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Kommentar zur Zeit nach der QueenJetzt brauchen wir neue Vorbilder

Lesezeit 2 Minuten
Flagge Briten

 Eine britische Flagge auf dem Parlamentsgebäude weht auf Halbmast. 

In Deutschland gibt es seit mehr als 100 Jahren keine Monarchie mehr. Unsere Regierung dient „dem deutschen Volke“, und wir singen durchaus mit Stolz von unserer Einigkeit, unserem Recht und unserer Freiheit. Das hat seine historische und gesellschaftspolitische Richtigkeit. Und doch trauert das Land mit den Briten um seine Königin – die als Person und qua Amt für eine Gesellschaft stand, in der einem kleinen Teil das Herrschen und der großen Mehrheit nur zu dienen zugetraut wurde.

Was die Monarchie faszinierend macht

Woher kommt also die Faszination der Deutschen und in weiten Teilen der westlichen Welt für die Monarchie? Sie entsteht, weil die Menschen in einer immer komplexer werdenden Welt nach Konstanten suchen, nach Persönlichkeiten, auf die sie sich verlassen können, weil sie wissen, was sie von ihnen zu erwarten haben.

In der Welt jagt eine Krise die andere, auf die Finanzkrise folgte die Flüchtlingskrise und darauf dann die Corona-Krise. Diese war noch nicht ausgestanden, da zog Russland gegen die Ukraine in den Krieg, die USA und China rasseln mit den Säbeln, und über allem schwebt die Klima-Krise.

Queen als Musterbild der Verlässlichkeit

In all dem Durcheinander war die Queen immer ein Musterbild der Verlässlichkeit. Bei ihr wusste man immer, was man von ihr erwarten konnte, sie hielt sich stets ans Protokoll. Von der Perlenkette bis zur Rede waren ihre Auftritte streng durchchoreografiert. Und gleichzeitig – schon fast paradox – war sie Mutter, Oma und Uroma mit Sorgen und Nöten, die jeder Mann und jede Frau aus dem Volke nachvollziehen konnte. Unvergesslich bleiben ihr britischer Humor und ihre Empathie, unabhängig von Rang, Stellung und Alter.

Für mindestens drei Generationen war Elizabeth „The Queen“. Wenn man von ihr sprach, kam kein Zweifel daran auf, ob nicht doch Beatrix aus den Niederlanden oder Margarethe von Dänemark gemeint gewesen sein könnten.

Elizabeth, ihre Kinder und Enkel anzuhimmeln war fast, wie eine Schneekugel zu schütteln. Es erzeugte dieses wohlig-warme Gefühl der Vertrautheit und ließ uns an eine heile Welt glauben. Aber das Bild ist natürlich auch verzerrt. Hinter der gepflegten Fassade war auch Elizabeth, sind ihre Kinder und Enkel nur Menschen. So wie alle Königsfamilien. Auch wenn keine von ihnen mehr nennenswerte Macht hat: Es ist gut, dass die Monarchie in Deutschland Geschichte ist. Unsere Welt ist heute eine andere. Deshalb sollten wir uns nun, da Elizabeth nicht mehr ist, nach neuen Vorbildern umsehen. Vorbildern, die mutig vorangehen und unsere Welt mitgestalten, anstatt dem Erwartbaren zu folgen.