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Viel Spaß unter Ex-Tollitäten

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Als Festausschussvorsitzender Thomas Liessem bei Familie Unkelbach anrief und dem Papa vorschlug, Sohn Willi solle Bauer im Dreigestirn werden, wurde die Mama energisch: „Kommt nicht in Frage - höchstens, wenn unser Arnold auch Jungfrau wird.“ So kam es, dass Arnold Unkelbach, damals gerade 19 Jahre alt, die Rolle Ihrer Lieblichkeit im Dreigestirn 1935 übernahm. An Weiberfastnacht machte Arnold morgens Abitur und wurde abends proklamiert - übrigens äußerst lieblos gemacht in der Pause einer Gemeinschaftssitzung aus kölschem Karneval und Münchner Fasching, die der Beigeordnete Fritz Ebel für die NS-Organisation „Kraft durch Freude“ aufgezogen hatte.

Dr. Jan-Uwe Disselbeck, Jungfrau 1976, erhielt eine Woche vor dem 11. 11. 1975 einen Anruf von seinem Prinzen Hans Lindemann. „Mer sin et jewode“, teilte er mit. Alle Dreigestirns-Aspiranten hatten Foto, Lebenslauf und polizeiliches Führungszeugnis beim Festkomitee eingereicht, dort wurde nach Aktenlage entschieden. Dann lud Festkomitee-Präsident Franz Pohl die Herrschaften zu einer Flasche Sekt ein, und man lernte sich erst einmal kennen. Heute unvorstellbar.

Peter Harens, Jungfrau von 1982, wusste hingegen bereits fünf Jahre vorher, dass er mit Günter Deibert und Hanspeter Kottmair das Dreigestirn 1982 stellen würde - zum 100. Geburtstag der Großen Kölner KG hatte Präsident Heinz-Helmut Simon dies mit dem Festkomitee eingefädelt. Eine sagenhafte Leistung: Die Beteiligten hielten fünf Jahre lang dicht.

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So unterschiedlich die Zeiten und die Tollitäten - nahezu alle sind nach ihrer Amtszeit in die 1928 gegründete „TG“ (Traditionsgemeinschaft ehemaliger Prinzen, Bauern und Jungfrauen des Kölner Karnevals) eingetreten. Am 15. Juni feiert die TG ihren 75. Geburtstag. Die Frage, die sich aufdrängt: Ist der Verein nicht ein Hort der „Immerprinzen“, die nicht abdanken können? „Ganz gewiss nicht“, sagt Vorsitzender Disselbeck.

„Natürlich weiß jeder, dass man das beste Dreigestirn war, das zu finden war“, scherzt er. Dass man mal im Dreigestirn gewesen ist, spiele unter den rund 100 Mitgliedern aber keine Rolle bei den regelmäßigen Stammtischen und anderen Veranstaltungen, von denen die Weihnachtsfeier der gesellschaftliche Höhepunkt ist. Man plaudert über Aktuelles „oder spricht über Kummer und Sorgen, die mancher in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten ja auch hat“.

Ein weiterer weit verbreiteter Irrtum sei die Annahme, man könne durch den Karneval reich werden. „Das ist noch niemandem gelungen“, sagt Disselbeck. Elektromeister Harens musste sogar die Erfahrung machen, dass ihm zwei äußerst lukrative Aufträge verloren gingen, als bekannt wurde, dass er Jungfrau werden würde.

Noch mal damals und heute: Das Unkelbach-Dreigestirn absolvierte über den Daumen geschätzt vielleicht zwei Dutzend Auftritte, heute hat das Dreigestirn deutlich mehr als 400 Aufzüge im Programm. Arnold Unkelbachs Prinz Konrad Maaßen hatte übrigens eine DKW-Vertretung, fuhr mit dem Auto zu allen Terminen und beschriftete als erster Prinz sein Fahrzeug mit seinem Namen. Nach dem Krieg wurde das Dreigestirn lange Zeit von „Weißen Mäusen“, einer Polizei-Motorradeskorte, bis zur Hofburg im „Excelsior“ begleitet. Und früher konnte das Dreigestirn auch noch spontan und unbürokratisch bei einer privaten Feier auftreten.

Mit einer kölschen Matinee wird am Sonntag gefeiert mit Musik von Jacques Offenbach, Max Bruch und Jupp Schmitz. Besonders freut sich Uwe Disselbeck auf den Auftritt von Reiner Rübhausen. Der Ex-Präsident der Stunksitzung bringt seine witzige Rede als „Radfahrer“.