Düsseldorf – Aus Protest gegen die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Datteln 4 haben Klimaaktivisten eine Tonne Steinkohle vor der Zentrale des Energiekonzerns Uniper ausgeschüttet. Das sei die Menge Kohle, die in Datteln alle zehn Sekunden verbrannt werde, hieß es auf einem Plakat der Gruppe Extinction Rebellion. An der Aktion am Freitag in Düsseldorf hätten sich rund 200 Menschen beteiligt, teilte die Gruppe mit. Laut Polizei gab es bis zum Ende der Protestaktion am Nachmittag keine Zwischenfälle.
Das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 soll entgegen einer Empfehlung der Kohlekommission im Sommer ans Stromnetz gehen. Derzeit läuft es zeitweise im Probebetrieb. Bundesregierung und NRW-Landesregierung betonen, dass im Gegenzug ältere Steinkohlekraftwerke abgeschaltet werden sollen. Dadurch würden die zusätzlichen Kohlendioxidemissionen von Datteln 4 kompensiert.
Dem widersprechen die Demonstranten. Der billige Strom aus Datteln werde umweltfreundlichere Alternativen vom Markt drängen, befürchten sie. Uniper hatte angekündigt, bis Ende 2025 seine übrigen Steinkohlekraftwerke abzuschalten.
Auch Volkswagen-Chef Herbert Diess kritisierte die Inbetriebnahme des Kraftwerks und sprach von einer „Energiewende paradox”. Während VW seine Kohlekraftwerke abschalte und durch Gas-Dampfturbinen ersetze, seien in Datteln „1,5 Milliarden in den Kohleeinstieg investiert” worden, schrieb Diess am Freitag im Online-Netzwerk LinkedIn. „Sieben der zehn größten CO2-Emittenten in Europa sind deutsche Kohlekraftwerke”, kritisierte Diess. Das Datum 2038 für den Kohleausstieg nannte er „mutlos”. Ohne sauberen Strom könne es auch keine saubere Mobilität durch Elektroautos geben. „Ich kann jeden Jugendlichen verstehen, der freitags auf die Straße geht”, fügte er hinzu.
Uniper-Vorstandschef Andreas Schierenbeck erwiderte, beim Klimaschutz „sollte jeder erstmal vor seiner eigenen Türe kehren”. Uniper habe einen ehrgeizigen Ausstiegspfad für eigene Kohlekraftwerke in Deutschland beschlossen. „Greenwashing müssen wir nicht betreiben.” Uniper werde seine CO2-Emissionen in den kommenden fünf Jahren noch einmal um bis zu 40 Prozent senken und die Versorgungssicherheit für seine Kunden aufrechterhalten.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat unterdessen ein Aufenthaltsverbot für den Bereich rund um das umstrittene Kraftwerk gekippt. Das Verbot der Polizei Recklinghausen gegen zwei Theologen aus Münster sei rechtswidrig, entschied das Gericht in einem Eilbeschluss, wie ein Sprecher mitteilte.
Die beiden Männer waren am Abend des 1. Februar in der Nähe des Kraftwerks von der Polizei aufgegriffen und in Gewahrsam genommen worden. Nach Ansicht des Gerichts konnte die Polizei keine Belege vorweisen, dass die der Klimabewegung nahe stehenden Theologen tatsächlich Straftaten begehen wollten. Am nächsten Tag hatten Klimaaktivisten Anlagen auf dem Kraftwerksgelände besetzt. (dpa/lnw)