Nach dem Eklat in Washington gewinnt Europa als Partner der Ukraine an Bedeutung. Ein Kieler Politikwissenschaftler zählt die USA nicht mehr zu den westlichen Demokratien.
„Müssen Amerikaner ersetzen“Politologe sieht USA nicht mehr als westliche Demokratie

Laut Politikwissenschafter Joachim Krause lassen sich die USA nicht mehr als Teil der Gemeinschaft westlicher Demokratien verstehen.
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Politikwissenschaftler Joachim Krause sieht nach dem Abbruch eines Treffens von US-Präsident Donald Trump mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die USA als Partner verloren. „Die westliche Führungsmacht USA ist von der Fahne gegangen. Das muss man mal ganz deutlich sagen. Sie ist nicht mehr Teil der westlichen Gemeinschaft, der Gemeinschaft westlicher Demokratien“, sagte Krause der Deutschen Presse-Agentur. Nicht zuletzt, weil Trump und sein Vize J. Vance völlig andere Vorstellungen davon hätten, was eine Demokratie ist.
„Wir müssten versuchen, die Amerikaner zu ersetzen. Ich glaube auch nicht, dass es viel Sinn macht, noch groß in Washington zu betteln“, sagte der Direktor am Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK). Aus seiner Sicht ist eine Entscheidung in den USA gefallen. „Es wird keine große Militärhilfe mehr geben und entscheidend ist vielleicht auch noch, ob die amerikanische Regierung das Starlink-System abschaltet“, sagte Krause.
Entschuldigung würde nicht viel bewirken
Eine Entschuldigung von Selenskyj an Trump, die der ukrainische Präsident ablehnt, werde die schwierige Beziehung mutmaßlich nicht retten, sagte Krause. „Ich befürchte, es wird nicht viel nutzen, wenn Selenskyj jetzt zu Kreuze kriecht.“ Die Situation sei zu verfahren. Trump und Vance „präferieren, mit Russland normale Beziehungen zu haben, angeblich, damit man im Energiesektor besser miteinander kooperieren kann“.
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Krause geht davon aus, dass Europa die Ukraine viel stärker unterstützen muss. Die Europäer müssten auch stärker Druck auf die Ukraine ausüben, jüngere Jahrgänge einzuziehen. „Denn das Problem der schlechten Ausstattung mit Mannschaften der Ukraine ist ein selbstgemachtes Problem, weil sich Selenskyj weigert, junge Männer einzustellen in den Wehrdienst, in den Kriegsdienst, die jünger sind als 27“, sagte Krause.
Für den Ukraine-Sondergipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs in London am Sonntag sieht er zwei mögliche Szenarien: „Vermutlich werden Franzosen, Briten und andere versuchen zu sagen: „Gut, wir können noch mal schauen, was wir mit den Amerikanern irgendwie noch hinkriegen.“ Aber es kann auch durchaus sein, dass man sagt, dass diejenigen Stimmen überwiegen, die sagen: "Vergesst die Amerikaner, wir müssen sehen, dass wir das Problem der Ukraine alleine lösen, und zwar mit eigener Kraft und in Initiativen.“ (dpa)