Bonn/Bad Godesberg – Seit elf Jahren wohnt die Familie in einem Mehrfamilienhaus in Bad Godesberg, das der Eisenbahn-Wohnungsbaugesellschaft Köln mbH (EWG) gehört. In den vergangenen Jahren wurde ihre Miete regelmäßig in kleinen Schritten erhöht: Im April 2018 jedoch flatterte ihnen eine ordentliche Mieterhöhung ins Haus. Die Kaltmiete sollte für die 102-Quadratmeter-Wohnung im Parterre von 725 Euro auf 830 Euro erhöht werden. 105 Euro mehr im Monat. Der Grund: Die Modernisierung der Heizungsanlage, die komplett von Öl- auf Gasbetrieb umgestellt wurde.
Die Eheleute jedoch wehrten sich gegen die Erhöhung und verklagten die EWG, die von der Vonovia Kundenservice vertreten wird, vor dem Amtsgericht. Mit guten Gründen: Denn die Ölheizung des Mehrparteienhauses war alt und marode, so ihr Einwand, und war in der Vergangenheit häufig ausgefallen. Die Umstellung auf eine Gasversorgung sei keine Modernisierung, so ihr Anwalt, sondern eine Instandhaltungsmaßnahme.
Instandhaltungskosten
Ein wichtiger Unterschied: Denn während eine vom Vermieter durchgeführte Modernisierung nach damaligem Rechtsstand auf die Mieter zu elf Prozent umgelegt werden kann, dürfen Instandhaltungskosten nicht auf Mieter abgewälzt werden, sondern müssen, so steht es im Gesetz, vom Vermieter alleine getragen werden.
In ihrem Mieterhöhungsanspruch hatte die Vonovia den Eheleuten vorgerechnet, dass auf ihre Wohnung 21 500 Euro „für Modernisierungsmaßnahmen“ entfallen, davon müssten sie eigentlich 197 Euro monatlich tragen, aber aus Kulanz würden nur 105 Euro geltend gemacht. Die Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen hingegen würden gerade mal 1285 Euro betragen, die vom Vermieter übernommen werden.
Amtsrichterin hat Eheleuten Recht gegeben
Vor allem aber, so der Anwalt der klagenden Eheleute, sei die Mieterhöhung aus einem ganz anderen Grund nicht in Ordnung: Die Vonovia habe ihre Berechnung – nur pauschal – auf Grundlage der Gesamtkosten erstellt, die Kosten wurden nicht im Detail aufgeschlüsselt. Damit könne der Kläger die Erhöhung der Miete nicht nachvollziehen. Aber diesen Anspruch hat er: „Eine überschlägige Überprüfung der Miete müsse möglich sein, ohne besondere Kenntnis auf dem Gebiet des Rechnungs-Prüfungswesens oder Einsicht in Belege.“
Amtsrichterin Gerlind Keller hat den Eheleuten Recht gegeben – und die Mieterhöhung der Wohnungsbaugesellschaft aus formalen Gründen für unwirksam erklärt: Die Aufstellung der Kosten sei undurchsichtig, heißt es im Urteil, unter anderem nicht nach Gewerken aufgegliedert. Entsprechend sei nicht erkennbar, was eine Modernisierung und was eine Instandsetzungsmaßnahme ist. Auch der Grund, warum die Heizung so oft ausgefallen ist, hätte konkret dargelegt werden müssen. Vor allem auch, ob ein Komplettaustausch wirklich erforderlich war.
Noch nicht rechtskräftig
Der Deutsche Mieterbund (DMB) Bonn, der die Familie unterstützt, hat das Urteil begrüßt. DMB-Geschäftsführer Peter Kox rät „allen Mietern, die sich mit Modernisierungsankündigungen konfrontiert sehen, diese zeitnah prüfen zu lassen, auch um eventuelle Schutzrechte geltend zu machen. Selbst wenn das Mieterhöhungsbegehren ins Haus flattert, sei noch nichts verloren. Die Mieterhöhung könne unter Vorbehalt gezahlt und gegebenenfalls zurückgefordert werden, sollte sich – wie im aktuell entschiedenen Fall – herausstellen, dass das Mieterhöhungsbegehren formell unwirksam war.“
Das Urteil des Bonner Amtsgerichts ist zwar noch nicht rechtskräftig, aber für den Mieterbund bereits „ein deutliches Signal in Richtung der Immobilienspekulanten“. (AZ: Amtsgericht Bonn 206 C 329/19)