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ADAC-StudieAuf vielen Autobahn-Raststätten ist es hochgefährlich

Lesezeit 5 Minuten
Ein Schild weist auf einer Rastanlage an der Autobahn auf einen Parkplatz hin. 

Ein Schild weist auf einer Rastanlage auf einen Parkplatz hin.

Schwere Unfälle durch falsch geparkte Lkw sind keine Seltenheit. Eine ADAC-Studie attestiert vielen Raststätten eine katastrophale Lage wegen zu wenig Stellplätzen.

Auf Rastanlagen an deutschen Autobahnen herrschen mit Blick auf die Lkw-Parksituation „katastrophale Zustände“. Zu diesem Ergebnis kommt der ADAC in einer aktuellen Erhebung auf 96 Rastplätzen entlang der zwölf Hauptrouten für den Schwerlastverkehr (A1 bis A9, A14, A45 und A61). Lediglich auf einer untersuchten Anlage (Lüneburger Heide West, A7, Niedersachsen) fand der ADAC zu den Zählzeitpunkten 22 Uhr, 23 Uhr und 0 Uhr keinen falsch abgestellten Lkw.

In Nordrhein-Westfalen (NRW) hat der ADAC 18 Anlagen an der A1, A2, A3, A4, A45 und A61 unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist auch hier besorgniserregend: Bei 13 Rastplätzen (72 Prozent) stellte der Club schwerwiegende Parkverstöße fest. Auf der Anlage „Hasbacher Höhe“ bei Bergneustadt an der A4 in Richtung Olpe parkten bis zu vier Lkw gleichzeitig in der Ein- und Ausfahrt oder auf dem Seitenstreifen der Autobahn. Auf der A3 zählte der ADAC an den Rastplätzen „Ohligser Heide West“ bei Hilden in Richtung Köln, „Siegburg West“ und „Logebachtal West“ im Siebengebirge in Richtung Bad Honnef/Linz) jeweils bis zu drei parkende Lkw im hochriskanten Bereich.

Lkw stehen oft im absoluten Halteverbot

Auf 16 von 18 Rastplätzen (89 Prozent) in NRW fand der Club Fahrzeuge auf nicht für sie zugelassenen Parkflächen oder im absoluten Halteverbot. Negative Spitzenreiter waren die Anlagen „Ohligser Heide“ auf der A3 (bis zu 20 zeitgleiche Verstöße) und „Bedburger Land West“ (17) auf der A61 in Richtung Kerpen. Lkw, die außerhalb von markierten Parkflächen abgestellt wurden, entdeckte der ADAC auf 17 von 18 Anlagen. Mehr als 30 dieser Verstöße zur gleichen Zeit gab es auf den Rastplätzen „Lichtendorf Nord“ bei Schwerte auf der A1 in Richtung Gevelsberg sowie „Rhynern Süd“ bei Hamm auf der A2 in Richtung Rheda-Wiedenbrück und „Frechen Süd“ auf der A4 in Richtung Köln. Nur auf der Anlage „Engelgau“ bei Blankenheim (A1, in Richtung Blankenheim) fand der ADAC keinen Lkw außerhalb markierter Stellplätze.

Ein voll besetzter LKW-Parkplatz.

Voll besetzt ist ein LKW-Parkplatz an der Autobahn-Raststätte Michendorf (Brandenburg).

„Natürlich dürfen Lkw-Fahrer niemals in den Ein- und Ausfahrten von Rastanlagen parken. Hier passieren immer wieder schreckliche Auffahrunfälle, weil Autofahrer nicht mit den abgestellten Fahrzeugen rechnen. Warum machen manche Lkw-Fahrer das trotzdem? Hinter den Parkvergehen steckt oft die pure Verzweiflung, weil einfach kein Parkplatz gefunden wurde“, mahnt Roman Suthold, Verkehrsexperte des ADAC in NRW. Die Suche nach einer Stellfläche zur Einhaltung der vorgeschriebenen Ruhezeiten setze die Fahrer unter Druck. „Hinzu kommt: Je länger es dauert, umso mehr nimmt die Konzentrationsfähigkeit ab und die Müdigkeit steigt“, weiß Suthold. Infolge der Parkplatznot stellen zahlreiche Fahrer ihre Fahrzeuge dann unerlaubt in hochriskanten Bereichen ab, um so die zulässige Lenkzeit nicht zu überschreiten – mit den genannten gefährlichen Konsequenzen für alle Verkehrsteilnehmer.

