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Querschnittsgelähmt seit 25 JahrenDrei Schüsse veränderten Wolfgang Schäubles Leben

Lesezeit 2 Minuten

Der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) fährt knapp sechs Wochen nach dem Attentat auf ihn vom 12. Oktober 1990 in der Rehabilitationsklinik Langensteinbach bei Karlsruhe mit dem Rollstuhl zu einer Pressekonferenz, rechts steht Professor Jürgen Harms (Archivfoto vom 22.11.1990).

Oppenau – Es sind drei Schüsse, die das Leben von Wolfgang Schäuble unumkehrbar verändern. Vor 25 Jahren, am 12. Oktober 1990, wird der CDU-Politiker und damalige Bundesinnenminister Opfer eines Attentats. Schäuble ist seither querschnittsgelähmt und an den Rollstuhl gefesselt.

"Ich spüre meine Beine nicht mehr." Der Satz des am Boden liegenden Ministers brennt sich jenen, die damals dabei waren, ins Gedächtnis ein. Schäubles älteste Tochter, die Sekunden nach den Schüssen den Raum betritt, ist sich zu diesem Zeitpunkt sicher, dass ihr Vater tot ist, wie sie später erzählt.

Drei Schüsse verändern das Leben

Schäuble wird durch den Mordanschlag lebensgefährlich verletzt. Er überlebt. Heute ist er 73, Bundesfinanzminister und einer der mächtigsten Politiker Deutschlands. Das Attentat, wenige Tage nach der Deutschen Einheit, schreckt damals die Republik auf. Es ereignet sich im Schwarzwaldort Oppenau, Schäubles Heimat und Wahlkreis. "Der Auftritt von Wolfgang Schäuble in Oppenau war aus polizeilicher Sicht nichts Ungewöhnliches", sagt ein Polizeibeamter. Termine in der Heimat waren für den damals 48-Jährigen Routine. Schäuble ist in der Region aufgewachsen, sitzt seit 1972 für den Wahlkreis im Bundestag.

Im "Gasthof Brauerei Bruder" hält Schäuble an diesem Abend vor 250 bis 300 Zuhörern eine Wahlkampfrede, die Bundestagswahl naht. Danach bleibt er noch eine Weile. Die Stimmung ist gut. Nur sechs Wochen zuvor hatte Schäuble den Vertrag zur Deutschen Einheit unterzeichnet - ein Höhepunkt seiner politischen Karriere, wie er später sagen wird. Der Badener Schäuble gilt als Architekt des Einheitsvertrags.

Zurück ins Leben gekämpft

Als Schäuble kurz nach 22 Uhr umringt von zahlreichen Menschen die Gaststätte verlässt, nähert sich ein 37-jähriger Mann, der bis dahin unauffällig im Publikum gesessen hatte. Am Ausgang zieht der geistig Verwirrte einen Revolver und feuert aus knapp einem halben Meter Entfernung drei Schüsse ab. Zwei davon treffen Schäuble in den Rücken und am Hals. Die dritte Kugel bohrt sich in den Körper eines Personenschützers, der sich vor den zu Boden sinkenden Schäuble wirft. Der Beamte wird von einer Kugel getroffen und verletzt.

In der Uniklinik Freiburg ringen Ärzte fünf Stunden um Schäubles Leben. Schnell wird klar, dass er nie wieder wird gehen können. Doch Schäuble gibt nicht auf. Mit eiserner Disziplin nimmt er nur wenige Monate nach dem Attentat im Rollstuhl die Amtsgeschäfte wieder auf. Gesundheitlich zugute kommt ihm, dass er sehr sportlich ist und als willensstark gilt. "Er hat ziemlich früh sein Schicksal angenommen", erinnert sich Ehefrau Ingeborg: "Es war großartig zu sehen, wie er sich zurück ins Leben kämpft." (dpa)