Köln – Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ist nach Einschätzung des in Münster lehrenden Kirchenrechtlers Thomas Schüller jetzt „Erzbischof auf Abruf“. Das Rücktrittsangebot von Woelki liegt jetzt beim Papst, der abwarten wird, wie Woelki in Köln arbeitet, wie er mit den Gläubigen zurechtkommt. Es bleibt abzuwarten, ob sie Woelki die „Chance“, um die er in dem Schreiben, in dem er auch seinen Amtsverzicht anbietet, bittet, geben.
Schüller sagte der Kölnischen Rundschau: „Woelki ist jetzt tatsächlich in einer Probezeit – so, wie Administrator Rolf Steinhäuser es erwartet hatte. Schüller verwies in diesem Zusammenhang auf den Fall des früheren Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst und das auch als Konsequenz daraus ergangene Apostolische Schreiben „Come una madre amirevole“ (Wie eine liebende Mutter) des Papstes von 2016 über den Rücktritt von Bischöfen. Neben Fehlern bei der Missbrauchsaufarbeitung und Verstößen gegen wirtschaftliche Regeln des Kirchenrechts seien nach diesem Schreiben auch pastorale Gründe für eine Amtsenthebung maßgeblich, über die dann der Papst nach Vorbereitung durch die Bischofskongregation entscheide.
Fall Woelki: Unentschiedenheit von Papst „ist eine Zumutung“
Schüller fragte allerdings: „Warum brauchte es fast fünf Monate Auszeit, bis wir von diesem Rücktrittsangebot erfahren? Und wie lange will der Papst nun mit seiner Entscheidung warten?“ Der Papst lege oft eine „ignatianische Unentschiedenheit“ an den Tag. Schüller: „Das ist eine Zumutung für alle Seiten. Eine Zumutung zuallererst für den Kardinal, wie lange soll diese Situation dauern? Eine Zumutung aber auch für die Gläubigen, auf sie kommt es ja an, ob Woelki weitermachen darf. Und nach welchen Kriterien will der Papst dann entscheiden? Ob es Buhrufe bei Woelki-Auftritten gibt? Oder wie sich Geistliche und Verbandsfunktionäre nach Gremiensitzungen äußern? Das sind dann ja dann immer noch nicht die normalen Gläubigen und die einfachen Pfarrer.“
Für die Entscheidung des Papstes werden nach Schüllers Einschätzung auch die noch von Steinhäuser angestoßenen Untersuchungen des Umgangs mit Mitteln aus dem erzbischöflichen BB-Fonds maßgeblich sein. Wirtschaftlich viel bedeutender als die zunächst diskutierten Ausgaben für Gutachten und Beratung sei die Frage, ob die Finanzierung der Kölner Hochschule für Katholische Theologie kirchenrechtlich ordnungsgemäß erfolgt sei.
Schüller: „Das Beispiel der Theologischen Fakultät Fulda, die jetzt gerade abgewickelt wird, zeigt doch die Probleme: So eine Institution kostet zehn bis 15 Millionen Euro im Jahr, das ist aus freien Mitteln oder gar aus so einem Fonds nicht finanzierbar, und die Kirchensteuereinnahmen, die man heranziehen müsste, brechen gerade ein.“
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Das Erzbistum Köln könne schon jetzt seinen Haushalt nur durch Auflösung von Rücklagen ausgleichen, „bilanzrechtlich ist es in einer Schieflage“. Das alles werde der Papst einbeziehen müssen.