Im Fall um die Schüsse auf ein Kind in Königswinter stand jetzt auch die Mutter vor Gericht. Sie war wegen einer Falschaussage angeklagt.
UrteilMutter nach Schüssen auf Elfjährigen in Königswinter wegen Falschaussage verurteilt
Der Fall um die Schüsse auf einen Elfjährigen in Bockeroth zieht juristisch weitere Kreise. Sein Stiefvater war von einer Jugendschutzkammer des Bonner Landgerichts für schuldig befunden worden, auf das Kind geschossen zu haben und wegen gefährlicher Körperverletzung und Misshandlung eines Schutzbefohlenen zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Am Dienstag stand die Mutter (35) des Kindes vor dem Amtsgericht; sie war wegen uneidlicher Falschaussage im damaligen Verfahren angeklagt worden und kassierte nach stundenlanger Verhandlung eine Geldstrafe von 1350 Euro.
Der Fall sorgte im April 2021 für Entsetzen: Das Kind, das unter einer schweren Entwicklungsstörung leidet, war von drei Projektilen eines Luftgewehrs getroffen und schwer verletzt worden. Der Stiefvater, seit 2018 mit der leiblichen Mutter des Jungen verheiratet, bestritt in der Hauptverhandlung die Vorwürfe. Seine Frau setzte sich vehement für ihren Mann ein; intervenierte wiederholt bei Polizei und Staatsanwaltschaft und soll ihnen unterstellt haben, „was Sie ermitteln, ist Mist“.
Schüsse in Königswinter: Staatsanwalt forderte Haftstrafe
Am 25. Januar 2022 wurde sie von der Strafkammer gehört. Als die Richter ihr damals vorhielten, ihre Zeugenaussage weiche zum Teil von ihrer protokollierten Aussage bei der Kripo ab, sagte sie, sie habe im Vernehmungsprotokoll „Streichungen“ vorgenommen oder vornehmen lassen. Es ging unter anderem darum, wer das Kind nach dessen Zusammenbruch ins Bett getragen und den Rettungswagen gerufen hatte.
Alles zum Thema Bundesgerichtshof
- Wenn Adoptierte ihre Wurzeln suchen Adoptiveltern und Samenspender-Eltern sollten frühzeitig über Herkunft aufklären
- Leitentscheidungsverfahren in Karlsruhe BGH stärkt Opfer von Datendiebstahl bei Facebook
- Prozess Bonner Richter mildern Urteil gegen Kleindealer aus Neunkirchen-Seelscheid ab
- Frankfurt US-Bürger wegen Spionageangebots an China festgenommen
- Gruppe um Lina E. Mutmaßlicher Linksextremist und Kampftrainer in Berlin festgenommen
- Schüsse auf Stiefsohn Bundesgerichtshof bestätigt Urteil gegen Mann aus Königswinter
- Festnahme in Leipzig Chinesin soll an Flughafen deutsche Rüstungsindustrie ausspioniert haben
Der Staatsanwalt hielt ihr vor, zugunsten ihres Mannes gelogen zu haben, leitete Ermittlungen wegen Falschaussage ein und erwirkte per Strafbefehl vier Monate Haft gegen sie. Dagegen legte die 35-Jährige Beschwerde ein, die gestern verhandelt wurde.
Richterin ließ die komplette Landgerichtskammer vorladen
Auf Antrag ihres Verteidigers ließ die Richterin die komplette Landgerichtskammer, den damaligen Staatsanwalt und zwei Polizisten vorladen. Es zeigte sich, dass bei Richtern auf dem Zeugenstuhl das Erinnerungsvermögen genauso lückenhaft ist wie bei „normalen“ Zeugen. Aber fast alle wussten noch, dass die Mutter von „Streichungen“ gesprochen hatte.
Die Richterin nahm die entsprechende Akte in Augenschein. Die Angeklagte hatte jedes Blatt mit ihrer Paraphe versehen und die letzte Seite als richtig unterschrieben. Für die Vorsitzende war klar, dass nichts gestrichen worden war. Die Falschaussage habe jedoch kaum Auswirkungen auf das Urteil gegen ihren Mann gehabt. Das ist, wie berichtet, vom Bundesgerichtshof teilweise aufgehoben worden. Im November wird neu verhandelt.