Ganz gemütlich sitzt es sich auf der mit grünem Kunstleder bezogenen Bank im Obergeschoss des ehemaligen Güterschuppens am Sechtemer Bahnhof. Vis-á-vis eine baugleiche Bank mit ihren obligatorischen Kopfstützen aus den 70er Jahren, und dazwischen, hinter einem alten Waggonfenster, ein Panorama mit einer Dampflok in der Vorbeifahrt. Ach, was könnten diese Sessel erzählen ... Wieviele Reisende mögen schon auf ihnen gesessen haben, als sie noch in irgendeinem Waggon der Deutschen Bahn durch die Republik rollten? Nun, festgeschraubt im alten Bahngebäude, sind sie der ideale Ort, um über die Geschichte des Eisenbahn-Amateurclubs Bonn/Sechtem (EBAC) zu plaudern, der in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen feiert.

Seit 2009 nutzt der EBAC die Räume am Bahnhof Sechtem. Das Jubiläum wird jedoch mit einer Sonderausstellung im Bornheimer Rathaus gefeiert und einer großen Jubiläums-Modellbahnbörse in der Turnhalle des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums. Die Schirmherrschaft für die Jubiläumsveranstaltungen hat Bornheims Ortsvorsteher Dominik Pinsdorf übernommen, was sich auch anbietet: Der 30-Jährige ist selbst Eisenbahner.

Alles begann in den 1940er Jahren: Am 1. April 1948 wurden die ersten Mitgliedsausweise des neu gegründeten „Eisenbahn-Amateur-Club Bonn“ ausgegeben. Der Zusatz Sechtem kam erst mit dem Umzug in das Clubheim am Sechtemer Bahnhof hinzu. Damit gilt der Verein der Hobbyeisenbahner als ältester seiner Art im Rheinland. Noch im selben Jahr, am 1. August, fand unter dem Gründungsvorsitzenden Heinz Bingel die erste Ausstellung statt und zwar in den Räumen des Spielwarenladens „Puppenkönig“ in der Gangolfstraße in Bonn. Die Ausstellung war damals einen Monat lang zu bestaunen.

Das erste Clubhaus, 1951 angemietet, befand sich an der Westseite des Bonner Hauptbahnhofes in der Colmantstraße im Keller des Bunkers. Mehrfach mussten die Eisenbahnliebhaber ihr Vereinsheim in den vergangenen Jahrzehnten wechseln und umziehen, bis sie schließlich den alten Güterschuppen entdeckten. Der war 1849 gleich neben dem Sechtemer Bahnhof erbaut worden, sodass er heute an den Gewerbepark grenzt: „Er war in einem beklagenswerten Zustand, stand aber zum Verkauf“, ist in der Vereinschronik zulesen.

In seiner mehrbändigen Dorfchronik hat der Sechtemer Ortshistoriker Heinz Vorzepf die Geschichte des Bauwerks genauer beschrieben. Bei dem Gebäude handelt es sich um das einzige noch übrig gebliebene Hochgebäude aus der Gründerzeit der Köln-Bonner Eisenbahngesellschaft (KBE) und steht seit 2008 unter Denkmalschutz. Noch bis in die 1960er Jahre wurde der Schuppen für den Güterumschlag genutzt, später diente er einer Landhandelsfirma als Lager, dann gelangte das Gebäude in den Besitz der Stadt Bornheim, die den Schuppen beim Kauf eines Grundstücksstreifens für den späteren Bau der Park-and-Ride-Anlage mit erwarb.

Das Rheinische Amt für Denkmalschutz des Landschaftsverbands Rheinland verhinderte den Abriss, und 2002 kaufte der EBAC das Gebäude von der Stadt für 13.500 Euro, um es aufwendig in Eigenleistung zu restaurieren und zum Clubheim umzubauen. Wirtschaftlicher wäre sicherlich der Neubau eines Vereinsheimes gewesen. Doch die Idee, ein historisches Eisenbahngebäude beziehen zu können, trieb die Mitglieder an.

Sieben Jahre lang dauerten die mühevolle Sanierung, teilweise mussten Mauern abgetragen und neu errichtet werden. Auch das Dach wurde komplett entfernt und neu gedeckt. Doch die Arbeit und die Kosten haben sich gelohnt. Das Clubleben mit den Modellanlagen und zahlreichen historischen Exponaten findet seitdem auf zwei Etagen statt.

„Momentan arbeiten wir an zwei Anlagen in den Spurweiten H0 und N“, schilderte der langjährige Vorsitzende Werner Radwansky. Die Anlagen stehen im Erdgeschoss, im oberen Teil des Güterschuppens finden sich zahlreiche historische Exponate und so manches Schätzchen aus der „Bonner Republik“. Neben den grünen Sitzbänken auch Reisekoffer, Gleisnägel, Gaslaternen, nostalgische Uniformen und Regale voller Bücher und VHS-Kassetten mit historischen Aufnahmen.

Der Verein erfreut sich größter Beliebtheit über das Vorgebirge hinaus. Knapp 30 aktive Mitglieder gehören dem EBAC an, Jugendliche sind ebenso dabei wie Senioren. Alljährlich steht der alte Güterschuppen zum Tag des offenen Denkmals zur Besichtigung offen. Im Frühjahr und im Herbst lädt der Verein zudem jeweils zu einer Modellbahnbörse ein, im Herbst zusätzlich mit Ausstellern und deren Anlagen. Bis zu 750 Besucher aus nah und fern zieht es dann nach Bornheim, um zu fachsimpeln oder Zubehör für die heimische Anlage zu erwerben.

Ausstellung und Clubheim

Am Freitag, 3. November, eröffnen Bornheims Bürgermeister Christoph Becker und Schirmherr Dominik Pinsdorf in der Bürgerhalle des Rathauses, Rathausstraße 2, die EBAC-Jubiläumsausstellung, in der einige historische Exponate gezeigt werden. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 13. November.

Am Wochenende 11. und 12. November wird das 75-Jährige mit einer großen Jubiläumsausstellung mit Modellbahnbörse in der Turnhalle des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums, Adenauerallee 50, 53332 Bornheim, jeweils von 10 bis 17 Uhr stattfinden. Eintritt: Erwachsene 4,50 Euro. Kinder unter 14 Jahren frei. Das Clubheim befindet sich an der Keldenicher Straße 1b, 53332 Bornheim Sechtem. Kontakt per E-Mail: ebay.radwansky@gmx.de. Jeden Freitag ab 16 Uhr beginnt das Clubtreffen.