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Eskalation im WahlkampfHarris bezeichnet Trump als Faschisten – Trump reagiert mit Spott

Lesezeit 4 Minuten
Harris hält Trump für zunehmend instabil.

Harris hält Trump für zunehmend instabil.

In der Schlussphase des US-Wahlkampfes legt Kamala Harris einen neuen Ton an den Tag. Trump zeigt sich amüsiert – und führt in Umfragen wieder.

Knapp zwei Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl verschärft Kamala Harris ihre verbalen Attacken auf Donald Trump und lässt keinen Zweifel daran, dass sie den Ex-Präsidenten für einen Faschisten hält. Bei einer CNN-Bürgerstunde im politisch besonders umkämpften Bundesstaat Pennsylvania bezeichnete die demokratische Präsidentschaftskandidatin ihren republikanischen Gegenkandidaten am Mittwochabend (Ortszeit) als eine Gefahr für das Land. Trump reagierte mit Spott.

US-Wahlkampf: Kamala Harris hält Donald Trump für einen Faschisten

Harris und Trump versuchen rund zwei Wochen vor der Wahl, vor allem unentschlossene Wähler zu überzeugen, und setzen dabei auf maximalen Kontrast und Provokation. Zu der Townhall hatte CNN registrierte Wähler eingeladen, die angaben, noch unsicher zu sein, wen sie wählen wollen. Trump hatte eine Einladung nach Angaben des Senders ausgeschlagen.

Trump sei „zunehmend instabil“ und „ungeeignet für das Amt“, sagte Harris gleich zu Beginn der Bürgerstunde. Ähnliche formuliert wiederholte Harros diese Aussage im Verlaufe des Gesprächs mehrmals. Die Botschaft der demokratischen Kandidatin war klar: Harris will insbesondere Unentschlossene sowie gemäßigte Republikaner warnen, dass Trump eine Bedrohung für die Grundprinzipien der Nation darstelle.

Ehemalige Mitarbeiter des Ex-Präsidenten und enge Vertraute hätten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Trump die Verfassung der Vereinigten Staaten verachte und nie wieder das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten ausüben sollte, sagte Harris. Moderator Anderson Cooper fragte die 60-Jährige: „Halten Sie Donald Trump für einen Faschisten?“ Harris antwortete ohne Zögern: „Ja, das tue ich.“

Auslöser für die Frage waren Äußerungen von Trumps ehemaligem Stabschef John Kelly. Er sagte der „New York Times“, Trump falle aus seiner Sicht „unter die allgemeine Definition eines Faschisten“. Er verwies dabei auf die Beschreibung von Faschismus als einer extrem rechten, autoritären und ultranationalistischen Ideologie, bei der es unter anderem einen diktatorischen Anführer und eine Unterdrückung der Opposition gebe.

Donald Trump attackiert Kamala Harris unter der Gürtellinie

Harris sagte, Kelly habe mit seinen Aussagen über Trump einen „Notruf an das amerikanische Volk abgesetzt“. Donald Trump sei eine Gefahr für das Wohlergehen und die Sicherheit Amerikas. Wenn der 78-Jährige gewinne, so Harris, werde er im Weißen Haus sitzen, „instabil und verstört, seine Rache und Vergeltung planen und eine Liste von Feinden erstellen“.

Donald Trump absolvierte am Mittwoch eine Wahlkampfveranstaltung in Duluth, Georgia.

Donald Trump absolvierte am Mittwoch eine Wahlkampfveranstaltung in Duluth, Georgia.

Trump hatte für die Aussagen seiner Konkurrentin nur Spott übrig. „Harris merkt, dass sie verliert, und zwar haushoch (...)“, schrieb der 78-Jährige auf der Online-Plattform Truth Social. „Deshalb verschärft sie jetzt zunehmend ihre Rhetorik.“ Sie gehe schon so weit, ihn als Adolf Hitler zu bezeichnen, behauptete Trump ohne Grundlage. Harris hatte den ehemaligen Präsidenten nicht als Hitler bezeichnet. Harris sei selbst „eine Bedrohung für die Demokratie“, schrieb Trump – ohne das näher auszuführen.

Bei seinem Wahlkampfauftritt in Duluth attackierte er Harris einmal mehr unter die Gürtellinie. „Diese Frau ist verrückt“, sagte der ehemalige Präsident. Die Wähler sollten der Vizepräsidentin die Stirn bieten und ihr sagen: „Du bist die Schlimmste aller Zeiten. So jemanden wie dich hat es noch nie gegeben. Du kannst keine zwei Sätze zusammensetzen. Ihretwegen lacht die Welt über uns.“ Harris habe in einem Interview „eine Antwort gegeben hat, die aus der Klapsmühle stammt“, und fügte Trump später hinzu. „Sie ist keine kluge Person. Sie ist ein Individuum mit niedrigem IQ.“

Migration, Fracking, Abtreibung – Harris in der Offensive

Inhaltlich lieferte Harris bei Themen wie Fracking oder Abtreibung wenig Neues. Wie bereits in vergangenen Debatten hatte sie vor allem beim Thema Migration keinen leichten Stand. Trump und seine Unterstützer behaupteten in den vergangenen Monaten immer wieder, dass unter Präsident Joe Biden und Harris als seiner Vizepräsidentin eine unkontrollierte Einwanderung in die USA eskaliert sei.

„Lassen Sie uns einfach das Problem lösen“, sagte Harris mehrmals. Einwanderer müssten sich die amerikanische Staatsbürgerschaft „verdienen“, als Präsidentin wolle sie „unsere Grenze stärken“.

Harris: „Ich bete jeden Tag“

Harris verriet im Gespräch, dass der Glaube ihr im Wahlkampf Kraft gebe. „Ich bete jeden Tag, manchmal zweimal am Tag.“ Sie sei im Glauben an einen liebenden Gott erzogen worden und lebe ihren Glauben, indem sie überlege, wie sie anderen helfen könne. Dieser Grundsatz leite auch ihre Arbeit.

Moderator Cooper hatte Harris auf einen Bericht angesprochen, wonach sie nach dem Rückzug Joe Bidens aus dem Präsidentenrennen zunächst einen Pastor anrief. „Ich brauchte diese spirituelle Art von Verbindung. Ich brauchte diesen Rat. Ich brauchte ein Gebet“, berichtete sie über das Gespräch mit Pastor Amos Brown von ihrer Baptistengemeinde in San Francisco.

Eine neue Umfrage des Wall Street Journal unter registrierten Wählern zeigt, dass das Präsidentschaftsrennen nach wie vor ein Kopf-an-Kopf-Rennen bleibt. Trump liegt in der neuen landesweiten Umfrage mit 47 Prozent vor der Vizepräsidentin Harris mit 45 Prozent.

In der letzten Umfrage des Wall Street Journal, die Ende August kurz nach dem Parteitag der Demokraten durchgeführt wurde, lag Harris noch mit zwei Prozentpunkten vorne. (pst mit dpa)