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Fünf Dörfer blicken nach vornErkelenz stellt drei Visionen für die Zukunft des Tagebaus Garzweiler vor

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Stephan Muckel (CDU), Bürgermeister von Erkelenz, spricht bei einer Pressekonferenz.

Stephan Muckel (CDU), Bürgermeister von Erkelenz, stellt eine geplante Bürgerbeteiligung „Zukunftsvision Tagebaurand“ vor.

Es geht um die Zukunft von Keyenberg, Kuckum, Berverath, Ober- und Unterwestrich – kurz nach den Auseinandersetzungen bei der Räumung von Lützerath.

„So haben wir uns das vorgestellt. Eine vollbesetzte Stadthalle“, leitet der Erkelenzer Bürgermeister Stephan Muckel (CDU) einen historischen Abend für die Zukunft der Dörfer des Braunkohlereviers Garzweiler ein. „Das ist die Auftaktveranstaltung für eine Diskussion über die Entwicklung unserer fünf Dörfer und ihr Umfeld.“ Man habe keine fertigen Pläne, man präsentiere Ideen und Visionen.

Es geht um die Zukunft von Keyenberg, Kuckum, Berverath, Ober- und Unterwestrich – gerade mal drei Wochen nach den heftigen Auseinandersetzungen bei der Räumung von Lützerath. In der Stadthalle sind die Bürger wieder in der Mehrheit, als habe es den Konflikt um Lützerath und mit den Klimaaktivisten nie gegeben. Nach Angaben des Bürgermeisters soll das Klimacamp in Keyenberg bis Ende Februar vollständig geräumt sein.

Erkelenz will endlich nach vorn blicken

„Wir haben eine Fläche von 20 Quadratkilometern zurückbekommen, die wir mit den Umsiedlern und den Menschen, die in den Dörfern geblieben sind, neu beplanen wollen“, sagt Bürgermeister Muckel. „Wir sind uns der Verantwortung bewusst vor allem mit Blick auf die Menschen, die jahrelang gekämpft haben und weiterhin in den Dörfern wohnen.“ Die Stadt Erkelenz hat ein Planungsbüro beauftragt, drei Zukunftsvisionen zu skizzieren. Ein kluger Schachzug, um alte Konflikte nicht aufbrechen zu lassen.

Erkelenz will endlich nach vorn blicken. Neben den historischen Ortskernen gebe es wertvolle landwirtschaftliche Böden und alte Gehöfte. Es gehe nicht darum, sich für eine der drei Varianten zu entscheiden, sagt Robert Broesi, Geschäftsführer des Kölner Planungsbüros Must Städtebau. Die Visionen unterscheiden sich in ihren Zielen. Unter dem Stichwort „Goldene Äcker“ geht es vor allem um den Erhalt der großen landwirtschaftlichen Flächen mit den wertvollen Böden. Hier könnte eine Landwirtschaft 2.0 entstehen, sagt Broesi. „Mit Testfeldern für neue Agrarprodukte.“

Visionen unterscheiden sich in ihren Zielen

Bei dieser Vision könnten von den Dörfern nur die historischen Straßenzüge, wertvolle Bauten und Plätze erhalten bleiben. Die anderen Flächen würden entsiegelt, der Landwirtschaft und dem Grün zugeschlagen. Das „Land der Alleen“ hingegen sieht vor allem kleinbäuerliche Strukturen vor. Die historischen Baumalleen sollen einen neuen durchgängigen Grünzug bilden. Das Netz aus Rad-, Reit- und Wanderwegen könnte ausgebaut werden, zwischen Erkelenz und dem künftigen Garzweiler See könnte eine Seilbahn fahren.

Die Infrastruktur soll durch eine neue Agrarbahn ergänzt werden. Die fünf Dörfer würden in ihrer alten Struktur erhalten bleiben. Bei der Vision „Neustadt am See“ prägen zwei große Grünzüge zwischen den Dörfern und der Stadt Erkelenz das Bild. Sie können quer über die fünf Dörfer führen, die den Kern einer neuen Stadt bilden. „Hier setzen wir auf eine stärkere Entwicklung eines öffentlichen Verkehrssystems“, sagt Planer Broesi. „Eine Stadt, die sich aus den historischen Ortskernen in Richtung des neuen Garzweiler Sees entwickelt.“

Mitte des Jahres soll das Konzept stehen

„Wir wissen alle, dass wir viel zu lange auf Braunkohle und Gas gesetzt haben“, sagt Bürgermeister Muckel. Die beschleunigte Transformation des Rheinischen Reviers und die Energiewende seien aber nicht das kommunale Thema. „Das können wir in Erkelenz unterstützen und das tun wir natürlich auch. Wir wollen jetzt Heimat gestalten.“ Bis zum 15. März können alle Erkelenzer ihre Ideen einbringen.

Mitte des Jahres soll das Konzept stehen. Gespräche mit der Landesregierung über Fördermittel für eine kommunale Infrastruktur liefen bereits. Natürlich müsse es auch Zwischennutzungen geben, sagt der Bürgermeister. In Kuckum sei das mit den Geflüchteten aus der Ukraine bereits der Fall. „Endlich wieder Leben. Es gibt wieder Kinder an den Bushaltestellen, die zur Schule fahren.“