Was bleibt von der Queen?Das Erbe von Königin Elizabeths II. für die Frauen weltweit
London – Als die acht Enkel Königin Elizabeths II. ihren Sarg umringen, wird es in der Westminster Hall still. William und Harry stehen in Militäruniformen an Kopf und Fuß. An den Seiten stellen sich die Kinder von Prinzessin Anne, Zara Tindall und Peter Phillips, sowie die Töchter von Prinz Andrew, Beatrice und Eugenie, auf. Auch Lady Louise und Viscount Severn, die Kinder von Prinz Edward, nehmen am Samstag an dem zeremoniellen Abschied von ihrer „Grannie“ teil.
Live im TV
Viele Fernsehsender übertragen heute das Staatsbegräbnis live. Das Erste berichtet von 9 bis 17 Uhr über die Trauerfeier. Um 20.15 Uhr folgt eine Zusammenfassung. Das Zweite zeigt ab 9.03 Uhr eine Sondersendung, die bis 18.05 Uhr geht. Um 19.25 gibt es ein weiteres „ZDF spezial“. Bei RTL folgt auf die Live-Übertragung von 9 bis 15 Uhr ein „Exclusiv Spezial“ (15 bis 17.30 Uhr). Sat.1 verlängert das Frühstücksfernsehen bis 11 Uhr, danach startet die Live-Berichterstattung. Um 18 Uhr strahlt der Sender den Film „Die Queen“ mit Helen Mirren aus. (dpa)
Tags zuvor hatten bereits die vier Kinder der Queen die gleiche Mahnwache am Sarg ihrer verstorbenen Mutter gehalten. Ein Youtube-Kanal der BBC übertrug die Bilder aus dem Parlament am Wochenende ununterbrochen, 24 Stunden am Tag. Heute nun wird Elizabeth II. in der Kathedrale Westminster Abbey beerdigt. Millionen Menschen werden zuschauen.
Regentschaft der Queen als Medien-Monarchie
Dass die Zeremonie in Angedenken an die Monarchin weltweit und überall zu sehen sein wird, geht zweifelsohne auf sie selbst zurück. Schließlich beschloss die Königin im Jahr 1953, dass ihre Krönung, die ebenfalls in der Kathedrale von Westminster Abbey stattfand, im Fernsehen übertragen werden sollte – als weltweit erstes Großereignis dieser Art.
Damit setzte sie sich gegen den damaligen Premierminister Winston Churchill durch. Er war davon überzeugt, dass dies eine heilige Zeremonie sei, die man nicht filmen solle. Die junge Königin sah dies anders und prägte damit ihre Regentschaft als Medien-Monarchie, bis heute.
Mithilfe des Fernsehens, insbesondere des öffentlich-rechtlichen Senders BBC, öffnete sie das Königshaus nicht nur für Britinnen und Briten, sondern für Menschen auf der ganzen Welt. Weil Ansprachen, Staatsbesuche und Reisen sichtbar wurden, sie sich medienwirksam bejubeln ließ oder öffentlichkeitswirksam einen ernsten Ton anschlug, nahm sie subtil Einfluss auf Politik und Gesellschaft. So konsolidierte die Queen nicht nur das Vereinigte Königreich, sondern lange Zeit auch das Commonwealth.
Mediale Auftritte der Königin waren wichtigte Ereignisse
Dabei war nicht nur wichtig, dass, sondern auch wo sie sich zeigte: „Ihre mediale Anwesenheit vermittelte, dass ein wichtiges Ereignis stattfand“, betont die Medienwissenschaftlerin Katerina Girginova. Damit wurden Werte und Traditionen betont.
Wie geht es weiter mit der Monarchie in Großbritannien?
Die Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger zweifelt daran, dass die Monarchie in Großbritannien nach dem Tod von Elizabeth II. noch längere Zeit besteht. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte die Professorin für die Geschichte der Frühen Neuzeit: „Charles hat nicht die Qualitäten seiner Mutter.“ Zudem verkörperten seine Söhne die Institution der Monarchie nicht mehr im klassischen Sinne.
„Die Prinzen und ihre Frauen inszenieren sich nicht wesentlich anders als andere Prominente. Vor allem Harry und Meghan unterscheiden sich in ihrer kommerziellen PR kaum von anderen ,Influencern‘“, sagte Stollberg-Rilinger. Theoretisch könnten sie auch Fußballstars sein – „nur dass sie nicht etwas außerordentlich gut können“. Hinzu kämen historische Lasten. „Ich würde mich nicht wundern, wenn die veränderte Sicht auf Kolonialismus und Imperialismus dazu führte, dass die Briten ihre Monarchie in der näheren Zukunft abschaffen“, sagte die Historikerin.
Mit Blick auf das Begräbnis der Königin sagte Stollberg-Rilinger, ein solches Ritual habe auch die Funktion, den Nachfolger symbolisch zu legitimieren. „Ein Monarch wird verabschiedet, aber ein neuer sogleich begrüßt. Die individuellen Personen wechseln, aber die Institution der Monarchie bleibt bestehen. Ob das in diesem Fall gelingt, daran kann man allerdings zweifeln“, so die Professorin. (ew)
Ein Beispiel war die jährliche Weihnachtsansprache der Queen in der BBC. Vor dem Weihnachtsbaum sitzend, wandte sie sich an jede einzelne Familie und wurde so ein wesentlicher Bestandteil des christlichen Fests. Eine Tradition, die ihr Sohn, König Charles III., sicherlich fortführen wird.
Elizabeths II. „schnitzte sich ihre Rolle“
Dass sie eine Königin war, die vor den Augen der Welt zum Staatsoberhaupt wurde, hatte auch gesellschaftliche Folgen. Viele Frauen verbanden damit die Aussicht auf eine bessere Zukunft mit mehr Rechten, betonte die Autorin Rachel Cooke in der Zeitung „The Guardian“.
Charles’ Frau Camilla berichtete am Samstagabend in der BBC, wie ihre Schwiegermutter über viele Jahre aus der „schwierigen Position“ einer „einsamen Frau“ in einer von Männern dominierten Welt ihre eigene Rolle herausgearbeitet habe. Als sie ihr Amt antrat, habe es „keine weiblichen Premierminister oder Präsidenten gegeben. Sie war die einzige, also denke ich, dass sie sich ihre eigene Rolle geschnitzt hat“.
Präsenz der Queen normailiserte Frauen in mächtigen Rollen
Die Präsenz der Queen hatte gesellschaftlichen Einfluss darauf, wie Frauen wahrgenommen wurden. Der Journalist und Radiomoderator Andrew Marr sagte kürzlich, dass sie es normalisiert habe, Frauen in einer mächtigen Rolle zu sehen. Und so kann man Cooke zufolge die britische Monarchin durchaus als eine Wegbereiterin für die feministische Bewegung der 60er- und 70er-Jahre verstehen.
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Nun wäre es Experten zufolge übertrieben, die Queen als Feministin zu beschreiben. Allerdings gibt es Anekdoten, die trotz aller politischen Zurückhaltung ihre Haltung nahelegen. So bestand sie im Jahr 1998 darauf, den damaligen saudi-arabischen Kronprinz Abdullah über ihr Anwesen zu fahren. Dass für Frauen in Saudi-Arabien das Autofahren damals noch verboten war, dürfte ihr bekannt gewesen sein.
Die Queen prägte die Gesellschaft durch ihre Präsenz. Wenn heute Milliarden Menschen den Fernseher einschalten, um ihre Trauerfeier zu sehen, tut sie es über ihren Tod hinaus.