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Beethovens BunteQueere Community in Bonn sucht Treffpunkt

Lesezeit 4 Minuten
Die Pink Poms, „Europas erster Männercheerleader Verein“, tanzen auf dem Münsterplatz.

Die Pink Poms, Europas erster Männercheerleader Verein, tanzen auf dem Münsterplatz.

Der Wunsch, sich ungestört versammeln und austauschen zu können, war ein Hauptanliegen der Besucher von „Beethovens Bunte“.

Der queeren Community fehlt in Bonn ein Treffpunkt. Seit der Schließung von „Bobas Bar“, der letzten schwul-lesbischen Kneipe in Bonn, gibt es in der Bundesstadt keinen zentralen Ort mehr für queere Menschen.

Am Samstag fand dann doch noch die Bonner Version des Christopher Street Days auf dem Münsterplatz statt. Das Fest stand lange auf der Kippe, weil der Veranstalter, der Verein „r(h)einqueer Bonn e.V.“ keinen kompletten und arbeitsfähigen Vorstand aufbieten konnte.

Mithilfe von Bündnis 90/Die Grünen konnte der Verein jedoch eine Veranstaltung zum Thema „queeres Leben in Bonn“ im Frauenmuseum auf die Beine stellen. Bei diesem Anlass fanden sich Freiwillige, die die Posten als Vorstandsmitglieder einnahmen. So konnte die Planung beginnen. Auch das Moderatorenduo aus den Vorjahren, Andreas Franke und Adelheid von Seidennaht, führte auf dem Bonner Münsterplatz durch ein regenbogenbuntes Bühnenprogramm mit Polittalk, Tanzvorstellungen und Comedy. Ergänzend waren um die Statue des namensgebenden Beethoven auch einige Stände aufgebaut, an denen sich Interessierte bei Beratungsstellen, Queer-Initiativen und politischen Parteien informieren und vernetzen konnten. Seit sechs Jahren findet der Christopher Street Day unter dem Namen Beethovens Bunte in der Bonner City statt.

Diskriminierung ist Alltag

Auch Diskriminierung ist für viele queere Menschen in Deutschland Alltag. Zu diesem Thema erzählt Jürgen Rohrbach, dass er selbst so gut wie keine schlechten Erfahrungen gemacht habe: „Ich bin durchschnittlich im Auftreten, falle nicht groß auf, von daher ist da auch das Aggressionspotenzial von außen gering.“

Doch von einem Fall lasse sich nicht auf die allgemeine Situation schließen und es „geht auch nicht darum, was uns selbst passiert, sondern, was wir von anderen mitbekommen“, wirft Rothe ein. Vor ein paar Tagen habe sich etwa ein lesbisches Paar bei ihnen gemeldet: „Die wurden in der Nachbarschaft angefeindet, weil sie einfach händchenhaltend durch die Nachbarschaft gelaufen sind, und dann mussten sie sich dumme Sprüche anhören“, sagt Rothe. Auch homophobe oder queerphobe Witze, die vermeintlich scherzhaft gemeint seien, sind Diskriminierung, ergänzt er.

Dass durch das persönliche Outing dabei schon in jungen Jahren ein erheblicher Leidensdruck entstehen kann, berichtet der Schüler Luca, der sich an einem Stand über queerphobe Stereotypen informiert: „Bei mir kam es zum Outen durch die Unsicherheit und die Angst, die ganze Zeit etwas verstecken zu müssen. Dann habe ich mich geoutet, was mit Diskriminierung beantwortet wurde – ganz stark in der Schule.“

Gerade deshalb sei es für den Vierzehnjährigen sehr wichtig, im Rahmen des CSD die Freiheit zu haben, „das zu tun, was ich möchte und so zu sein, wie ich bin.“ Auch Agathe Lukassek von r(h)einqueer hat sich in diesem Jahr geoutet, weil „irgendwann ein Ende kommt und ich mich nicht das ganze Leben über verstecken möchte“, sagt sie und Rohrbach ergänzt, dass Queer-sein in seiner Jugend sogar verboten war: „Das war immer noch ein Risiko – für die Älteren zumindest“, sagt er.

Unverständnis für Erzbistum

Die Entscheidung des Erzbistums Köln, einen Priester zu maßregeln, der bei einem Segnungsgottesdienst auch gleichgeschlechtliche Paare gesegnet hatte, stößt bei ihnen auf Unverständnis. „Ich habe das gelesen und fand es wirklich schlimm. Es gab diese Segnungsgottesdienste überall in Deutschland und nirgendwo wurde jemand gemaßregelt und jetzt passiert das hier in Köln, das ist mal wieder traurig“, sagt Lukassek.

Weil sie wüssten, dass es gerade im Rheinland sehr viele christlich geprägte Menschen und queere Christen gebe, hätten sie vor einigen Tagen auch einen ökumenischen Gottesdienst abgehalten, so Lukassek. „Was die Menschen einem im Gespräch gesagt haben, war total berührend. Man hat gesehen, wie verletzt viele sind von der katholischen Kirche, aber auch vom Christentum und wie gut es ihnen getan hat, ihren Glauben als queere Menschen feiern zu können ohne diese Diskriminierung“, sagt sie.

Eine ähnliche Meinung vertritt Cunterina Viola Otze-Voll, die mit der „Freien Tunten Partei“ einen Stand auf dem CSD hat. „Generell finde ich die Einstellung von Kirche, besonders der katholischen Kirche, schwierig, weil sich immer als liebende Gemeinschaft, die jeden aufnimmt, geriert wird und gleichzeitig bestimmte Gruppen ausgeschlossen werden.“ Diese Kritik beziehe sich aber in erster Sicht auf die Organisationsstrukturen, da es ganz häufig so sei, dass „in Gemeinden diese Dinge überhaupt kein Problem sind“, so Otze-Voll, die ihren Künstlernamen verwendet.