Rundschau-Debatte des TagesIst die Besteuerung von Dienstwagen unfair?
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Die Grünen laufen Sturm gegen das sogenannte Dienstwagenprivileg und fordern gravierende Änderungen.
Die FDP hält das für unnötig. Worum geht es in der Debatte?
Berlin – Die Grünen haben Bauchschmerzen mit der pauschalen Besteuerung von Dienstwagen, die sie in vielen Fällen für Spritfresser halten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kann dagegen kein Privileg erkennen, er spricht von einer Steuer-Vereinfachung. So weit, so bekannt. Jetzt aber haben die Grünen als Kompromiss vorgeschlagen, die pauschale Besteuerung stärker an den CO2 -Ausstoß des Fahrzeugs zu koppeln – und so Zusatzeinnahmen zu generieren, mit denen etwa ein Nachfolger für das 9-Euro-Ticket bezahlt werden könnte. Der koalitionsinterne Streit um die Dienstwagen ist seitdem neu entbrannt. Worum genau gestritten wird:
Wie sehen die Regelungen aktuell aus?
Wer seinen Firmenwagen auch privat nutzt, hat einen geldwerten Vorteil, der versteuert werden muss. Wer kein Fahrtenbuch führen will, kann die Ein-Prozent-Regel nutzen. Für jeden Monat setzt man dabei ein Prozent des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs an. Fährt man einen Dienstwagen mit Listenpreis 50000 Euro, beträgt der geldwerte Vorteil 500 Euro pro Monat. Auf diesen Betrag zahlt man dann Steuern. Steuerlich bessergestellt werden Elektroautos. Bei reinen E-Fahrzeugen, die nicht teurer als 60000 Euro sind, müssen nur 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises angesetzt werden. Für teurere Elektroautos und Plug-in-Hybride sind es 0,5 Prozent. Unternehmen können den Kauf von Dienstwagen zudem von der Steuer absetzen.
Warum gibt es Kritik an der Regelung?
Das Umweltbundesamt sieht in der Regelung eine umweltschädliche Subvention. Der geldwerte Vorteil sei vielfach höher als ein Prozent, heißt es in einer Analyse. Zumal das Tanken oft der Arbeitgeber bezahlt. Die steuerlichen Vergünstigungen für Dienstwagen verringerten zudem den Anreiz, öffentliche Verkehrsmittel zu verwenden. Bezogen auf 2018 und die damals geltende Regelung, ergebe sich eine Subventionierung von mindestens 3,1 Milliarden Euro. Dieses Geld würden die Grünen lieber zur Finanzierung eines günstigen Nahverkehrstickets nutzen.
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Der ökologische Verkehrsclub Deutschland hält die pauschale Besteuerung für veraltet und spricht von einem enormen Steuerprivileg. „Es profitieren davon vor allem Besserverdienende. Ein Dienstwagen ist viel günstiger, als wenn man ihn sich privat kaufen würde“, sagt Experte Michael Müller-Görnert.
Was sagen die Befürworter der Pauschalbesteuerung?
Finanzminister Lindner verweist auf Studien und Rechtsprechung, nach denen die pauschale Besteuerung keinen Steuervorteil mit sich bringe. Es handele sich vor allem um eine steuerliche Vereinfachung, die es den Nutzern erspare, ein Fahrtenbuch zu führen. Würde die Regelung abgeschafft, kämen für den Staat keine nennenswerten Mehreinnahmen raus.
Dienstwagenregel wichtig für deutsche Autoindustrie
Befürworter der bisherigen Regelung weisen auf die große Bedeutung für die deutsche Automobilindustrie hin. Firmen- und Dienstwagen würden zu großen Teilen in Deutschland produziert, sagt der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. Damit verbunden sei eine erhebliche Wertschöpfung bei Zulieferern und Autobauern in Deutschland.
Firmenwagen sind auch dem Verband der Automobilindustrie zufolge für die Hersteller wichtig. Der deutsche Marktanteil habe bei Dienstwagen im Vorjahr 82 Prozent betragen, im Gesamtmarkt nur 68 Prozent. Etwas mehr als jeder dritte neu zugelassene Pkw 2021 war ein Dienstwagen. Dabei gilt: Je teurer ein Auto, desto höher ist der Anteil der Firmenwagen. Doch mehr als 48 Prozent der neu zugelassenen Firmenwagen waren laut VDA auch Kleinst- und Kleinwagen, Mini-Vans und Fahrzeuge aus der Kompakt- und Mittelklasse. (dpa)
Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) hält die bisherige Regelung für sinnvoll. „Weil es für Unternehmen und Mitarbeiter attraktiv ist, regelmäßig neue Fahrzeuge zu bestellen, gehen diese wenige Jahre später als Gebrauchtwagen in den Markt“, so VDA-Präsidentin Hildegard Müller. „Gerade auf dem Weg in die Elektromobilität wäre es ein großer Fehler an der Dienstwagensteuer zu drehen.“ So sei der E-Anteil bei Dienstwagen 2021 mit 29 Prozent im Vergleich zum Gesamtmarkt (26 Prozent) höher gewesen.
Was schlagen die Grünen vor und was sagen die Koalitionspartner?
Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge, hat vorgeschlagen, die steuerliche Behandlung an die Emissionen zu koppeln. Das könne Anreize zum Klimaschutz setzen. „Das heißt: Je umweltfreundlicher ein Dienstwagen ist, desto besser wirkt sich das für Unternehmen und Mitarbeitende aus“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Lindner reagierte und betonte: Die Klimawirkung werde ja bereits berücksichtigt, denn Hybrid- und Elektroautos würden gefördert. Die SPD hält sich in dem Streit bisher auffallend zurück. (dpa)