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Ville oder Tal?Windrad-Thema in Bornheim hat Spaltpotenzial

Lesezeit 5 Minuten

Bornheim – Die Frage hat Spaltpotenzial wie dereinst die Entscheidung über die zukünftige Wasserversorgung der Stadt. Windkraftanlagen – ja oder nein? Wenn ja, wohin im Bornheimer Stadtgebiet? Weil die bestehende Konzentrationszone für Windräder rechtlich auf wackeligen Füßen steht, muss baldmöglichst eine Lösung gefunden werden, das Verfahren ist angelaufen.

Jetzt hat die CDU eine parteiübergreifende Informationsveranstaltung organisiert, „um das Thema von allen Seiten zu beleuchten“, wie Fraktionschef Lutz Wehrend gegenüber der Rundschau erklärt. Alle sollten „so viel Information wie möglich aufsaugen“. Auch mit dabei: Vertreter des Landschafts-Schutzvereins Vorgebirge und Klaus Wildrath, der Geschäftsführer des Windkraftanlagenbetreibers REA aus Düren. Die Firma hat sich bereits Flächen in der Rheinebene sowie eine Fläche auf dem Vorgebirgsrücken vertraglich gesichert.

Gleich als bekannt wurde, dass die 60 Hektar große Konzentrationszone bei Sechtem „wackelt“, fühlten Energiefirmen wie die Stadtwerke Aachen (Stawag), der Energieversorger Innogy Essen (RWE) und die Bürgerenergiegenossenschaft REA Düren bei Grundstücksbesitzern vor, ob sie Areale verkaufen würden. Um zu verhindern, dass die Stadt „verspargelt“, dass also auf mehreren potenziell wirtschaftlichen Flächen Windräder entstehen, hat die Stadt eine Potenzialanalyse in Auftrag gegeben, die wiederum als Grundlage für den Teilflächennutzungsplan Windenergie dient, für den der Flächennutzungsplan geändert werden soll. Denn der Flächennutzungsplan muss der rechtlichen Vorgabe genügen, „dass der Windenergienutzung innerhalb des Stadtgebietes substanziell Raum gegeben wird“.

Zone ausweisen

Um eine ungeordnete Streuung der Windenergieanlagen, kurz WEA, zu verhindern, können Städte und Gemeinden im Flächennutzungsplan sogenannte Konzentrationszonen ausweisen. Mit deren Hilfe lässt sich die Ansiedlung von WEA steuern. Konzentrationszonen sind Bereiche, in denen Windenergieanlagen bauplanungsrechtlich grundsätzlich zulässig sind und sich in der Regel gegenüber anderen planerischen Belangen durchsetzen. Nach der Rechtsprechung muss dabei der Windenergienutzung in ausreichender Weise Raum verschafft werden.

Der derzeit rechtsgültige Flächennutzungsplan der Stadt Bornheim von 2011 weist südöstlich von Sechtem zwei Konzentrationszonen für Windenergieanlagen mit einer Höhenbegrenzung von 150 Metern aus. In einem Rechtsgutachten vom Juni 2019 ist festgestellt worden, dass das Ausweisungsverfahren von 2011 den heutigen Rechtsansprüchen möglicherweise nicht mehr genügt. Das bisherige Prüfverfahren reicht also nicht aus, um der Windenergie „substanziell Raum zu verschaffen“. (EB/jr)

Mehr als ein Jahr später lag diese Expertise vor: 21 sogenannte Potenzialflächen haben die Gutachter von ISU Immissionsschutz, Städtebau, Umweltplanung aus Bitburg im Stadtgebiet ausgemacht und vier davon mit gut bis sehr gut benotet. Ein Dutzend Flächen liegen in der Rheinebene zwischen Sechtem und Bornheim, neun auf dem Ville-Rücken.

Nach eigenen Angaben in ihrer Präsentation hat die REA bereits Nutzungsverträge abgeschlossen mit 132 Grundstückseigentümern und sich 342 Flurstücke ( 271 Hektar Land) gesichert. Zulässig wären demnach Bauhöhen in der Rheinebene von 235 bis 253 Metern – zum Vergleich, der Kölner Dom ist 157 Meter hoch, der Bonner Post Tower 162 Meter. Die Höhe entspräche der von Offshore-Anlagen vor der englischen Küste.

Was das Drehfunkfeuer des Flughafens Köln/Bonn angehe, habe sich laut Klaus Wildrath die rechtliche Vorgabe geändert. Seit Sommer gelte eine Mindestabstandsregel von zehn statt bisher 15 Kilometern. „Drehfunkfeuer ist kein Hindernis“, heißt es bei der REA, ein Landschaftsschutzgebiet übrigens grundsätzlich auch nicht.

Für den Villerücken spreche, dass „keine Einschränkungen durch Artenschutz zu erwarten“ seien, dass Bauhöhe und Drehfunkfeuer keine Hindernisse seien, dass mehr als drei Kilometer Entfernung zum Erholungsgebiet „Obstblütenlandschaft“bestehen, es gute Windverhältnisse und große Freiflächen gebe. Die gebe s auch in der Rheinebene, die zudem vorbelastet sei „durch vorhandene Infrastrukturtrassen“. Laut REA sollten die „Potenzialflächen der Rheinebene als ein zusammenhängendes Gebiet betrachtet werden“.

Also Ville oder Tal? „Das Thema spaltet“, weiß Lutz Wehrend, „das wird noch eine spannende Sache. 22 Anlagen könne man insgesamt bauen, habe die REA ausgeführt. Und die Dürener legen auch noch eine Rechnung vor, die den Bornheimer Kämmerer erfreuen würde. Bei 22 Anlagen läge die Wertschöpfung für die Stadt Bornheim bei 880 000 Euro pro Jahr, das mache über 20 Jahre gerechnet mehr als 17 Millionen Euro. Mit den mehr als 250 Millionen Kilowattstunden pro Jahr ließen sich 35 000 Personen versorgen (bei einem Verbrauch von 7200 Kilowattstunden pro Kopf). Bürgerwindräder sind bei der REA auch eine Option.

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Die CDU überlege, auch noch andere Energiefirmen einzuladen. Zurzeit seien drei Unternehmen interessiert, sagt Wehrend. Unterm Strich sei aber klar: „Wenn wir den Energiewechsel wollen, dann können wir uns in Bornheim nicht ausschließen“, so Wehrend. Jetzt wolle die Politik die genannten Fakten genau überprüfen. Informationen im Zuge der Bürgerbeteiligung will die Stadt Bornheim am Montag, 20. September, in der Herseler Rheinhalle geben.

Unterdessen hat ein Anonymus via change.org eine Online-Petition mit dem Titel „Windkraft in Bornheim: Standort Ville statt Rheinebene!“ gestartet. Stand gestern haben 250 Unterstützer unterschrieben.

O-Ton: „Man kann sich nur wundern, wenn angebliche Interessenvertreter der Bürger Bornheims ernsthaft die Aufstellung von 6 Windrädern mit jeweils 246 Höhe mitten zwischen allen Bornheimer Stadtteilen in der Rheinebene mit einem Abstand von nur 1000 Metern zur Wohnbebauung vorschlagen. Windrad hört sich niedlich an, de facto handelt es sich um industrielle Großanlagen, die zu einem Windpark zusammengeschlossen werden sollen. Der Kölner Dom ist 157 Meter hoch, der Eiffelturm 300 Meter. Wenn sechs rotierende Eiffeltürme zwischen Bornheim Ort und Sechtem aufgestellt würden, hätten alle Bornheimer Stadtteile von den Rheinorten bis zum Vorgebirge darunter zu leiden.“