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Grünen-Ministerin Neubaur macht Hoffnung für Lützerath

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Düsseldorf – Mit einer Mahnwache und einer symbolischen Sitzblockade vor dem grün-geführten nordrhein-westfälischen Wirtschafts- und Klimaschutzministerium haben Umweltaktivisten für den Erhalt des Dorfes Lützerath im Braunkohlerevier demonstriert. Das Bündnis aus Umwelt- und Klimaschutzverbänden kündigte am Freitag die Verteidigung des vom Tagebau bedrohten Ortes an. „Wir tun alles, um Lützerath zu verteidigen”, sagte Dina Hamid von der Initiative „Lützerath lebt”. „Und wir sind viele.”

Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur (Grüne) kam am Nachmittag zu den zunächst rund 60 Demonstranten und machte ihnen etwas Hoffnung: „Es gibt eine Vereinbarung, die sagt, dass die Bundesregierung, das Land und das tagebautreibende Unternehmen so lange keine Fakten schaffen, bis Einvernehmen hergestellt ist.” Zugleich stellte Neubaur aber auch klar: „Die rechtliche Lage, was die Siedlung Lützerath betrifft, ist eindeutig entschieden: Es ist RWE-Eigentum. Punkt.” CDU und Grüne in NRW würden im Herbst gemeinsam mit der Bundesregierung und RWE verhandeln.

Sie verstehe aber die Ungeduld der Menschen. „Vielleicht teile ich die sogar”, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin. Sie streite dafür, die politische Absichtserklärung, bis 2030 vorzeitig aus der Kohle auszusteigen, zum Gesetz zu machen. Frieden in der Braunkohleregion werde aber noch „lange, lange, lange Zeit dauern”, sagte Neubaur. Denn es gehe nicht nur um den Kohleausstieg bis 2030, sondern auch um die Rekultivierung der riesigen Tagebaulöcher.

Dirk Jansen, Geschäftsführer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND NRW) sagte, Lützerath werde zur Nagelprobe für die schwarz-grüne NRW-Koalition. Es gebe keine energiewirtschaftliche Notwendigkeit, Lützerath zu räumen. Mit RWE müsse Einvernehmen erzielt werden, dass das Dorf bis auf Weiteres nicht geräumt und ab dem 1. Oktober auch kein einziger Baum gerodet werde, sagte Jansen. Neubaur müsse den vorliegenden RWE-Antrag zurückweisen.

Die Protestaktion am Freitag war Teil des deutschlandweiten Klimastreiks von Fridays for Future am Freitag. Nach Angaben der Düsseldorfer Polizei zogen am Freitagabend rund 1300 Aktivisten der Bewegung vom Landtag zum Wirtschaftsministerium, um die Demonstrierenden für Lützerath zu unterstützen. Wie Sprecher der Polizei und des Ministeriums auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur übereinstimmend berichteten, verlief der Protest friedlich.

In dem verlassenen Braunkohleort Lützerath leben Gegner des Abbaus in Zelten, Wohnwagen, Baumhäusern und Hütten. Der letzte ursprüngliche Bewohner hatte im Frühjahr an RWE verkauft. Seit Wochen kommt es immer wieder zu Protestaktionen. Lützerath ist ähnlich wie der Hambacher Forst zu einem Symbol geworden. Auch die Fridays-for-Future-Aktivistin Greta Thunberg hatte das Dorf vor einem Jahr besucht. Vergangene Woche hatten Klimaaktivisten Grünen-Büros in NRW und die Ökopartei aufgefordert, sich stärker für den Erhalt von Lützerath einzusetzen.

In ihrem Koalitionsvertrag halten CDU und Grüne an einem vorgezogenen Kohleausstieg bis 2030 fest und kündigen eine zeitnahe neue Leitentscheidung zum Fortgang des Braunkohleabbaus an. Alle fünf Dörfer des dritten Umsiedlungsabschnitts am Tagebau Garzweiler sollen nach Plänen der NRW-Landesregierung erhalten bleiben. Lützerath gehört allerdings nicht dazu und wird auch nicht explizit erwähnt.

Rückendeckung für den Erhalt von Lützerath hatte im Sommer der Bundestag gegeben. In einer Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf von SPD, Grünen und FDP zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken im Fall einer Gaskrise hieß es: „Der Deutsche Bundestag befürwortet zudem den Erhalt des Dorfes Lützerath am Tagebau Garzweiler und den Verzicht auf die Nutzung der Braunkohle unter dem Dorf.”

Auch eine Studie der „Coal Exit Research Group” war zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine energiewirtschaftliche Notwendigkeit für die Inanspruchnahme weiterer Dörfer und Höfe am Tagebau Garzweiler gebe. Der Gruppe gehören unter anderem Fachleute vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und Universitäten an.

© dpa-infocom, dpa:220923-99-874122/5 (dpa/lnw)