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Wort zum SonntagDie Erde ist kein Paradies mehr – der „gute Hirte“ ist bewaffnet

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Lämmchen

Symbolbild 

Den „Sonntag vom guten Hirten“ feiern Christen am 4. Sonntag der Osterzeit. Manche mögen dabei an süßliche Bilder über den Ehebetten vergangener Generationen denken: Ein Jesus-Hirte im Nazarenerstil in wallenden Gewändern mit langen Haaren trägt ein sanftes Lämmlein auf den Armen. Viele solcher Bilder sind in den Kriegen der Jahrhunderte zerbrochen oder danach ausrangiert worden; nicht nur in den Wohnungen, sondern auch in den Herzen der Menschen. Denn so behütet ist das Leben wohl nicht!

Andere denken vielleicht aber immer noch gerne an den Hirtenpsalm (Ps. 23). Da wird der gute Hirte beschrieben, der seine Herde begleitet, weidet und zu den Wasserquellen führt. Er geht mit auch durch dunkle Tiefen. Sein „Stecken und Stab“ geben Trost und Zuversicht (Ps. 23,4).

Der gute Hirte ist bewaffnet

Doch selbst wenn es sich zunächst so anhört, ist dies keine Idylle. Das Bild erzählt vielmehr von der Mühe des Hirten, seine Herde zu begleiten, oft über weite Strecken. Darum braucht er einen Wanderstab, um sich selbst zu stützen. Der Stecken, das zweite Hilfsmittel des Hirten, ist sogar ein Schlagstock. Er erinnert an der Notwendigkeit, die Tiere auch gegen Feinde zu verteidigen. Dieser gute Hirte ist bewaffnet, um Raubtiere in die Flucht zu schlagen.

Die Beter dieses Psalms kennen offenbar die Realität des Lebens. Die Erde ist kein Paradies mehr. Es gibt Durststrecken, die durchzustehen sind, und Gefahren, gegen die man gewappnet sein muss.

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Der Jesus des Johannesevangeliums hat dieses Hirtenbild für sich übernommen und behauptet sogar, dass niemand seine Schafe seiner Hand entreißen kann. Er hat selbst durch seine Worte und den Einsatz seines Lebens den Kampf gegen Lüge, Unrecht und Tod aufgenommen und gesiegt.

Das jedenfalls glauben Christen, und darum gibt es für sie durchaus eine Pflicht zur Verteidigung der Schwachen und das Recht zum Widerstand (Apg.5, 29b). Einem Gewalttätigen die Stirn zu bieten ist ja vielleicht auch eine Form, nicht zu fliehen, sondern „die andere Wange hinzuhalten“.