkette rund um den See. Als Problem zeigte sich dabei die Kommunikation, da mangels Telefonverbindung niemand so genau wusste, was jetzt wann genau passieren sollte.
Gemeinsamer Applaus zum Abschluss
Doch der gemeinsame Applaus, der den Abschluss der Aktion bildete, funktionierte bestens. Und während sich die Demonstranten mit ihren Lichtern immer noch rund um den See tummelten, reihte sich auch der Vollmond, der über dem Damm aufging, in die Lichterkette der Demonstranten ein.