München/Stuttgart – Pfeile segeln in Richtung Kurve, weisen den Weg. Dazu blinkt die aktuelle Geschwindigkeit auf. Alles spielt sich scheinbar weit vor dem Auto ab, tatsächlich handelt es sich um Projektionen auf die Windschutzscheibe.
Doch die Illusion, die sogenannte Augmented Reality Head-up-Displays (AR-HuD) liefern, ist perfekt. Virtuelle und reale Welt verschmelzen, man erhält nützliche Informationen, ohne den Blick von der Straße abwenden zu müssen. Und bald sollen die Systeme noch mehr können.
Mit einer Kombination aus Holographie und erweiterter Realität will etwa das Start-up Wayray Hologramme mittels Laser auf die Frontscheibe von Fahrzeugen projizieren. Die Darstellung soll rund zehnmal größer sein als bei bisherigen Systemen. Neben dem Straßenverlauf lassen sich auf der ganzen Fläche Fußgänger, Radfahrer, Verkehrszeichen oder Werbung grafisch und bunt darstellen.
Blickrichtung steuert Animationen
„Animationen tanzen vor dem Auto und bewegen sich analog dazu, gesteuert von der Blickrichtung des Betrachters”, erklärt Wayray-Chef Vitaly Ponomarev. Kompakte Lasertechnik im Fahrzeugboden ermögliche dieses neuartige AR-Erlebnis. Von dort wandert der rot-grün-blaue Lichtstrahl ins Armaturenbrett.
Dort sitzt ein optisches System, das die Hologramme entwickelt und sie auf eine spezielle Photopolymer-Folie in der Windschutzscheibe projiziert. Betrachtenden erscheinen dadurch Objekte in einem Bereich von quasi null Metern bis nahezu unendlich weit weg. 2025 sollen die ersten Autos mit der Technologie auf den Markt kommen.
Pedro Ribeiro Monteiro verantwortet bei Mercedes-Benz das Infotainmentsystem Mbux, zu dem ein optionales Head-up-Display mit AR zählt. Rund fünf Jahre entwickelten die Ingenieure das System, das bisher in der S-Klasse und ihrem elektrischen Pendant EQS zum Einsatz kommt.
Aufs Notwendigste reduziert
„Um Autofahrer nicht zu überfordern, werden nur die notwendigsten Informationen ins Sichtfeld eingeblendet, wie aktuelle Geschwindigkeit, Navi-Informationen, Fahrassistenz-Informationen oder Geschwindigkeitsbegrenzungen”, sagt Monteiro. Individuell lassen sich Namen von Anrufern, Straßen oder Radiostationen zusätzlich anzeigen.
Noch benötigt das Mercedes-System viel Raum, der in einer S-Klasse eher vorhanden ist als in einer A-Klasse. Künftige Systeme sollen daher kleiner werden, gleichzeitig ein größeres Bild und weitere Funktionen bieten, die Fahrende bei ihren Aufgaben unterstützen. „In Kurven würde ein breites Bild dem Piloten helfen, aber auch Darstellungen an den Seitenscheiben sind denkbar”, sagt Monteiro mit Blick auf künftige autonome Fahrzeuge.
Entertainment an der Seitenscheibe
Auch Wayray sieht in diesem Zusammenhang Potenzial für Seitenscheiben-Hologramme mit Infos und Inhalten. Vitaly Ponomarev zufolge lässt sich jede transparente Fläche zu einem Augmented-Reality-Display umwandeln, etwa auch die Wohnzimmerscheiben zu Hause. Zahlreiche Zulieferer und Forschungsinstitute forschen ebenfalls an AR-HuD, um künftig komplette Scheiben zu bespielen.
Volkswagen hat ein AR-HuD-System bereits ins Kompaktwagen-Segment integriert. Es zählt bei Elektromodellen wie ID.3 und ID.4 zur Sonderausstattung. „Die ergonomischen Vorteile erhöhen spürbar den Fahrkomfort”, meint Alexander Kunze, Spezialist für AR-Systeme bei Volkswagen. „Der kognitive Aufwand zur Interpretation der gezeigten Informationen reduziert sich, da die jeweiligen Hinweise virtuell an ihrem Bezugspunkt im Straßenumfeld erscheinen.”
Hinweise von nah bis fern
Die Hinweise zu Navigation, Abstand oder dem Halten der Spur werden nur eingeblendet, wenn sie gerade benötigt werden - und zwar optisch in einem Fernbereich, der zehn Meter entfernt zu sein scheint. Darunter liegt noch ein Anzeigeband mit statischen Informationen, der drei Meter entfernt zu schweben scheint.
Auf unterstützende Displays unterhalb des Head-up-Displays können die Entwickler allerdings auch in Zukunft nicht verzichten. Das Gesetz schreibt vor, dass alle wesentlichen Informationen jederzeit sichtbar sein müssen. Dazu zählen etwa alle Warn- und Funktionsleuchten.
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