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Prüfkosten vervierfachtDarum werden Karnevalswagen richtig teuer

Lesezeit 4 Minuten
Karnevalswagen 2024 im Zug von Ollheim

Karnevalswagen 2024 im Zug von Ollheim

Brauchtumswagen müssen seit September auch zum Bremstest. Damit haben sich die Kosten einer technischen Abnahme vervierfacht. Wie Organisatoren aus dem Rhein-Sieg-Kreis merken, schreckt das ab.

Karnevalswagen brauchen schon in der kommenden Session eine Zusatzuntersuchung zum Nachweis funktionierender Bremsen. Wie Heinz Schneppen aus Oberdrees der Rundschau erklärte, vervierfachen sich mit der neuen Vorgabe der Landesregierung vom September die Zulassungsgebühren. „Voriges Jahr fielen für einen Wagen 75 Euro an. Doch die Gebühr für die übliche ‚Brauchtumsuntersuchung‘ hat sich gerade verdoppelt, macht also 150 Euro für dieselbe Leistung“, sagt der 78-Jährige, der seit vier Jahrzehnten den Karneval im Rheinbacher Umland mitgestaltet: „Und jetzt müssen die Wagen alle auch noch in Rheinbach zum Bremstest vorgeführt werden“, was weitere 150 Euro koste. Dass dann noch 30 Euro für eine Versicherung obendrauf kommen, die in einem Jahr auch noch teurer zu werden droht, fällt kaum noch ins Gewicht.

Zusätzliche Bastelarbeiten sind gerade notwendig, denn es werden keine Fahrzeuge mehr akzeptiert, die in der Mitte durchgeschnitten und verlängert worden sind. „Wir haben solche, die sind aber verstärkt worden“, erklärt Schneppen.

Zusatzkosten oft nicht mehr tragbar

Die Konsequenzen sind absehbar, auch wenn Schneppen mit seiner Erfahrung versucht, so viele Wagen wie möglich flott und ausreichend bescheinigt fertig zu bekommen. Jeden Freitag rollten derzeit sechs oder acht Wagen zum Bremsstand. Wieviele das insgesamt sind, mag er gar nicht sagen, denn die Wagen aus Oberdrees, wo der Zug am Karnevalssonntag geht, rollen auch in vielen anderen Kommunen mit, und der Verleih ist unter der Hand offenbar ein gutes Geschäft. Familien, Gruppen und ganze Straßengemeinschaften mischen da mit, und der ein oder andere hat schon signalisiert, dass diese Zusatzkosten nun nicht mehr tragbar sind.

Schneppen ist enttäuscht, zumal er „von TÜV-Prüfern“ im vorigen Jahr noch eine Übergangszeit in Aussicht gestellt bekommen habe, die nun aber durch die Vorgaben des Landes zunichtegemacht worden sei. Noch gibt der Organisator nicht auf, er hat sich an den Bund Deutscher Karneval, Politiker und andere Stellen gewandt, doch die hielten sich gerade bedeckt. „Vielleicht erreichen wir doch noch die Möglichkeit, die Prüfungen über Jahre zu strecken, so dass wir das hinbekommen können, aber es sieht gerade nicht danach aus.“

Zeit für Karnevalswagen drängt

Die Bürokratie wächst, jedes TÜV-Gutachten hat vier Seiten, wie Schneppen berichtet: „Da ist ein Prüfer dann je Wagen anderthalb Stunden mit beschäftigt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das denen Spaß macht.“

20.2.2023 Rosenmontagszug Heimerzheim

20.2.2023 Rosenmontagszug Heimerzheim

Also wird schon vorbereitet, was das Zeug hält. Die Zeit drängt, denn die Stadt Bonn, bei der zwei Wagen aus Oberdrees mitrollen sollen, habe die Abgabefrist für alle Papiere auf den 15. Dezember gesetzt. „Da müssen wir uns sputen!“ Und auch andere Kommunen wollen nun früher die Papiere sehen.

Bei der Karnevalsgesellschaft in Meckenheim läuft die Frist Ende Januar ab. Umfangreiche Vorgaben stehen in den Dateien, die sich Anmelder eines Wagens herunterladen müssen und nur noch digital ausfüllen dürfen. Handschriftliche Vermerke sind nicht zugelassen. Unter anderem müssen alle technischen Papiere vorgelegt oder in gut lesbarer Kopie abgegeben werden. Ein bloßes Handybild von Papieren lassen die Meckenheimer nicht gelten.

Stefan Gerhards vom Festausschuss Meckenheimer Karneval sammelt die Unterlagen alle und muss sie für den Fall einer Prüfung bereithalten. Die Karnevalisten haben die meisten Regeln in einen eigenen Anforderungskatalog umgemünzt. Darum sind in Meckenheim Autos, Traktoren, Lastwagen oder was sonst so mitrollen soll, auf 17,5 Meter Länge inklusive Zugmaschine beschränkt. Kein Fahrzeug darf breiter als 3,2 Meter sein oder mehr als 4,3 Meter über die Fahrbahn hoch hinausragen. Personen dürfen maximal zweieinhalb Meter über der Fahrbahn ihren Standplatz haben.

Der Anforderungskatalog an Dokumenten in Meckenheim: Zulassungsbescheinigung Teil I oder Kfz-Schein mit Vor- und Rückseite mit deutlich erkennbarem Stempel der technischen Untersuchung. Eine „Versicherungsbestätigung für Brauchtumsumzüge für motorgetriebene Fahrzeuge“ und eben das TÜV-Gutachten.

Karnevalswagen im Zug von Ollheim

Karnevalswagen im Zug von Ollheim

In Rheinbach, wo Jahr für Jahr der größte Karnevalsumzug der Region zu erleben ist, schaut Organisator Frank Gartzen vom Zugkomitee den Dingen noch relativ gelassen entgegen. Er verlässt sich auf die Kompetenz von Männern wie Heinz Schneppen, denn nahezu alle Wagen kommen in seinem Umzug aus den umliegenden Orten, also aus Oberdrees, Queckenberg oder von der Ahr. Gartzen: „Eigentlich haben wir nur einen eigenen, und das ist der vom NCR Blau Gold. “ Also, den vom Narrencorps.

Heinz Schneppen hält die Vorgabe aus der Politik für Aktionismus. „Sie argumentieren mit den Unfällen im vorigen Jahr. Die hatten aber mit der Verkehrssicherheit der Wagen gar nichts zu tun. Da waren Menschen betrunken, oder unerlaubt unterwegs von A nach B, was bei uns nicht zulässig ist.“ In Oberdrees darf bei den Fahrten in die Zugaufstellung niemand auf dem Wagen sein. Schneppen kann sich nur an einen Unfall erinnern: „Da ist einer betrunken vom Wagen gestürzt, aber das ist schon Jahrzehnte her.“