In einer neuen Serie besprechen wir mit Masih Samin häufige Probleme mit Hunden. Schreiben Sie uns, was Sie umtreibt.
„Im Grunde bin ich ein Paartherapeut“Wie der Kölner Masih Samin Probleme zwischen Mensch und Hund löst
Im Grunde sind Hunde auch nur Menschen. Vielleicht sogar die besseren, denn sie sind ehrlich und klar. Damit eine Beziehung zwischen Mensch und Hund entsteht, sollte auch der Zweibeiner ehrlich und klar sein. Denn Kommunikation ist alles, um eine gute Bindung zwischen Tier und Mensch herzustellen. Das funktioniert nicht immer und es kommt zu Problemen. In diesen Fällen kann der Hunde-Verhaltenstherapeut Masih Samin helfen, der sich als Dolmetscher zwischen Hund und Mensch betrachtet.
„Für mich war es immer schon einfacher, Hunde zu verstehen als Menschen“
Schon als Kind hatte er eine besondere Verbindung zu Hunden. Er ist 1987 in Kabul geboren, hat dort sechs Jahre lang gelebt und kam dann mit seiner Familie über Pakistan und Russland nach Köln. „In Kabul gab es viele Straßenhunde, zu denen ich mich schon immer hingezogen gefühlt habe“, erzählt er. In der neuen Heimat Deutschland seien die Tiere für ihn noch wichtiger geworden: „Hunde sind sehr klar in dem, was sie tun. Für mich war es immer schon einfacher, Hunde zu verstehen als Menschen. Auf meiner Reise habe ich einige Kulturen kennengelernt, in denen viel geredet und wenig gesagt wird. Das hat mich als Kind sehr irritiert und ich habe vieles als missverständliche Botschaften wahrgenommen.“
Als Verhaltenstherapeut möchte er eine Brücke zwischen Hund und Mensch sein und dabei helfen, das Verhalten der Tiere besser zu verstehen. Seine Klienten kommen mit konkreten Problemen zu ihm, die sie als störend im Zusammenleben mit dem Hund empfinden, beispielsweise Ziehen an der Leine, Bellen in der Wohnung oder Aggressionen anderen Hunden gegenüber. Masih lässt sich das Problem genau erklären und beobachtet Mensch und Tier eine Weile im Alltag, um einen umfassenden Eindruck zu bekommen. „Ich will alles verstehen. Dann versuche ich zu erklären, warum der Hund sich so verhält und was dahinter steckt. Ich will die Ursache des Verhaltens finden, das der Mensch als störend empfindet“, erzählt er. Ziel ist es, auf diese Weise die unerwünschten Handlungen des Hundes nicht bloß zu unterdrücken, sondern die Gründe dafür zu beheben.
„Der Hund ist ein Spiegel seines Menschen“
Damit das gelingt, wird nicht nur der Hund, sondern auch der Mensch genau angesehen. „Ich frage meine Klienten, wer sie sind, was sie ausmacht, was ihre Stärken und Schwächen sind und was sie beschäftigt. Ich möchte erfahren, was sie für ein Typ sind“, sagt Masih. Aus all diesen Informationen erstellt er dann einen individuellen Plan, mit dem die Bindung und Kommunikation zwischen Mensch und Hund besser werden soll. „Im Grunde bin ich ein Paartherapeut“, sagt Masih und lacht. „Viele Menschen stören sich am Verhalten ihres Hundes, wenn es ihnen nicht in den Alltag passt. Dass der Hund ein Spiegel seines Menschen ist und sein Verhalten mit den Entscheidungen zusammenhängt, die der Mensch trifft, wollen viele nicht hören. Sie wollen keine Verantwortung übernehmen, sondern nur, dass der Hund funktioniert“, hat er festgestellt. Sein Appell: „Ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich dieser Verantwortung bewusst sind, bevor sie sich einen Hund holen.“
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Hund und Mensch können für Masih als Team nur dann gut funktionieren, wenn die Kommunikation zwischen ihnen stimmt. „Die Beziehung zum Hund muss wie jede andere Beziehung auch gepflegt werden. Damit das gelingt, muss man sich gegenseitig verstehen“, ist er überzeugt. Dafür müssten Menschen erst lernen, die Sprache der Hunde zu verstehen und ihnen im Umkehrschluss die Welt ins ‚Hündische‘ zu übertragen. „Tun wir das nicht gewissenhaft genug, können sich rasch einige Probleme entwickeln. Fast jedes Problem lässt sich auf ein kommunikatives Missverständnis zurückführen“, schreibt er in seinem Buch „Sei höflich zu deinem Hund. Kommunikation auf Augenhöhe“ (GU-Verlag, 192 Seiten, 19,99 Euro).
