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Total normal - So lebt Anke Engelke

Lesezeit 3 Minuten

Köln – Anke Engelke ist mit der Bahn gekommen. Sie hat zwar ein Auto - ein Elektroauto -, aber das lässt sie meist stehen. Schon deshalb, weil sie in der Straßenbahn so gut Leute studieren kann.

Sie hat kein Smartphone, sondern nur ein müdes Tastenhandy und gehört deshalb nicht zur „Generation Kopf unten”. „Ich glotze aus dem Fenster oder schaue die Leute an. Die Bahn ist ein tolles Biotop. Wie setzen sich die Leute hin? Wie telefonieren sie? Wie gucken sie? Wie reagieren sie?”

Manchmal wird sie selbst angeguckt. „Aber die Kölner haben genug Promi-Köppe, das ist denen tendenziell egal. Der Kölner hat auch so eine herzliche authentische Unfreundlichkeit, der biedert sich nicht an.” Manchmal kann es geschehen, dass sich jemand zu ihr hinüberbeugt und sagt: „Das mit dem Hund...!” Und dann aufsteht und aussteigt. „Dann überlege ich: Was meinte die denn jetzt? Ich hab gefühlt 100 Sketche mit Hunden gespielt.”

Anke Engelke (54) ist im komödiantischen Fach zuhause, aber genauso in ernsten Rollen, eine Kombination, die in Deutschland sehr selten ist. Am Samstag (22. Februar, 20.15 Uhr) ist sie in der unregelmäßigen ARD-Serie „Tödliche Geheimnisse” in der Hauptrolle neben Nina Kunzendorf zu sehen. Die beiden spielen zwei Journalistinnen, die im Berliner Baugewerbe recherchieren und dort Filz und Ausbeutung aufdecken. Der Film ist spannend und zeigt das Megathema Wohnen aus einer ungewohnten Perspektive.

Engelke sagt, dass sie nicht unterscheidet zwischen lustig und nicht lustig. „Ich spiel' das einfach.” So grundverschieden ist es nach ihrer Meinung auch gar nicht. „"Tödliche Geheimnisse" ist im Ganzen nicht zum Lachen, aber trotzdem gibt es einzelne Szenen, da könnte ich mich wegschmeißen.” Umgekehrt habe ja auch die Komik oft eine tragische Note.

Um witzig sein zu können, müsse man zuerst mal etwas durchlitten haben, hat Loriot gesagt. Anke Engelke hat einmal einen Anruf vom Großmeister des feineren deutschen Humors bekommen. „Das war noch, als ich bei der "Wochenshow" gearbeitet habe. Auch den Kollegen Pastewka hat er angerufen. Um uns zu sagen, dass er das zu schätzen weiß. Wir konnten es nicht fassen. Wir waren doch nur die Ulkdödel, wir waren unterste Kaste.”

Gute Komik ist im Zweifel schwieriger als Trauriges, glaubt sie. „Wenn man ein Gesicht in Großaufnahme zeigt, und dazu rinnt eine Träne, und dann läuft auch noch die richtige Musik im Hintergrund - das beeindruckt immer, da werden wir alle schwach und heulen mit. Das als Schauspielerin herzustellen, ist zwar oft harte Arbeit, aber richtiges Timing in einem Sketch hinzubekommen, ist nicht einfach. Wir haben uns oft kaputt geprobt bei der "Wochenshow" und bei "Ladykracher".”

Damals in der Sat1-Wochenshow in den 90er Jahren hat sie Bastian Pastewka kennengelernt. Stichwort Wolfgang und Anneliese. „Ich fand den am Anfang so komisch, ich hab gedacht: Was ist das denn für'n Bubi? Und dann hat's gefunkt, dann haben wir uns gefunden, weil es da echt Personalkrisen gab bei der "Wochenshow". Und da haben wir zusammengehalten. Und jetzt kann ich mir ein Leben ohne Bastian Pastewka nicht vorstellen.”

Schon eineinhalb Stunden verplaudert, jetzt muss sie los in den Bio-Supermarkt. Zum Einkaufen nimmt sie gern ein Oma-Handwägelchen mit. „Dachten Sie, ich führe ein Glamourleben? Das passt gar nicht zu mir. Und spätestens wenn man Kinder hat, ist man ein Normalo, ist doch spitze.” Obwohl sie ein sogenannter „Immi” ist - ein nach Köln Zugezogener - sieht sie sich als „Kölsches Mädsche”, ähnlich wie Annette Frier oder Carolin Kebekus, zwei andere lustige Frauen, die hier verwurzelt sind. „Wir gehören zum Stadtinventar. Total normal, total unfunky.” Dann räumt sie schnell die Kaffeetassen weg und ist verschwunden. (dpa)