Mehr Gewicht für die Laien im Erzbistum Köln – oder eine faktische Entmachtung? Mit der angekündigten Reform des Diözesanpastoralrats hat Erzbischof Woelki eine Kontroverse ausgelöst. Worum geht es?
Abbild des Volkes Gottes - oder ergebenes Beratungsgremium?Kardinal Woelkis Reform des Diözesanpastoralrats löst Kritik aus
In gut einem Monat, am 11. Juli, jährt sich die Ernennung von Rainer Maria Kardinal Woelki zum Erzbischof von Köln zum zehnten Mal. Kurz vor dem Jubiläum erregt eine Entscheidung des Kardinals Aufsehen und führt zu Diskussionen: Im Diözesanpastoralrat, dem wichtigsten Beratungsgremium des Erzbischofs, soll ein Teil der Mitglieder per Losverfahren bestimmt werden. Woelki ist der erste deutsche Bischof, der diesen Weg geht – ausdrücklich nach dem Vorbild von Bürgerräten in der Politik und unter Berufung auf Erfahrungen der Weltsynode.
Konkret bedeutet Woelkis Reformankündigung: Von bisher satzungsmäßig 75 Mitgliedern soll dieser Rat in seiner nächsten Wahlperiode, also von Ende 2024 an, auf 51 schrumpfen. Zehn der 75 hatte bisher der Diözesanrat der Katholiken entsendet, das höchste Laiengremium im Erzbistum. Künftig gibt es sogar 20 Laienvertreter – aber nur noch zwei schickt der Diözesanrat, über die übrigen 18 entscheidet das Los.
Das Erzbistum erklärt dazu gegenüber der Rundschau: „Kardinal Woelki ist es wichtig, dass sich im nächsten DPR die Vielfalt des Volkes Gottes in unserem Erzbistum direkter abbildet, mehr engagierte Laien und damit weniger Kleriker und Hauptberufliche vertreten sind. Gleichzeitig sollen wichtige Gruppierungen und Berufsgruppen unseres Erzbistums weiterhin vertreten sein.“ Laienvertreter Gregor Stiels dagegen spricht von einer „gnadenlosen Veräppelung“. Er ist Vorsitzender des Kölner Katholikenausschusses, vertritt ihn im Diözesanrat und gehört dem Diözesanpastoralrat an.
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Werden Gewählte nicht anerkannt und akzeptiert?
Im Diözesanrat, das betont Stiels, säßen gewählte Laienvertreter. Dass Woelki vorrangig auf das Losverfahren setze, zeige, dass er diese Gewählten „nicht anerkennt und nicht akzeptiert“. Der in Münster lehrende Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht im Auswahlverfahren aber eine faktische Entmachtung des Diözesanrates: „Das Prinzip der Wahl, was dem synodalen Prinzip entspricht und von Papst Franziskus präferiert wird, wird hier kaltgestellt und desavouiert.“ Das Erzbistum geht dagegen davon aus, dass auch unter den 18 Gelosten überwiegend Gläubige mit Erfahrungen aus Pfarrgemeinden, Verbänden, Gruppierungen und Bewegungen sein würden, aber eben Menschen, die über die „klassischen“ Repräsentationswege nie eine Stimme im Spitzengremium erhalten hätten.
Schüller sieht weiterhini eine Dominanz der Hauptamtlichen in diesem Gremium. Der Kardinal behalte sich die Berufung weiterer Mitglieder in größerer Zahl vor – „auch hier wird ein Gremium nach dem Willen des Kardinals geschaffen“. Und wie, fragt der Kirchenrechtler, wolle sich der Erzbischof bei dem „Zufallsprinzip per Los“ vom „festen Glauben, den guten Sitten und der Klugheit“ der Mitglieder überzeugen, so wie das kirchliche Gesetzbuch es in Kanon 513 vorsieht?
Kirchrechtler spricht von „Schaufensterpolitik“
In der Tat lässt dieses Gesetzbuch dem Erzbischof weitgehend freie Hand beim Auswahlverfahren für das Gremium, das rein beratend angelegt ist (Kanon 514). Eine Selbstbindung des Erzbischofs ist nicht vorgesehen, aber auch nicht wie in anderen Bistümern (Limburg, Essen) eine Pflicht des Oberhirten, vom Ratsbeschluss abweichende Entscheidungen begründen zu müssen. Zusammengefasst, so Schüller: Auch wenn er die Verkleinerung des Gremiums an sich begrüßt, seien die Änderungen „Schaufensterpolitik“. Das Erzbistum spreche zwar von Synodalität, „im Ergebnis aber schafft sich der Kardinal ein ihm ergebenes Beratungsgremium, das nur empfiehlt, und selbst dann ist der Kardinal nicht an die Empfehlungen gebunden“.
Stiels hat schon das Verfahren der Satzungsänderung als „wenig demokratisch“ empfunden, denn der Kardinal habe es nicht mit den bisherigen Mitgliedern des Diözesanpastoralrats besprochen. Das bestreitet das Erzbistum: Woelki habe seine Vorstellungen am 13. April im Diözesanpastoralrat erläutert und verschiedenen weiteren Gremien in Videokonferenzen vorgestellt.
Im Ergebnis ändere das alles ohnehin nichts daran, wie Partizipation im Erzbistum gelebt werde – nach Stiels’ Ansicht nämlich gar nicht: „Der Kardinal entscheidet im stillen Kämmerlein allein wie ein Kurfürst, egal, wie sein Beratungsgremium aussieht.“