Es wird langsam spannend in der katholischen Kirche, denn ihr Reformprozess nähert sich dem Höhepunkt. Vor der entscheidenden Tagung in Frankfurt sind die Bischöfe nun in Dresden zusammen - und dort gibt es schwere „Verstörungen“.
Krach mit Papst, Druck von GläubigenWarum das Frühjahrstreffen der Bischöfe schwierig wird
Die Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz sehen wahrlich nicht aus wie Revolutionäre. Lauter ältere Herren mit Spiegelglatzen oder silbernen Klappscheiteln. Und doch wird diese Riege im Vatikan seit einiger Zeit mit äußerstem Misstrauen beäugt. Nicht wenige Mitglieder der römischen Kurie – der Zentralverwaltung der katholischen Weltkirche – trauen den deutschen Glaubensbrüdern zu, es auf die zweite Kirchenspaltung nach Martin Luther anzulegen.
Ihre Frühjahrsvollversammlung, die seit gestern und noch bis Donnerstag in Dresden stattfindet, hat es deshalb auch in sich. In den nicht öffentlichen Sitzungen müssen sich die deutschen Oberhirten nach Möglichkeit auf eine gemeinsame Linie verständigen, um wenigstens nach außen hin Geschlossenheit zu demonstrieren.
Ursache für die Entzweiung mit Rom ist der sogenannte Synodale Weg, der seit 2019 laufende Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland. Die Bischöfe hatten diesen Prozess gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken – der Vertretung der Nicht-Kleriker – angestoßen, um auf den Missbrauchsskandal in der Kirche zu reagieren.
Strukturen aufbrechen
Wissenschaftler haben vielfach darauf hingewiesen, dass es in der Kirche Strukturen gibt, die sexuellen Missbrauch begünstigen. Dazu gehören der extrem hierarchische Aufbau, die Machtkonzentration in den Händen Weniger, die Überhöhung der Priester als Mittler zwischen Gott und den Menschen, die lange praktizierte Verteufelung von Homosexualität und die strukturelle Diskriminierung von Frauen.
Im Zuge des Synodalen Wegs haben die deutschen Katholiken etwas aufgebaut, was der konservative Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki einmal besorgt als „protestantisches Kirchenparlament“ bezeichnet hat: die regelmäßig in Frankfurt zusammentretende Synodalversammlung, in der über alle Reformpläne in erster und zweiter Lesung abgestimmt wird. Die Teilnehmer kommen aus allen Bereichen des katholischen Lebens. Es ist ein echter Schritt hin zu einer Demokratisierung der Kirche – wobei die Bischöfe immer noch das letzte Wort haben, weil sie alle Änderungen mit Zwei-Drittel-Mehrheit absegnen müssen.
Die Synodalversammlung tritt das nächste Mal am 9. März in Frankfurt zusammen, und dieses Ereignis ist inoffiziell das wichtigste Thema des Bischofstreffens in Dresden. Man kann davon ausgehen, dass die Oberhirten hinter verschlossenen Türen ein Meinungsbild erstellen werden: Wer wird in Frankfurt wohl wie abstimmen? Bei der letzten Versammlung im September war ein grundlegender Text zur Sexualmoral an den Bischöfen gescheitert, was kurzzeitig eine schwere Krise ausgelöst hatte. „Die Bischöfe werden auf ihrer Vollversammlung versuchen, die Reihen zu schließen und sich positiv zu den noch zu verabschiedenden Papieren zu verhalten“, erwartet der Kirchenrechtler Thomas Schüller.
Mitbestimmung ist nicht erwünscht
Dem Vatikan ist die ganze Initiative suspekt. Dass Mitbestimmung normaler Gläubiger, zumindest in wesentlichen Punkten, in der Kirche nicht vorgesehen ist, haben der Papst und seine Regierung – die Kurie – den Deutschen in den vergangenen Jahren immer wieder ins Stammbuch geschrieben. Erst waren die Botschaften noch sehr blumig und allgemein formuliert. Das führte aber dazu, dass die Reformer die Erklärungen einfach in ihrem Sinne uminterpretierten. Später wurden die Ermahnungen aus Rom immer strenger, bis sie zuletzt geradezu schroff klangen. Als sich die deutschen Bischöfe im November geschlossen zu einem alle paar Jahre stattfindenden Besuch im Vatikan einfanden, wurden sie von Papst Franziskus brüskiert, indem er zu einem zweiten anberaumten Gespräch gar nicht erst erschien. Es blieb bei einem einzigen Zusammentreffen.
Die Bischöfe befinden sich jetzt in der wohl schwierigsten Lage seit Jahrzehnten: Die ganz überwiegende Mehrheit der Gläubigen – das zeigen repräsentative Umfragen immer wieder – drängt auf Reformen. Sie wollen Frauen als Priester, eine Abschaffung des Pflichtzölibats für Priester, den Segen für homosexuelle Paare. Aber gleichzeitig sendet der Papst die Botschaft: Brüder, das wird nichts.
Dazu kommt noch, dass mehrere Konservative unter den deutschen Bischöfen ständig im Vatikan intervenieren und Stimmung gegen die geplante Erneuerung machen. „Wie kleine Kinder“ seien sie kürzlich zu Papa Papst gelaufen, um sich rückzuversichern, kritisiert Schüller. „Unkollegial und intrigant“ sei das gewesen. So ist auch das Verhältnis der Bischöfe untereinander belastet. Frühlingsgefühle dürften in Dresden kaum aufkommen. (dpa)