Das Wort zum SonntagEinfach zuhören ist alles andere als einfach
Bonn – Der Japaner Shoji Morimoto hat einen Traumjob: er lässt sich mieten, tut dafür aber nichts. Alles, was er mit seinen Kunden anbietet, ist, mit diesen zu essen, zu trinken, ihnen still zuzuhören. Nur dann, wenn er konkret befragt wird, redet er.
Dennoch wird Morimoto, den seine Kunden über den grünen Klee loben, mit Mietanfragen geradezu überschüttet, berichtet der Nachrichtendienst „Sumikai“ von Shihan Media in Köln. Ein nicht alltäglicher Job, wenngleich Escort-Dienste (auch der reinen Geselligkeit wegen) in Japan lange Tradition haben. Anfangs bot Morimoto seine „Arbeitskraft “ kostenfrei an. Mittlerweile kassiert er pro Einsatz knapp 80 Euro.
Auch an den aktuellen Symptomen unserer Zivilgesellschaft, wie Einsamkeit, stressiges Leben oder schwer zu bewältigende sensible Alltagssituationen, lässt sich verdienen. Den Christen dürfte Morimotos Geschichte bekannt vorkommen. Auch Gott wird ständig aufgefordert, zuzuhören und in ausweglos scheinenden Situationen helfend zur Seite zu stehen. Gerade in Notzeiten kann sich Gott vor Anfragen kaum retten.
Aber auch Gott schweigt, wie Shoji Morimoto. Nur ist dieser leibhaftig, greifbar, Gott aber nicht. Der ist nur „indirekt “ erfahrbar. Er „ist da“: in unserer Vorstellung und Interpretation, in unseren unbeholfenen Versuchen, ihm im Reden irgendwie nahe zu kommen, so wie Shoji Morimoto es erfährt.
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Was hingegen tut Gott? Ist die alte Redensart doch nicht so ganz von der Hand zu weisen, die sagt: hilf dir selbst, dann hilft dir Gott? Ist Gott etwa nur Partner der Erfolgreichen, wie es bestimmte Ethikentwürfe propagieren? Shoji Morimoto ist nicht Gott. Vielleicht ist er aber ein Fingerzeig für diesen Gott, der schweigend und hoffentlich doch helfend in unsere Zeit eingreift, in der das Liebenkönnen, die Caritas, nach dem Hl. Augustinus Inbegriff christlicher Ethik, im Geschützdonner kämpfender Militärs unterzugehen droht.