Die Hochschul- und Kreisbibliothek am Campus in Rheinbach ist wieder offen. Erst blockte Corona das gemeinsame Arbeiten, dann die Flut. Nun ist sie saniert und Medienspeicher und Aufnahmestudio zugleich.
Am Campus in RheinbachNeue Bibliothek ist Aufnahmestudio und Medienspeicher zugleich
Draußen stehen zwar noch Bauzäune und der Aufzug ist weiter außer Betrieb, doch den schmalen Treppenaufgang zum ersten Stock zieren in dieser Woche weiß-blaue Luftballons. Der Schmuck kündet von einem besonderen Ereignis: Mit vielen Gästen wurde im Gebäude „C“ die offizielle Wiedereröffnung der neu eingerichteten Hochschul- und Kreisbibliothek am Rheinbacher Campus gefeiert.
Vertreter aus Politik und Gesellschaft freuten sich mit Lehrenden, Lernenden und Belegschaft, dass die Bauten mit neuem Mobiliar und moderner technischer Ausstattung wieder zur Verfügung stehen, nachdem sie vier Jahre lang infolge von Corona und Flutschäden geschlossen waren. Das Bücherschleppen zu den angemieteten Räumen an der Egermannstraße fällt nun weg, sehr zur Erleichterung der Mitarbeiter.
„1200 Quadratmeter bieten nun einen Ort, an dem wir warm und trocken sitzen können, lesen, miteinander arbeiten, diskutieren und lachen können; es ist ein Ort, an dem wir uns treffen, Videos aufnehmen und ungestört telefonieren können“, summierte Kanzlerin Angela Fischer die Vorzüge der wiedereröffneten Bibliothek, in der flexible Sitzgelegenheiten, PC-Arbeitsplätze und sogenannte „Chatboxen“ für Telefonate und Videokonferenzen zur Verfügung stehen. Zusammen mit der Cafeteria im Erdgeschoss sei eine Aufenthaltsqualität geschaffen worden, die den Beschäftigten und Studierenden lange gefehlt habe, stellte die Kanzlerin fest.
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Gratulationen zur Wiedereröffnung überbrachte auch Meckenheims Erster Beigeordneter Hans Dieter Wirtz: „Ich bin froh, dass wir in der Nachbarkommune eine Bibliothek in Kooperation mit dem Rhein-Sieg-Kreis haben.“ Die hellen und offenen Räume werden bereits seit Januar genutzt und treffen auf große Zustimmung, wie sich herausstellte.
Voll automatisches Filmstudio zur Lehrfilmproduktion
Konzentriertes Arbeiten ist etwa für Ida Kemmer und ihre Kommilitonen an den abgeteilten Lernnischen des Gruppenarbeitsraumes möglich, in dem es „superstill“ ist, wie die Magisterstudentin der Materialwissenschaften sagte: „Es ist angenehm, hier zu lernen.“ Geschätzt wird ebenso der Austausch in den Gemeinschaftsräumen. Am Tag der Wiedereröffnung wurde eine neues „One-Button-Recording-Studio“ in Betrieb genommen. In dem voll automatisierten Filmstudio können kurze Lehrvideos, Interviews oder auch Probevorträge selbständig aufgenommen werden, ohne dass dazu besondere technische Kenntnisse notwendig wären.
Landrat Sebastian Schuster hob die große Bedeutung einer modernen und zeitgemäßen Ausrichtung hervor. Das Angebot kleinerer kommunaler Bibliotheken werde ergänzt und fehlende eigenen Literatur könne ausgeliehen werden. Aus diesem Grunde sei die Bibliothek ein Mehrwert für alle Bürger, da sie sich mit einem breiten Angebotsspektrum nicht nur an Studierende, sondern an die gesamte Öffentlichkeit richte: „Sie ist nicht nur Hochschulbibliothek, sondern auch Kreisbibliothek.“ Der Kreis beteilige sich an den Personal- und Sachkosten beider Bibliotheksstandorte: Sowohl an der vor einem Jahr wiedereröffneten Hochschulbibliothek in St. Augustin als auch an der Bibliothek in Rheinbach. „Das ist gut investiertes Geld in Bildung!“
Bürgermeister Ludger Banken wies in diesem Zusammenhang auf die nicht geringe Kreisumlage hin, die die Stadt zahle, damit dieser seine Aufgaben erfüllen könne. Der Erste Bürger von Rheinbach freute sich laut eigener Aussage, zum ersten Mal die Bibliothek sehen zu dürfen: „Das ist mir wichtig.“
Präsident Hartmut Ihne: „Wir sind froh darüber, dass die Bibliothek als gemeinsames Projekt mit dem Rhein-Sieg-Kreis betrieben wird.“ Diese Verflechtung bestehe schon seit 1998, erläuterte Schuster, eine Ergänzungsvereinbarung zum Kooperationsvertrag wurde 2011 abgeschlossen und immer wieder verlängert.
