Dutzende Einsatzkräfte des Malteser Hilfsdiensts übten am Donnerstagabend, eine Vielzahl von Verletzten zu versorgen. Übungsobjekt war ein Zug.
Großübung in RheinbachDas war der Grund für das Blaulichtgewitter bei Oberdrees
Dutzende Blaulichter blitzen am Donnerstagabend nahe des Flamersheimer Weg bei Oberdrees. Das Szenario wirkt bedrohlich realistisch: Ein Zug ist vermeintlich mit einem Auto kollidiert – wer sich zufällig in die Einsatzstelle verirrt, mag das Geschehen zunächst für echt halten. Doch damit die zumeist ehrenamtlichen Retterinnen und Retter im Rhein-Sieg-Kreis auf Fälle wie diesen vorbereitet sind, müssen sie regelmäßig Übungen abhalten.
Unfall bei Oberdrees ist nur eine Übung
Der Flamersheimer Weg bietet den Planern des Malteser Hilfsdiensts ideale Bedingungen. Er ist nichts als ein asphaltierter Feldweg, der parallel zu einem Gleis verläuft, das zur Umladeanlage der Bundeswehr verläuft.
„Die Einsatzkräfte kennen nur die Zeit und den ungefähren Ort. Was sie erwarten würde, wussten sie nicht“, sagt Tim Stey, stellvertretender Wachleiter der Malteser in Rheinbach. Neben der Feuerwehr sind zahlreiche Kräfte aus Rheinbach, Meckenheim, Bonn und Sankt Augustin dabei. „Vor allem unsere Auszubildenden im zweiten Lehrjahr, die so eine große Übung noch nicht hatten“, sagt Spey.
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Ein Dieseltriebwagen der Deutschen Bahn war mit einem Auto kollidiert. Darin sitzen vier Menschen. Durch die starke Bremsung des Zugs wurden zahlreiche Passagierinnen und Passagiere umher geschleudert – auch sie sind zum Teil schwer verletzt, in Panik auf der falschen Seite aus dem Zug gesprungen. Die Leitstelle löst einen sogenannten „Massenanfall an Verletzten“ aus.
Helfer müssen sich erst einen Überblick verschaffen
Bei jedem Unfall mit Verletzten erfolgt zunächst eine Triage aller Betroffen. „Das bedeutet, dass jemand mit medizinischer Fachkenntnis von Person zu Person geht und entscheidet, wer zuerst behandelt werden muss“, erklärt Spey. Dazu bekämen diese Karten umgehängt. „Rot bedeutet, dass jemand ohne medizinische Behandlung bald sterben könnte, gelb heißt, dass jemand schwerer verletzt ist, aber noch warten kann und grün bedeutet leicht- bis unverletzt.“
Die Helferinnen und Helfer, die nach und nach an der Unfallstelle eintreffen, müssen sich erst einen Überblick verschaffen. „Es war am Anfang ein wenig chaotisch, weil die Fahrzeuge von allen Seiten angefahren kamen, auf dem Weg aber nur wenig Platz ist. Sie mussten sich erst sortieren“, sagt Spey. „Und dann mussten sie natürlich alle Verletzten erkennen. Wir haben die Übung bewusst am Abend stattfinden lassen, um auch die Gefahr der Unterkühlung mit drin zu haben.“
Bei nur zwei Grad Celsius machen sich die Feuerwehrleute zunächst daran, die vier Insassen des völlig demolierten Kleinwagens zu befreien. Die beiden Personen auf dem Rücksitz sind leblose Puppen. Sie werden alsbald wie Tote behandelt. Die Fahrerin und der Beifahrer jedoch sind ebenfalls Ehrenamtliche und stellen die Verletzten dar. Vorsichtig und ohne ihnen weitere Verletzungen zuzufügen, werden sie aus dem Wrack geschnitten. Beobachterinnen und Beobachter in grünen Westen schauen den Einsatzkräften über die Schulter.
Rettungsarbeiten vor, am und im Zug
Währenddessen laufen auch die Rettungsarbeiten am und im Zug. Zwei Fahrgäste sind durch eine offene Tür aus rund anderthalb Metern Höhe auf den Bahndamm gefallen. Sie werden erstversorgt und einige Zeit später quer durch den Zug gehievt, um auf die andere Seite gebracht zu werden. Im Zug sitzen und liegen Verletzte am Boden. Grün kategorisierte Personen warten auf ihre Behandlung, gelb beurteilte Verletzte sind mit Rettungsdecken abgedeckt.
Die Helferinnen und Helfer sprechen mit ihnen, als seien sie wirklich verletzt und schneiden ihre Kleidung auf, um sie untersuchen zu können. Auch sie werden mit vereinten Kräften aus dem Zug zur Trage des Rettungsdienstes gebracht. Die Feuerwehr hat inzwischen ein Podest vor einer Tür errichtet, das das Tragen erleichtern soll.
Nach rund anderthalb Stunden sind alle Verletzten versorgt. Die Übungsleitung versammelt alle Teilnehmenden vor dem Zug und erklärt, was sie hätten verbessern können. Den Notausknopf, der sich vorne am Zug befindet und das gesamte Gefährt ausschaltet, kannte niemand.
„Die Übung war sehr aufwendig: Die Bundeswehr musste das Gleis freigeben, die Bahn einen Zug bereitstellen, außerdem kamen Notfallmanager der Bahn aus Fulda her, um das Ganze auch mal zu proben“, sagt Spey. „Für unsere Einsatzkräfte ist diese Übung eine gute Vorbereitung auf den Ernstfall, der hoffentlich nie eintritt.“