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Kommentar zur Woelki-EntscheidungPapst spricht einen doppelten Vertrauensbeweis aus

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Papst Franziskus im Vatikan

Papst Franziskus spricht während seiner wöchentlichen Generalaudienz in der Halle Paul VI. im Vatikan. 

Köln – Massive Auseinandersetzungen um die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt, der Ruf nach „persönlichen Konsequenzen“ durch führende Geistliche des Erzbistums, breite Kritik bei Laienvertretern, schließlich vier Tage im Plenum der Bischofskonferenz ohne Gewissheit über die eigene Zukunft: Rainer Maria Kardinal Woelki ist in den letzten anderthalb Jahren durch die Vorhölle gegangen – und darf jetzt aufatmen.

Viel wichtiger als die recht milde Kritik, die der Papst übt, ist der doppelte Vertrauensbeweis, den Franziskus ausgesprochen hat. Woelki habe nicht rechtswidrig gehandelt, Vertuschungsvorwürfe seien nachweislich widerlegt: ein Freispruch, anders als im Fall des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße. Der Papst lobt Woelkis Entschlossenheit bei der Missbrauch-Bekämpfung und zählt auf ihn: So ein Einser-Zeugnis trotz schwacher Kommunikationsnote hat nicht einmal der Münchner Kardinal Reinhard Marx aus Rom bekommen, von Heße ganz zu schweigen. Kein Wunder, dass Woelki diese päpstlichen Sätze im Garten seines Kölner Hauses wiederholte.

Aber in welcher Hinsicht zählt der Papst auf ihn? Woelkis Vorgänger Joachim Kardinal Meisner liebte den Ehrentitel der Kölner Erzbischöfe als päpstliche Legaten und sah sich als Vertreter römischer Rechtgläubigkeit inmitten deutscher Wirren. Woelki ist in eine ähnliche Rolle geraten. Bei der Kommunion für Wiederverheiratete gab er sich gar päpstlicher als der Papst. Wie sehr er sich so in der Bischofskonferenz isolierte, zeigte gestern die beispiellos scharfe und unkollegiale Reaktion des Vorsitzenden Georg Bätzing, der ihn in eine Reihe mit dem gescheiterten Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst stellte. Bätzing scheint innerlich zu kochen. Woelkis Schroffheit hat aber auch stark zur Vertrauenskrise im Erzbistum beigetragen. Es spricht für ihn, dass er die Krise beim Namen nennt und mit sich selbst härter ins Gericht geht als der Papst.

Der Kardinal sollte sich bewusst machen, welcher Papst auf ihn zählt: ein Papst der Öffnung. Ein Papst, der – beispielsweise – an der unerträglichen kirchenoffiziellen Haltung zu Homosexualität etwas ändern will. Franziskus geht große Risiken ein. Brutal gesagt: Er muss aufpassen, dass seine Kirche nicht auseinanderfliegt. Deshalb braucht er Woelki. Der muss ja nicht zum progressiven Heißsporn mutieren. Gerade als Konservativer (so hat er sich selbst bezeichnet) könnte er eine ausgleichende Rolle einnehmen – inmitten seiner Bischofskollegen, inmitten seiner Gläubigen. So ein Mann könnte es sein, auf den der Papst zählt.

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