Bibliotheksleiter Dr. Armin Ehrhardt erinnerte an die zurückliegenden schwierigen Zeiten, in denen es eine Gemeinschaftsaufgabe gewesen sei, die Bibliothek am Laufen zu halten. Wegen der Pandemie habe die Hochschule im März 2020 „von jetzt auf gleich“ schließen und auf „Online-Lehre“ umstellen müssen. Bücher seien zunächst kostenpflichtig auf Bestellung verschickt, später dann zur Abholung bereitgestellt worden.
Soziale Kontakte außerhalb von Familie und Beruf
Ihne dankte den Mitarbeitern, die dafür gesorgt hätten, „dass der Zugang zur Literatur nie versiegt ist“. Neue E-Bücher seien angeschafft worden. „Dann kam die Flut und der Haupteingang war geschlossen, deswegen konnten wir so lange nicht rein“, so Ehrhardt. Strom habe es damals nicht gegeben, denn Keller und Untergeschoss waren geflutet worden. Eine Notheizung habe verhindert, dass der Bestand schimmelte. Nach der Umgestaltung präsentiere sich die Bibliothek nun „noch viel schöner als vorher schon“, stellte der Bibliothekschef fest. Das lichtdurchflutete Literaturkabinett mit der gemütlichen Sitzecke könnte sogar zu seinem Lieblingsplätzchen werden, sagte Ehrhardt der Rundschau.
Die Bibliothek wurde ebenso wie die in St. Augustin nach dem Konzept des „Dritten Ortes“ neu konzipiert, also als Ergänzung zu sozialen Kontakten zu Hause und bei der Arbeit. „Geschaffen werden sollte ein Kultur- und ein Lernort für Veranstaltungen, Ausstellungen und Begegnungen“, sagte Ehrhardt. Mit einem solchen Ort der Gemeinschaft habe man eine Ergänzung zu Familie und Beruf schaffen wollen. Ganz wunderbar wäre es ebenfalls, wenn die Räume sich auch zu einem Treffpunkt für nachbarliche Gemeinschaft entwickeln würden. Zu diesem Zwecke sollen in Zukunft unter anderem Lesekreise abgehalten werden. Ermöglicht worden sei die Anschaffung des neuen Mobiliars, eines Videokonferenzsystems und einer Mooswand – die Gesamtkosten dafür betrugen etwa 100 000 Euro – durch die Partizipation am Hochschulentwicklungsplan 3.
Die Mensa soll im nächsten Jahr wieder ihren Betrieb aufnehmen, auch die Hörsäle im Erdgeschoss müssen noch instandgesetzt werden. Kanzlerin Angela Fischer führte die enormen Ausmaße der Zerstörung durch das Hochwasser vor Augen, die „erschütternd und deprimierend“ für alle gewesen seien: „Wir sprechen hier von 14 600 Quadratmetern Lehre, Forschung, Verwaltung, Bibliothek und Mensa.“ Die Flutschäden betreffen den gesamten Campus Rheinbach, also sowohl die sechs hochschuleigenen als auch die angemieteten Gebäude. Aktuelle Schadensschätzung: mehr als 62 Millionen Euro. Bis jetzt sei es gelungen, „ein Drittel der Flächen zurückzuerobern“, so Fischer. Dieser Weg sei nicht einfach gewesen und habe allen Beteiligten viel Kraft abverlangt: „Die Planungen für die verbleibenden zwei Drittel stehen und in den kommenden zwei Jahren streben wir an, unseren Campus wieder vollständig aufzubauen – und zwar besser und schöner und nachhaltiger als zuvor.“