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Bettina MeyerKunstwerk „Two Forms“ auf dem Drachenfelsplateau

Lesezeit 4 Minuten

Anfassen ausdrücklich erwünscht: Künstlerin Bettina Meyer mit ihren „Two Forms“ auf dem Drachenfelsplateau.

Königswinter – Könnten die Dame und der Herr, die da in Quietschorange auf der Stufe sitzen, sehen, dann hätten sie am Freitagmorgen schlichtweg nichts gesehen. Denn als die schwarze Plane weggezogen und das Kunstwerk „Two Forms“ auf diese Weise enthüllt wurde, da verhüllte dichter Nebel das romantische Rheintal unterhalb des Drachenfelsplateaus. Die Dame und der Herr ihrerseits wären wegen ihrer Leuchtfarbe aber auch in der dicksten Suppe auszumachen. Und das soll so sein. Denn mit den „Two Forms“, einem Werk der Düsseldorfer Künstlerin Bettina Meyer, hält nicht nur Kunst um der Kunst willen Einzug neben dem neuen Glaskubus auf dem Drachenfels. Die Dame und der Herr sollen zugleich ganz praktisch wirken: Sie sollen eine Stolperfalle entschärfen.

„Wir haben das Schöne mit dem Nützlichen verbunden“, sagte Andreas Pätz, Chef der städtischen Wirtschaftsförderungs- und Wohnungsbaugesellschaft (WWG) und damit Eigentümer des Plateaus. Denn es hat Fälle gegeben, da sind Besucher des von 2010 bis 2012 für neun Millionen Euro umgebauten Aussichtspunktes so vom schönen, nicht mehr durch den alten Betonklotz verstellten Blick über den Rhein hinweg gefesselt gewesen, dass sie die hohen Sitzstufen übersahen und stürzten. In einem Fall musste laut Pätz sogar ein Krankenwagen anrollen.

Die leuchtenden „Two Forms“ sollen also den Blick der Besucher in der Nähe (und damit auf den Stufen) halten, zugleich aber nicht den Blick in die Ferne versperren. Pätz sprach von einem „Spannungsverhältnis von Nähe und Ferne“. Rund 9000 Euro hat sich die WWG die Kunstaktion kosten lassen.

Unter dem Motto „Schöne Aussichten“ ist bis zum Sonntag, 19. April, in den Räumen des Restaurants auf dem Drachenfelsplateau eine Ausstellung zu sehen. Gezeigt werden dort die Entwürfe, die der Jury im Oktober 2014 vorlagen, also Arbeiten von Bettina Meyer, Stephanie Schröter, Gilbert Flöck, Klaus Hann und Peter Nettesheim. Zudem werden weitere Werke von Bettina Meyer präsentiert.

Der Jury gehörten an Prinzessin Heide von Hohenzollern, Professor Hermann Böning, Bürgermeister Peter Wirtz, Dr. Andreas Pätz, Geschäftsführer der WWG, Vize-Bürgermeisterin Cornelia Mazur-Flöer, Elmar Scheuren, Leiter des Siebengebirgsmuseums, Dr. Annette Krapp vom Verein antiform, Tore Pape von Pool 2 Architekten und Matthias Luz, plandrei Landschaftsarchitektur GmbH. (csc)

www.nr5.wildscreen.de

Zumindest was die Aufmerksamkeit angeht, funktioniert die Idee. Denn kaum waren gestern die Fotos mit den „Offiziellen“ geschossen, lichteten sich etliche Besucher zusammen mit den orangen Figuren aus Polyester ab, die wetterfest sein sollen und bei denen Anfassen ausdrücklich erwünscht ist. Anfangs war der Entwurf unter dem Titel „Nebelfrauen“ präsentiert worden, weil Bettina Meyer nach Angaben von Franca Perschen (Kunstverein antiform) ihre Arbeit zusammen mit einem Zitat aus Heinrich Heines Gedicht Nacht auf dem Drachenfels eingereicht hatte: „Viel Nebelfrau’n bey uns vorüberfliegen. Und aus den Trümmern steigt ein tiefes Aechzen“, heißt es in Heines Text über seine durchwachte Nacht am Drachenfels mitsamt Burggeistern und Ritterschatten.

Nach Ansicht von Perschen geben die beiden organischen Figuren „Orientierung und ein Signal“. Zugleich seien sie ein Bindeglied zwischen Natur, Architektur und moderner Mystik. Zur Natur deshalb, weil die Formen genauso gut aus dem Fels herausgenommen worden sein könnten und weil in ihnen Berge und der Rhein zu erkennen seien. Professor Hermann Böning (Paderborn) sagte, dem Besucher des Plateaus werde durch die Skulpturen der Blick neu eröffnet.

In der Begründung der Jury für den Entwurf Bettina Meyers heißt es, er vereinige „am besten die angestrebte künstlerische Qualität mit der notwendigen Schutzfunktion für die Besucher des Drachenfelsplateaus. Seine formale Sprache ist als Gratwanderung zwischen Figürlichkeit und Abstraktion am deutlichsten eigenständig definiert. Damit bietet er dem Betrachter keinen vordergründigen Interpretationshorizont, sondern fordert zum Nachdenken auf und regt eine eigene Stellungnahme an.“

Bürgermeister Peter Wirtz, der in der Jury saß, meinte, er habe erfahren, „dass Kunst auch einen ganz praktischen Wert haben kann“. Und er verstehe die Menschen, die derart verzaubert seien von der schönen Landschaft am Rhein.