Kommentar zum JahresendeOh Wunder, die Republik lebt noch!
- Vor einem Jahr sah man viele dunklen Wolken am politischen Himmel aufziehen.
- Doch auch wenn längst nicht alles gut ist, die Republik ist noch nicht untergegangen.
- Daran sollten wir uns erinnern, um gelassener 2020 anzugehen – der Kommentar zum Jahresende.
Köln/Berlin – Der Untergang der Republik hat auch 2019 nicht stattgefunden. Den hielt man in der öffentlichen Debatte vor einem Jahr noch für durchaus denkbar: Landtagswahlen im Osten, Aufstieg der AfD, Auszehrung der Mitte, Ende der Groko und dazu zwei Volksparteien mit erheblichen Problemen, auf der linken mehr als auf der rechten. Mancher sah da schon sehr dunkle Wolken am politischen Horizont und die Aufregung war immer mal wieder groß.
Zumal immer dann, wenn es um Personalien ging. Über die diskutierte die Republik mit besonderer Hingabe. Allen voran die SPD rückte sich selbst wider besseren Wissens in den Mittelpunkt solcher Streitereien und erhob die Neuwahl von Vorsitzenden und den Abgleich der Positionen zum eigentlichen Inhalt ihrer politischen Arbeit. Dabei merkte sie gar nicht, dass da etwas als Lösung daherkam, das Teil des Problems ist.
Auch 2020 wird sicher kein ruhiges Jahr
2019 war ein unruhiges Jahr und es ist gewiss, dass auch das kommende nicht sehr viel anders sein wird. Keines der Probleme von 2019 ist wirklich gelöst – schaut man auf die großen Fragen. Das Land ist im Umbruch. Die Digitalisierung krempelt den Arbeitsmarkt um. Die Autoindustrie wandelt sich rapide. Der Fachkräftemangel macht es nötig, Menschen aus anderen Kulturen nach Deutschland zu holen.
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Wer den Wohlstand erhalten will, muss diesen Schritt gehen, der zu weiteren gesellschaftlichen Konflikten führen wird. Die Klimapolitik wird ihren Höhenflug fortsetzen, oft jenseits gesicherter Erkenntnisse über Nutzen und Folgen irgendwelcher eilig beschlossenen Maßnahmen. Wenn es nicht gelingt, den politischen Fanatismus einzudämmen, drohen der Demokratie weitere Probleme. Die Energieproblematik bleibt eine Baustelle. Amerika ist als verlässlicher Bündnispartner nicht mehr da.
Die Schwarzmaler haben auch im neuen Jahr gute Voraussetzungen. Wir werden viele hysterische Debatten erleben. Dabei zeigt doch das zurückliegende Jahr, wie stabil Deutschland letztlich ist. Nicht unverwundbar und schon gar nicht frei von Krisen. Im Gegenteil. Aber die Demokratie übersteht offenbar auch schwierige Situationen wie zuletzt nach den Wahlen in den neuen Bundesländern. Tempo ist nicht in jedem Fall ein Zeichen von Qualität. In Abwandelung eines Bonmots von Karl Kraus lässt sich das Jahr 2019 im Rückblick zusammenfassen und die Prognose für 2020 kommt in den Blick: Die Meldung vom Untergang der Republik war zutreffend, nur ein wenig verfrüht.