Köln – Wenn Vermieter Mängel nicht beseitigen, unangekündigt auftauchen oder die Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen, stehen Mieter oft dumm da. So wie in einem Fall, der kurzem für Aufsehen sorgte: Das Wohnungsunternehmen Vonovia räumte einem Mieter in Bonn den Keller leer. Dagegen ermittelt die Polizei nun wegen Diebstahl.
Doch was müssen sich Bewohner eigentlich gefallen lassen und was nicht? Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB), klärt auf:
Mieter und Vermieter: Wer mehr Rechte hat, hängt vom Thema ab
Viele Mieter haben das Gefühl, dass die Vermieter einfach über sie hinweg entscheiden können. „Das ist nur ein subjektiver Eindruck“, sagt Ulrich Ropertz. „Fragen Sie die Wohnungseigentümer, sagen die wiederum, dass sie sich von den Mietrechten erdrückt fühlen.“
Welche der Parteien mehr Rechte hat, hänge vom jeweiligen Thema ab. „Geht es zum Beispiel um Schönheitsreparaturen, haben Mieter eine gute Position. Bei Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder Mietverzugs sind Vermieter im Vorteil.“
Am häufigsten streiten Mieter und Vermieter über Betriebskosten
Rund 1,1 Millionen Mal wurden Mieter 2017 von Mietvereinen in Rechtsfragen beraten. Mit Abstand am häufigsten werden Beratungen zum Thema Betriebskosten (Warmwasser, Heizung, Abwasser, Kabelanschluss etc.) in Anspruch genommen.
Oft sorgen außerdem Wohnungsmängel, Mieterhöhungen und die Rechte und Pflichten beim Mietvertrag (zum Beispiel die Haltung von Haustieren) für Streit mit dem Wohnungseigentümer. Worüber sich Mieter und Vermieter kabbeln, hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht geändert. Aber: „In Zeiten der Wohnungsnot spielen die Themen Mieterhöhung und Vermieterkündigung eine größere Rolle“, sagt Ropertz.
Mehr Probleme mit privaten Vermietern
Und auch, wenn Firmen wie Vonovia immer mal wieder Negativ-Schlagzeilen produzieren: Mehr Probleme gebe es tatsächlich mit privaten Vermietern, sagt der Experte: „Das liegt zum einen daran, dass zwei Drittel der Vermietungen privat erfolgen, zum anderen agieren Wohnungsgesellschaften meist professioneller."
Vermieter darf nicht unangekündigt in die Wohnung
Der Horror eines jeden Mieters: Der Vermieter steht unangekündigt vor der Tür und möchte in die Wohnung. „Dazu gibt es eine klare rechtliche Antwort“, sagt Ropertz. „Ich muss sie oder ihn nicht in die Wohnung lassen. Denn der Vermieter braucht erstens einen Grund, um in meine Wohnung zu kommen und zweitens muss ein Termin abgesprochen sein.“
Trotz der klaren rechtlichen Lage könnte es trotzdem die richtige Entscheidung sein, den Vermieter hereinzulassen, rät der Experte. „Der Mieter befindet sich, da er Miete zahlt, in einem sogenannten Dauerschuldverhältnis. Und eine Belastung des Mietverhältnisses möchte weder die eine noch die andere Seite. Will ich also nicht vielleicht doch Zugeständnisse machen? Der Vermieter könnte sich, wenn ich ablehne, vor den Kopf gestoßen fühlen."
Kündigung wegen Eigenbedarfs: Lage schwierig
Wesentlich schwieriger ist die Lage für Mieter, wenn ihnen der Vermieter wegen Eigenbedarfs die Wohnung kündigt. Denn ob der angegebene Grund für die Kündigung tatsächlich zutrifft oder der Vermieter nur einen Vorwand sucht, um die Wohnung danach teurer zu vermieten, lässt sich im Zweifelsfall schwer überprüfen.
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„Die Grenzen für den Eigenbedarf sind weit gefasst. In jedem Fall sollte ich mich rechtlich beraten lassen und folgende Fragen klären: Ist die Kündigung formal in Ordnung? Ist sie begründet und trägt die Begründung auch? Und werden die Kündigungsfristen eingehalten?“, sagt Ropertz.
Kündigungsfristen können mit Sozialklausel verlängert werden
Die Frist darf nicht kürzer als drei Monate sein, kann aber auch bis zu zwölf Monate betragen. Sie kann mithilfe der sogenannten Sozialklausel sogar noch verlängert werden. Diese Klausel greift, wenn die betroffene Person zum Beispiel schwanger oder krank ist oder nachgewiesenermaßen in ihrem Stadtgebiet keine bezahlbare Wohnung findet.
Wann dem Mieter Schadenersatz zusteht
Gibt es Zweifel, dass der Vermieter bei der Kündigung für den Eigenbedarf ehrliche Gründe angibt, kann der Mieter Rechtsmittel einschalten. „Weiß ich zum Beispiel, dass der Vermieter eigentlich eine Villa bewohnt, aber jetzt angeblich ins Hochhaus ziehen möchte, ist das unglaubwürdig.“ Ein vorgetäuschter Eigenbedarf kann den Vermieter teuer zu stehen kommen. „Womöglich steht dem Mieter dann Schadenersatz zu, außerdem muss der Vermieter die Kosten des Wohnungswechsels tragen.“
Ist die neue Wohnung vergleichbar groß, kann der Vermieter sogar dazu verpflichtet werden, die Differenz zur höheren Miete zu bezahlen – bis zu drei Jahre lang.
Mieterschutz in Deutschland ist grundsätzlich gut
„Den vorgetäuschten Eigenbedarf nachzuweisen, ist aber mit hohen Hürden verbunden“, sagt Experte Ropertz. Im Zweifel gilt also: die Kündigung abhaken und froh sein, dass man sich nicht mehr mit seinem Vermieter herumschlagen muss. Trotz aller Unwägbarkeiten sei der Mieterschutz in Deutschland grundsätzlich gut, sagt Ropertz. „Man muss seine Rechte aber kennen und auch nutzen.“
Bei Problemen Mietverein oder Rechtsanwalt einschalten
Der Experte rät Mietern, bei Streitigkeiten mit dem Wohnungseigentümer professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen – entweder eines Mietvereins oder eines spezialisierten Rechtsanwalts. Je mehr der Mieter außerdem dokumentieren kann, desto besser ist seine Position, wenn der Streit eventuell doch vor Gericht landet. 2017 passierte das in Deutschland immerhin 226.933 Mal.
Wer Unstimmigkeiten mit dem Vermieter außergerichtlich klären kann, ist aber in jedem Fall besser beraten. Denn er spart Zeit, Geld und vor allem Nerven.