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Nichts bleibt wie es istWie wir in Zukunft arbeiten werden

Lesezeit 4 Minuten
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Viele Unternehmen sind dazu übergegangen, die festen Arbeitsplätze aufzulösen. 

Köln – Wie verändert sich unsere Arbeitswelt? Nach Einschätzung vieler Experten ziemlich rasant zurzeit. Das hat einerseits mit Corona zu tun, viele Arbeitsprozesse mussten mehr oder weniger von heute auf morgen umgestellt werden. Andererseits waren die Umbrüche auch vor der Pandemie spürbar und wurden dadurch nur verstärkt – Corona als Katalysator sozusagen.

Das Büro

Die klassische Büroarbeit hat das vielleicht am stärksten zu spüren bekommen. Abläufe, an denen bislang kaum gerüttelt wurde, gerieten durcheinander. Homeoffice war das Gebot der Stunde, und es musste schnell gehen. Vieles war zunächst noch provisorisch, eilig zusammengeschustert, aber – es lief. Und mit der Zeit immer besser. Wenn auch mit Rückschlägen. Der direkte Austausch mit den Kollegen fehlte auf einmal, Anregungen in der Mittagspause, mal eben bei Problemen rüberlaufen – das alles fand nicht mehr statt. Die Befürchtungen aber, die Produktivität der Mitarbeiter würde im Homeoffice leiden, bestätigten sich vielfach nicht.

Veränderte Arbeitszeiten

Von daher ist es nicht verwunderlich, dass viele Unternehmen mit dem Ende der Lockdowns gar nicht mehr ganz zurückgehen zur Vollbesetzung im Büro. Drei Tage Anwesenheit, zwei Tage Homeoffice – so oder ähnlich führen viele Firmen die Arbeitswelt mittlerweile fort. Allerdings, betont Dr. Oliver Stettes, Leiter des Kompetenzfeldes Arbeitsmarkt und Arbeitswelt beim Institut der deutschen Wirtschaft, gibt es kein allgemein gültiges Modell für mobiles Arbeiten: „Es muss passen, auf beiden Seiten“, sagt er. Mit dem Homeoffice übernähmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch deutlich mehr Eigen- und letztendlich auch Ergebnisverantwortung. Das müsse nicht immer gutgehen – weder für das Unternehmen noch für die Mitarbeiter selbst, die neben ihrem Alltag auch die Arbeitszeiten strukturieren müssten.

New Work

Flexibles Arbeiten ist gefragt. 

„Es wird mehr Homeoffice geben als von der Pandemie, aber weniger als viele im Moment glauben“, ist Stettes überzeugt. Letztlich hängt es aber auch von der erforderlichen Hardware ab: Komplizierte und rechenintensive Programme laufen nicht auf jedem Laptop, da braucht es dann oft genug noch den stationären Rechner.

Räume neu denken

Einfach wegen mehr mobilen Arbeitens weniger Raum zur Verfügung zu stellen ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Es kommt darauf an, Räume „neu zu denken“: Taugen die alten Strukturen noch – fester Schreibtisch, feste Zuordnungen, feste Arbeitszeiten? Zunehmend orientieren sich Unternehmen an der „Clean-desk-policy“. Der Arbeitsplatz wird so hinterlassen, dass am nächsten Tag ein anderer weitermachen kann. Eine Wohlfühl-Atmosphäre wird ebenfalls geschätzt, längst ist nicht mehr das Gehalt allein ausschlaggebend. Das Arbeitsklima spielt eine genauso große Rolle, speziell bei jungen, gut ausgebildeten Leuten.

Startups

Die Region und speziell Köln gilt als Hauptstadt der Startups und als Innovationsträger neuer Geschäftsideen. Tatsächlich hat man etwa seitens der Kölnbusiness Wirtschaftsförderung viel getan, das Ökosystem Startup zu fördern. Etwa, indem sie Co-Working-Plätze auslobt oder im „_blaenk“ an der Schildergasse Raum für Präsentationen zur Verfügung stellt. Die Zahl der Gründungen steigt, momentan liegt sie bei etwa 550. Aber es sollen mehr werden – und irgendwann wird auch mal der „große Fisch“ dabei sein.

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Handwerk

Der Dachdecker wird auch weiterhin bei Wind und Wetter seine Dächer decken, der Mechaniker an Motoren schrauben, die Pflegerin ihre Patienten betreuen. Aber auch hier haben – oft hinter den Kulissen – längst einschneidende Veränderungen eingesetzt. Die Terminvergabe erfolgt nicht mehr auf Zuruf, sondern nach einem festen Cluster. Oft genug nur noch online – was insbesondere älteren Menschen bisweilen eine harte Geduldsprobe abringt. Dafür aber können die Abläufe gestrafft und genauer geplant werden und schaffen Raum für neue Kunden.

Die Produktion

Die Logistik hinter dem produzierenden Gewerbe ist ohnehin schon hochautomatisiert. Allerdings gibt es Tendenzen, die Just-in-time-Bestückung durch Zulieferer zurückzufahren und wieder mehr selbst zu produzieren. Zu ausgeliefert sind die Hersteller, wenn die Lieferkette unterbrochen wird. Was aber natürlich auch nur bedingt möglich ist. Und hier schlägt – ähnlich wie im Handwerk – der Facharbeitermangel mittlerweile voll durch. Die Unternehmen werden immer mehr gezwungen sein, sich bei der Anwerbung neue Wege einfallen zu lassen.

Nachhaltigkeit

Längst hat bei den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit ein neues Denken eingesetzt. Viele Unternehmen sehen hier weniger Einschränkungen als neue Möglichkeiten. Wer nicht versucht, seine Produktion so gut es geht nachhaltig zu gestalten, braucht gar nicht mehr auf den Markt zu treten. Rucksäcke aus Plastikmüll oder Sneakers aus Recyclingmaterial muten heute noch exotisch an. Es ist aber eine Frage der Zeit, wann auch die „Großen“ auf diesen Zug aufspringen. Die Kunden geben die Richtung vor – Konsum und Nachhaltigkeit schließen sich schon längst nicht mehr aus.