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MusikprojektZigarettenpapier als Lippenschutz

Lesezeit 4 Minuten

Die Klarinettistin Nicola Jürgensen stand den Sechstklässlern Rede und Antwort und spielte ihnen einige Stücke auf ihrem Musikinstrument vor. (Foto: Roberz)

ZÜLPICH – „Was haben Sie denn da an den Zähnen?“, fragte ein Schüler der Klasse 6c der Karl-von-Lutzenberg-Realschule ganz interessiert die Klarinettistin Nicola Jürgensen. Die Musikerin besuchte im Rahmen des Projekts „Rhapsody in School“ die Zülpicher Realschule und brachte den Schülern ihr Instrument, die Klarinette, aber auch ihr eigenes Musikverständnis näher.

Nicola Jürgensens Antwort war so einfach wie auch überraschend. „Das ist Zigarettenpapier. Davon kaufe ich in der Regel immer so 30 Päckchen auf einmal und bekomme dann zu hören, das sei aber sehr ungesund. Dann muss ich immer erklären, dass ich das Papier nicht zum Rauchen, sondern zum Klarinette spielen brauche“, berichtete die 35-jährige Musikerin den erstaunten Schülern.

Beim Klarinette spielen, so berichtet Jürgensen weiter, müsse die Unterlippe über die Schneidezähne gezogen werden, bevor man das Mundstück ansetze. „Wenn man einige Stunden pro Tag übt, dient das Papier einfach nur als Schutz für die Lippe“, so die studierte Klarinettistin. Oboisten hingegen legten das Papier über die oberen Schneidezähne, weil sie ihre Oberlippen über die Zähne stülpen müssten.

Nicola Jürgensen zeigte den Schülern, dass man die Klarinette in fünf Einzelteile zerlegen kann, wobei besonders dem Mundstück Bedeutung zukomme. Denn hier befinde sich ein hauchdünnes Holzplättchen, das beim Blasen mitschwinge. Genau wie die Oboe, die zwei dieser Plättchen hat, gehöre die Klarinette deshalb zu den Holzblasinstrumenten.

Aber nicht nur Theorie war bei den Sechstklässlern gefragt. Wer eine Soloklarinettistin des WDR-Symphonieorchesters zu Besuch hat, der will natürlich das Instrument auch hören. Nicola Jürgensen versuchte den Schülern zu vermitteln, warum sie so eine große Liebe zur Musik hat: „Musik kann Stimmungen auch ohne Worte darstellen.“ Sie gab mit ihrer Klarinette Beispiele dafür, wie Komponisten eine eher traurige, nachdenkliche Stimmung in ihrem Werk verarbeiteten oder ihre gute Laune in ihre Komposition einfließen ließen.

Die Wut über den verlorenen Groschen

So habe sich Ludwig van Beethoven einmal sehr darüber geärgert, dass er einen Groschen verloren hatte. Er habe daraufhin das Rondo „Die Wut über den verlorenen Groschen“ komponiert und lasse heute noch die Pianisten der Welt sechs Minuten lang auf das Klavier „eindreschen“. „Beethoven verarbeitete hier ganz offensichtlich seine Wut über den Verlust des Geldstücks“, erklärte Jürgensen.

Doch nicht nur Stimmungen könnten mit der Musik vermittelt werden. Auch Naturbilder würden mit Hilfe der Musik dargestellt. Vor allem Gewitter mit Blitz und Donner seien bei Komponisten durchaus beliebte Klangvorbilder.

Und nicht zu vergessen ganze Geschichten, die musikalisch erzählt würden, ohne dass es dafür auch nur einer Teile Text bedürfe. Die bekanntesten Stücke seien hier sicherlich „Karneval der Tiere“ und Sergej Prokofieffs „Peter und der Wolf“. Hierbei übernähmen verschiedene Musikinstrumente die Rollen der Tiere, die Klarinette etwa habe den Part der Katze.

„Ich spiele euch mal ein Stück der Katze vor. Sagt mir, ob das Instrument zur Katze passt, ob Prokofieff das gut gemach hat“, forderte Nicola Jürgensen die Schüler auf. „Ich hätte die Katze heller gemacht, die Töne sind zu tief. Es hört sich nicht nach Katze an, sondern nach einem trampelnden Elefanten“, meinte eine Schülerin. Doch Nicola Jürgensen wusste, wie sie den Jungen und Mädchen auch die Katze bei „Peter und der Wolf“ näher bringen konnte. „Zwei, drei von euch sollten mal aufstehen und schleichen wie eine Katze. Dann spiele ich das Stück noch mal“, regte die 35-Jährige an. Gesagt, getan. „Findet ihr jetzt, dass die Musik zum Schleichen der Katze passt“, fragte Jürgensen und stieß auf volle Zustimmung der Schüler.

„Jetzt spiele ich euch die Passage, in der die Katze vor dem Wolf auf einen Baum flüchtet“, kündigte Jürgensen an. Und die Sechstklässler merkten ganz schnell, dass die Katze jetzt in einer völlig anderen, äußerst nervösen Verfassung ist. Und dass sie, mit den letzten, lauten und hohen Tönen der Klarinette den Baum erreicht hat.