„Alles, was man sich für eine zwischenmenschliche Bindung wünscht, gilt auch für die Beziehung zum Hund“
Er glaubt daran, dass jeder Hund sein Verhalten verändern kann, wenn Bindung und Kommunikation mit dem Menschen stimmen. Dass das funktioniert, hat er selbst mit seiner Kangalhündin „Mädchen“ erlebt. „Als sie als Fundhund zu mir kam, war sie sehr aggressiv. Es hat sehr viel Zeit und Arbeit gekostet, zu ihr eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Heute ist unsere Verbindung so stark, wie ich es noch nie zuvor mit einem Hund erlebt habe. Seither begleitet sie mich überall hin, hilft mir in der Therapie mit Artgenossen und ist für andere Hunde eine große Stütze“, so Masih. Eine so intensive Bindung könne nur entstehen, wenn der Mensch bereit sei, sich wirklich auf den Hund einzulassen und sein Verhalten zu verstehen. Außerdem brauche es Zeit und Vertrauen. Er sagt: „Alles, was man sich für eine zwischenmenschliche Bindung wünscht, gilt auch für die Beziehung und Bindung zu seinem Hund.“
„Mädchen“ ist nicht Samins einzige Hündin, mittlerweile lebt er mit insgesamt sechs Hunden und zwei Katern in der Nähe von Köln. Er beschreibt sich als sehr sensibel und habe sich als Kind und Jugendlicher häufig überfordert und ohnmächtig gefühlt. Diese innere Unruhe legte sich erst, als mit Anfang 20 Hündin „Lisel“ und schließlich weitere Hunde in sein Leben kamen. Er führte zunächst die Hunde von anderen spazieren, engagierte sich im Tierschutz und in einer Pflegestelle für schwer erziehbare Hunde und studierte schließlich die Verhaltenspsychologie von Hunden in Limburg. Heute arbeitet er deutschlandweit als Hunde-Verhaltenstherapeut, gibt Seminare, ist als Hundeprofi in verschiedenen TV-Shows aufgetreten und geht ab Frühjahr 2024 mit seiner Show „Sei höflich zu deinem Hund“ auf Tour.
„Die Hunde geben mir absolute Ruhe“
„Ich hatte das Gefühl, dass ich das mit Hunden um mich herum meine Unruhe und mein ganzes Leben besser steuern kann. Die Hunde geben mir absolute Ruhe, so als wäre ich in einem meditativen Zustand“, erklärt er. Dass einige Menschen vor allem wollen, dass ihre Tiere gehorchen, macht ihn wütend: „Ich verstehe nicht, warum wir aus einer so wunderbaren sozialen Sache wie der Beziehung zum Hund etwas so Plumpes gemacht haben wie Übungen und Dressur. Diese Tiere sind so viel mehr wert. Wir sprechen ihnen ihre hohe Intelligenz und das soziale Verständnis einfach ab.“
Zum Weiterlesen: Masih Samin: Stadt-Wölfe: Wie wir der Natur unserer Hunde in der modernen Welt gerecht werden, GU-Verlag, 208 Seiten, 19,99 Euro | Masih Samin: Sei höflich zu deinem Hund. Kommunikation auf Augenhöhe, GU-Verlag, 192 Seiten, 19,99 Eurowww.masih.samin.de, Instagram: @the.dog.one