Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt in einem zweiten Fall gegen Kardinal Rainer Maria Woelki. Wir klären auf, was das Ermittlungsverfahren auslöste und was der Kölner Kardinal gesagt haben soll.
„Ich habe die Wahrheit gesagt“Was in Kardinal Woelkis eidesstattlicher Erklärung steht
Von einem „schwarzen Mittwoch“ für das Erzbistum Köln spricht der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken: Gestern Nachmittag bestätigte die Kölner Staatsanwaltschaft, dass sie in einem zweiten Fall Ermittlungen gegen Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki führt.
Worum geht es bei den Ermittlungen?
Beide Verfahren betreffen den Wahrheitsgehalt eidesstattlicher Versicherungen, die Woelki in presserechtlichen Verfahren gegen die Axel Springer SE als Verlag der „Bild“-Zeitung abgegeben hat. Das neue Verfahren hängt mit dem Fall eines Pfarrers zusammen, den Woelki 2017 befördert hatte, obwohl der viele Jahre zuvor Kontakt zu einem 16-jährigen männlichen Prostituierten gehabt hatte. Woelki hatte bestritten, die Personalakte des Mannes gekannt zu haben, und nur damals unbestätigte „Gerüchte“ über den Mann eingeräumt. Anlass für die Ermittlungen sieht die Staatsanwaltschaft nun, nachdem eine Zeugin, eine ehemalige Sekretärin von Woelkis Vorgänger Joachim Kardinal Meisner, in dem Verfahren berichtet hatte, sie habe 2011 mit dem damaligen Weihbischof Woelki am Telefon über den Mann gesprochen. Das andere, vor zwei Wochen eingeleitete Verfahren betrifft dagegen die Frage, wann Woelki sich erstmals mit dem Fall des verstorbenen früheren Sternsinger-Präsidenten Winfried Pilz befasst hat.
Für beide Verfahren gilt: Die Staatsanwaltschaft geht einem Anfangsverdacht nach. Über dessen Wahrscheinlichkeit ist damit nichts gesagt. Anders wäre es bei einer Anklageerhebung, die nur erfolgen würde, wenn die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung höher ist als die des Freispruchs.
Alles zum Thema Rainer Maria Woelki
- Sanierung Gladbacher Stadtkirche feiert Altarweihe mit Erzbischof
- Sanierung Neuer Altar für Gladbacher Stadtkirche St. Laurentius wird geweiht
- Einsegnung „Einmalige Lage in der Gummersbacher Innenstadt“
- Zehn-Jahr-Feier in Siegburg Erzbistum investiert 63,8 Millionen Euro in die Integration
- Rundschau-Debatte Ist die Synode ein Aufbruch für die Kirche?
- Katholische Kirche Erneute Segensfeier für „alle Paare“ in Köln geplant
- Das verlorene Vertrauen Zehn Jahre Kardinal Woelki in Köln – eine Bilanz
Was hat Woelki eidesstattlich versichert?
Der Fall des Pfarrers war publik geworden, nachdem das Erzbistum 2021 auf einen Vorwurf aus dem Jahr 1995 gegen ihn gestoßen war und ihn suspendiert hatte. Am 6. Mai 2021 erklärte Woelki an Eides statt, er habe „zu diesem Vorgang davon gehört, dass Pfarrer D. im Jahr 2001, also 16 Jahre vor der Ernennungsentscheidung, einen Kontakt zu einem Prostituierten gehabt haben soll. Es gab auch weitere Gerüchte, die sich um den Pfarrer rankten. Auf mein Nachfragen bei den für die Ernennung des Pfarrers werbenden Funktionsträgern wurde mir versichert, dass sich keines dieser Gerüchte je bestätigt hätte.“ Die Personalakte des Mannes sei ihm bei der Ernennung 2017 nicht bekannt gewesen, das sei auch nicht anders üblich.
Was hat die Zeugin zu dem Fall ausgesagt?
Meisners Ex-Sekretärin sagte aus, Weihbischof Woelki habe sie 2011 um das Gespräch gebeten. Sie sei früher selbst mit dem Pfarrer befreundet gewesen. Der Mann habe Messdienern bei einer Rom-Fahrt „so Unterhosen gekauft, wo ein Penis und alles drauf war“ und gehe mit ihnen auch in die Sauna, wie er ihr selbst gesagt habe. Sie habe den Mann auf Reisen begleitet, um intervenieren zu können, „wenn er dann wieder etwas anzüglich wurde bei den Jugendlichen“.
Die heute 72-Jährige sagte aber auch, dass sie weder die Personalakte des Priesters noch eine polizeiliche Warnung kenne. Folglich habe sie darüber auch nicht mit Woelki gesprochen. Nach früheren Angaben seiner Pressestelle wurde der Fall nach Woelkis Amtsantritt als Erzbischof von Köln (2014) überprüft, es habe aber keine Bestätigung gegeben. Laut Gercke-Gutachten (Nr. 82) sagte der Mann 2015 zu, auf Kontakt zu Jugendlichen zu verzichten.
Was erklärt das Erzbistum in der Sache?
Das Erzbistum erklärt: „Wir haben die Mitteilung der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis genommen. Nun gilt es, das Ergebnis der Untersuchungen abzuwarten. Kardinal Woelki bleibt dabei, dass er die Wahrheit gesagt hat.“