Küsschen auf die Schnauze sind für viele Hundebesitzer Alltag. Ist das unhygienisch oder gesundheitsschädlich? Mediziner Magnus Heier klärt auf.
Küsschen für den HundIst es gefährlich, seinen Hund auf die Schnauze zu küssen?
Hundehalter sind oft irgendwie anders: Viele von ihnen lassen sich von ihren Hunden das Gesicht abschlecken – was angeblich ein Vertrauensbeweis des Tieres ist. Noch irritierender ist es, wenn er oder sie den Hund aktiv auf die feuchte Schnauze küsst. Was der Hund wiederum zu schätzen scheint.
Millionen von Bakterien
Als Arzt stellt man sich – jenseits der Ästhetik – nun die Millionen von Bakterien vor, die ihren Wirt wechseln (die Besiedelung eines Hundes ist eine ganz andere als die von Menschen). Immerhin stecken Hunde ihre Nase in jeden Hundehaufen. Fressen Kot. Oder benutzte Taschentücher. Lecken ihre eigenen Genitalien. Nicht wirklich schön. Aber auch gefährlich?
Überraschenderweise kaum! Überraschend, weil sie potentiell sehr gefährliche Keime übertragen können. Capnocytophaga canimorsus etwa. Dieses Stäbchenbakterium (das auch Katzen im Maul haben können, obwohl „canimorsus“ wörtlich Hundebiss heißt) ist besonders für ältere Menschen gefährlich. Für Immungeschwächte. Für Alkoholiker. Aber – und das ist das Entscheidende: Beim Lecken oder Küssen werden sie fast nie zum Problem: Das menschliche Immunsystem wird mit den Keimen auf der Haut oder im Mund offenbar fertig.
Keime dürfen nicht ins Blut kommen
Riskanter ist es, wenn die Keime unter die Haut oder in die Blutbahn kommen. Und das tun sie, wenn Hund oder Katze beißen. Tun sie nie, sagen Hundebesitzer, weil sie von der Gutmütigkeit ihrer Tiere überzeugt sind. Und schon gar nicht beißen sie die Hand, die sie füttert – also Frauchen, Herrchen oder deren Familie.
Tun sie doch. In einer älteren Studie hatte man weit über 1000 Fälle untersucht, in denen Kinder gebissen worden waren. In vier von zehn Fällen war es eben doch der Familienhund, der zugebissen hatte. „Normalerweise“ beißen Hunde in Hand oder Wade, und so ist es auch bei Erwachsenen. Aber bei Kindern, vor allem bei kleinen Kindern, können sie auch in Nacken oder Gesicht beißen. Das ist dann nicht nur ein immunologisches und chirurgisches Problem. Sondern auch ein psychologisches.
Alles in allem machen Hunde gesund
Was tun? Statt den Hund auszusperren, sollte man ihn als das behandeln, was er sowieso längst ist: als ein Familienmitglied. Man sollte ihn konsequent erziehen, was auch Bisse unwahrscheinlicher macht. Man sollte ihn impfen. Man sollte seine Zähne putzen (kein Scherz). All das macht den Umgang mit dem Familienhund sicherer. Denn grundsätzlich ist der Umgang mit Hunden gut. Es gibt zahlreiche Studien, die etwa beweisen, dass Kinder, die mit Haustieren aufwachsen, seltener Allergien bekommen. Dass sie sich seltener infizieren (was mit einem „trainierteren“ Immunsystem erklärt werden dürfte). Von den unvermeidlichen regelmäßigen Spaziergängen zum „Gassigehen“ gar nicht zu reden.
Hinzu kommt, dass der Umgang mit einem Hund eben auch Einsamkeit lindert. Indirekt, weil man beim Gassigehen ständig angesprochen wird und neue Menschen kennenlernt. Direkt, weil zwischen Hund und Herrchen emotionale Verbindungen entstehen – intensiver als mit anderen Haustieren. Trotz aller Bakterien: Hunde sind gesund!