Zwischen der Stadt Bornheim und Unternehmen hat sich ein Schlagabtausch über die prekäre Lkw-Parksituation im Roisdorfer Gewerbegebiet entwickelt.
Parkchaos in Bornheim-RoisdorfStreit um illegal abgestellte Lastwagen weitet sich aus
Wie kann die Lage illegal parkender Lkw im Gewerbegebiet Bornheim-Süd in der Johann-Philipp-Reis-Straße und im Rosental hinter dem Bahnhof Roisdorf entschärft werden? Darüber entbrannte eine emotionale Diskussion in der jüngsten Sitzung des Bürgerausschusses, angeregt durch einen Bürgerantrag des Roisdorfer Gewerbevereins.
Deren Vorsitzender, Harald Stadler, warf der Verwaltung und der Polizei vor, vor der Situation zu „kapitulieren“. Bürgermeister Christoph Becker (parteilos) sprach wiederum im Ausschuss vom „Verursacherprinzip“ und forderte die Firmen Edeka und Landgard auf, sich um eine Lösung zu kümmern. Becker kritisierte aber auch die Politiker, die es in der Vergangenheit versäumt habe, ausreichend Stellflächen mitzubeschließen.
Landgard vermisst Dialogbereitschaft
Stefan Rütten, Geschäftsführer der Firma „Landgard West Obst & Gemüse GmbH“, weist die Vorwürfe von Seiten Beckers und des Gewerbevereins auf Anfrage dieser Zeitung mit klaren Worten zurück: „Wir teilen die Ansicht uneingeschränkt, dass sie für alle Beteiligten sicherlich nicht einfach ist. Wovon wir uns aber deutlich distanzieren, ist die Schuldzuweisung an Landgard. Wir stehen seit Wochen und Monaten im Dialog mit den verschiedenen Ansprechpartnern und haben Lösungsmöglichkeiten skizziert. Leider scheint die Dialogbereitschaft der anderen Gesprächspartner aber sehr begrenzt zu sein.“
Konkret bietet Landgard auf dem Firmengelände 18 kostenfreie Stellplätze an, die Lieferanten nutzen können, um ihre Stand- und Ruhezeiten einzuhalten, wie Rütting mit seiner Team-Assistentin Vivian Huthwenkel der Rundschau zeigte. Auch Dixiklos sind dort aufgestellt. Zudem können die Fahrer sanitäre Anlagen und Aufenthaltsräume im Firmengebäude benutzen. Zudem würde das Unternehmen in Roisdorf fast ausschließlich von regionalen Erzeugern, teilweise sogar mit Traktoren, beliefert: „Die benötigen bei uns weder Parkplätze noch Übernachtungsmöglichkeiten.“ Außerdem stellt Landgard weitere Stellflächen für Lkw zur Verfügung, die von anderen Unternehmen gemietet werden. Von dem Angebot macht auch die benachbarte Spedition Vendel Gebrauch.
Beim Vor-Ort-Termin reihten sich mehrere Lkw wie eine Perlenkette an der Schnur entlang der Raiffeisenstraße. Dort befinden sich die Firmen Landgard und die zur Edeka gehörende „Fruchtkontor Logistik GmbH“. Gegenverkehr muss auf den Gehweg ausweichen. Die Situation wollte Landgard dadurch entschärfen, indem das Unternehmen auf eigene Kosten Betonklötze in Form von Legosteinen so platziert, dass noch Autofahrer ausweichen, Lkw-Fahrer dort aber nicht mehr parken könnten. Auf eine Antwort von Seiten der Stadt warte die Geschäftsführung bis heute.
Auch im Bereich Rosental wollte Landgard etwas gegen illegal parkende Lkw tun. Dort verfügt das Unternehmen über Grundstücke, auf denen derzeit bis 38 Autos parken, was Landgard duldet. Auch dort hätte Landgard „Legosteine“ platzieren können, dafür wären aber auch Flächen betroffen gewesen, die das Verkehrsrecht berührten. Auch auf diesen Vorschlag hin erhielt Landgard keine Antwort. Bei den illegal parkenden Lkw handele es sich meist um ausländische, größtenteils osteuropäische Fahrer, die die Firma Edeka, die Mieter von Landgard ist, beliefern. Eine Nachfrage an Edeka blieb gestern unbeantwortet.
Harald Stadler spricht von „Kapitulation des Ordnungsamtes“
Laut Harald Stadler, der sich auf Angaben der Edeka beruft, finden auf dem Gelände täglich 240 Lkw-Bewegungen statt. Der Vorwurf der „Kapitulation“ von Seiten Stadlers im Bürgerausschuss galt dem städtischen Ordnungsamt. Dort hieß es, es sei „schwierig bis unmöglich“, von Speditionen mit ausländischen Betriebsstandorten, etwa in Nordafrika, Bußgelder einzufordern: „Der Arbeitsaufwand und die dabei entstehenden verwaltungsinternen Kosten stehen in keinem Verhältnis zum Bußgeldantrag“, schrieb die Verwaltung in ihrer Vorlage.
Dies wollte eine Roisdorferin, die sich im Ausschuss äußern durfte, so nicht akzeptieren. Sie forderte, dass die Polizei die Bußgelder direkt vor Ort kassiere. Sollten die Fahrer kein Geld bei sich haben, sollten sie zum nächsten Geldautomaten begleitet werden. Diesen Vorschlag begrüßte auch CDU-Ratsherr Rüdiger Prinz. Becker erklärte hierzu, dass er mit der Polizei sprechen werde, was möglich sei. Die Situation aus Sicht des Ordnungsamtes schilderte Abteilungsleiter Daniel Zelleröhr im Ausschuss. Regelmäßig, auch am Wochenende, würden Mitarbeiter der Behörde die besagten Standorte abfahren. Die täglichen Touren würden in der Johann-Phillip-Reis.-Straße beginnen: „Wir tun alles, was uns möglich ist.“
Guido Broich, Leiter des Tiefbau-Straßenverkehrsamtes, gab auch die Folgewirkungen zu bedenken, wenn die Lkw von den genannten Straßen verdrängt werden würden. Werden Straßen durch Poller oder Steine gesperrt, würden sich die Fahrer andere Stellen kreuz und quer verteilt in der Stadt suchen, da sie gezwungen seien, ihre Stand- und Ruhezeiten einzuhalten: „Manchmal geht es nicht um eine Verbesserung, sondern nur um eine Schweinverbesserung, die weitere Folgekosten nach sich zieht“, sagte Broich.
Harald Stadler hat nach dem Bürgerausschuss „Ursachenforschung“ betrieben und verweist in einer E-Mail an die Rundschau darauf, dass die örtlichen Speditionen gerne mehr Lkw-Parkplätze im Gewerbegebiet erworben hätten, doch die noch freien Grünflächen seien wegen des gesetzlich erforderlichen Grünausgleichs und dem Artenschutz der Wechselkröte aktuell nicht bebaubar. Außerdem mutmaßt er, dass es für die Wirtschaftsförderungsgesellschaft und die Stadt lukrativer sei, Gewerbeflächen zu vermarkten als fremden Speditionen einen Autohof aus Ausweichquartier im Gewerbegebiet auszuweisen. Er habe vor, die Sache im Stadtentwicklungsausschuss erneut anzusprechen.
Vielleicht kommt ja doch noch Bewegung in der Sache. Ende September ist ein Gesprächstermin der Stadt und Bürgermeister Becker mit der Firma Landgard angesetzt.