Ein Angeklagter mit „Korsakow-Syndrom“ wird in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, obwohl er beim Prozess nicht anwesend war.
Nach Angriff auf BeamteUngewöhnlicher Prozess am Bonner Landgericht läuft ohne Angeklagten
„Ein außergewöhnliches Verfahren geht heute zu Ende“, sagte Claudia Gelber. Die Vorsitzende Richterin der 3. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht hatte soeben die dauerhafte Unterbringung eines 41-jährigen Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Die größte Besonderheit des Prozesses war, dass er komplett ohne die Anwesenheit des Beschuldigten über die Bühne gegangen war. „Es handelt sich bei dem Beschuldigten um einen völlig randständigen Menschen“, so Gelber.
Der 41-Jährige befinde sich in komplettem körperlichem und geistigem Verfall. Dazu komme es immer wieder zu Aggressionsdurchbrüchen, die nur schwer vorhersehbar seien. Daher sei es auch eine Frage der Sicherheit gewesen, das Verfahren in Abwesenheit des Beschuldigten durchzuführen.
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Angeklagte hatte mehrere Justizbeamte angegriffen
Vor Jahresfrist hatte er als Angeklagter in einem anderen Verfahren in Bonn mehrere Justizbedienstete angegriffen. Zwar soll der Mann bereits als Kind in psychiatrischer Behandlung gewesen sein. Der schlechte Zustand des Beschuldigten resultiert aber zum größten Teil aus dauerhaftem Alkoholmissbrauch: Heute leidet der Mann an dem sogenannten „Korsakow-Syndrom“ dessen Hauptsymptom eine Form der Gedächtnisstörung ist.
Zum Start des Verfahrens war der Beschuldigte von einem beauftragten Richter in der LVR-Klinik Essen vernommen worden, in der der Mann im vergangenen Herbst vorläufig untergebracht worden war. Allzu ergiebig war das Ergebnis des Gesprächs allerdings aufgrund des Zustands des Patienten nicht.
41-Jähriger hat 27 Einträge im Bundeszentralregister
Immer wieder war der Mann mit dem Gesetz in Konflikt geraten; stolze 27 Einträge hat er im Bundeszentralregister angesammelt. Seit rund zehn Jahren lebte der Mann ohne festen Wohnsitz in Köln. Jedenfalls in der Zeit, in der er nicht gerade eine Haftstrafe zu verbüßen hatte.
Das aktuelle Verfahren resultierte nun im Wesentlichen aus zwei Taten: Am 22. April vergangenen Jahres sollte sich der damals 40-Jährige wie erwähnt wieder einmal vor dem Bonner Amtsgericht verantworten: Kurz nachdem ein Justizwachtmeister seine Handschellen geöffnet hatte, bespuckte er den Beamten und attackierte ihn mit einem Schlag ins Gesicht.
Der Wachtmeister erlitt einen Nasenbeinbruch sowie eine Prellung im Auge und ist seither dienstunfähig. Bereits am 30. September 2021 war der nun Verurteilte als Häftling in der Justizvollzugsanstalt Rheinbach auffällig geworden. Damals hatte er einem Vollzugsbeamten bei der Frühstücksausgabe gedroht, er werde jeden Beamten „abstechen“, der seine Zelle betrete. Dazu kam es aber nicht.