Mehr Kontrollen und Strafen gefordert

„Das illegale Abstellen von Lkw in den Zu- und Abfahrten von Rastanlagen sowie auf dem Seitenstreifen muss stärker kontrolliert und geahndet werden. Dazu braucht die Polizei aber mehr Personal“, erklärt Suthold. Auf der anderen Seite fordert der ADAC von der Politik einen zügigeren Aus- und Neubau von Lkw-Stellplätzen entlang der Autobahnen. Die bisherigen Mittel reichten dafür nicht aus. Der Bund stellt bisher im Zeitraum von 2021 bis 2025 insgesamt 90 Millionen Euro zur Verfügung. Damit sollen 4000 zusätzliche Lkw-Stellplätze im Drei-Kilometer-Radius von Autobahn-Anschlussstellen geschaffen werden. „Das ist leider kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein“, bemängelt Suthold. Allerdings bestehen gegen den Neu- und Ausbau von Rastanlagen oftmals auch starke Vorbehalte betroffener Anwohner, Gemeinden und Grundstückseigentümer. Dies führt zu erheblichen Verzögerungen bei den Baugenehmigungen für derartige Projekte.

„Mehr Rastplätze müssen mit intelligenten, digitalen Parksystemen ausgestattet werden. So können kurzfristig ohne zusätzlichen Flächenverbrauch mehr Lkw-Parkflächen entstehen“, erklärt der ADAC Verkehrsexperte. Auch private Firmengelände in Autobahnnähe, zum Beispiel von Speditionen, sollten stärker für die Nutzung als Lkw-Stellplätze in Betracht gezogen werden. Weitere Lösungsansätze sieht der ADAC im Ausbau von Lkw-Parkleitsystemen, die den Fahrern in Echtzeit Informationen über freie Parkplätze liefern, sowie einer stärkeren Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bahn und Binnenschifffahrt.

Deutschland ist das größte Transitland innerhalb der Europäischen Union und verfügt über das dichteste Fernstraßennetz Europas. Nie zuvor nutzten mehr Lkw diese Routen als im Jahr 2021. Amtlichen Prognosen zur Folge soll das Lkw-Aufkommen in den nächsten Jahren weiter steigen.

Zahlreiche gravierende Verstöße

Besonders gravierend: Auf fast jedem zweiten Rastplatz in Deutschland (46 von 96) registrierte der Mobilitätsclub hochriskante Lkw-Parkverstöße. Hier standen Laster im sensiblen Ein- und Ausfahrtbereich oder auf dem Seitenstreifen der Autobahn. Auf 86 Anlagen (90 Prozent) parkten Lkw im absoluten Halteverbot oder auf nicht für sie freigegebenen Parkflächen wie Pkw- oder Wohnmobil-Stellplätzen. Das Abstellen des Fahrzeugs außerhalb markierter Flächen, zum Beispiel in den Fahrgassen zwischen den Stellplätzen, war fast schon die Regel (92 von 96). Laut einer Untersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), die Anfang 2020 veröffentlicht wurde, fehlen entlang der Autobahnen rund 23 500 Lkw-Stellplätze, 3800 davon in NRW.

„Die Politik hat versagt! Überall sind Rastanlagen verstopft. Die Stellplätze reichen hinten und vorne nicht und das, obwohl das Problem seit Jahrzehnten bekannt ist und sich zunehmend verschärft“, kritisiert ADAC-Experte Suthold. Zum ersten Erhebungszeitpunkt um 22 Uhr waren die Anlagen in der Regel überfüllt, selbst danach stieg der Parkdruck tendenziell sogar noch weiter an. Zwei Anlagen konnten gar nicht ausgezählt werden, weil die Tester keine Möglichkeit gefunden hatten, ihr eigenes Fahrzeug abzustellen. (mit ADAC)