Nach dem Eklat im Weißen Haus spricht man in Moskau vom „Sieg“ und einem „Hinterhalt“. Die Ukrainer stellen sich derweil hinter den „Löwen“ Selenskyj.
„Einen Schritt vom Sieg entfernt“Moskau bejubelt Trumps „geplanten Hinterhalt“ – und prophezeite den Eklat
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Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew (l.) im Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin. Medwedew hat sich nach dem Eklat im Weißen Haus zu Wort gemeldet. (Archivbild)
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Nach dem Eklat vor den Augen der Weltpresse im Weißen Haus ist das Entsetzen über das Verhalten von US-Präsident Donald Trump und US-Vizepräsident J.D. Vance beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Europa groß. Auch die Demokraten in den USA zeigen sich nach der Eskalation, die mit Selenskyjs vorzeitiger Abreise endete, erschüttert über Trump, der mit dem Eklat erneut seinen Kuschelkurs gegenüber Kremlchef Wladimir Putin unterstrichen hat. In Moskau könnte die Freude über den Disput im Oval Office unterdessen am Samstag kaum größer sein.
Freude in Russland nach Trumps „Abfuhr“ für Selenskyj
„Putin hat wieder einmal gewonnen, ohne überhaupt zum Kampf erschienen zu sein“, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur Ria Novosti am frühen Morgen in einem Leitartikel zum Eklat im Weißen Haus. Zuvor hatte bereits der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew in den sozialen Netzwerken über die „ordentliche Abfuhr“ für Selenskyj gejubelt.
Diesen Kurs setzte Moskau auch am Tag nach dem Eklat fort. Maria Sacharowa, russische Außenamtssprecherin, teilte in ihrem Telegram-Kanal eine Szene aus dem russischen Film „Hundeherz“ aus dem Jahr 1988 und verglich sie mit dem Eklat im Oval Office, berichteten russische Medien.
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Moskaus Außenamtssprecherin verbreitet russische Filmszene
„Du stehst auf der untersten Stufe der Entwicklung. Du bist noch ein zu prägendes, geistig schwaches Geschöpf“, sagt einer der Protagonisten demnach in der kurzen Szene zu einem anderen und fügt an: „All deine Handlungen sind bestialisch.“
„In Anwesenheit von zwei Leuten mit Universitätsabschluss erlaubst du dir, Ratschläge von kosmischem Ausmaß und kosmischer Dummheit zu erteilen, wie alles aufzuteilen sei“, heißt es schließlich weiter in der Szene, bei der offenbar Trump und Vance diejenigen mit Hochschulbildung und Selenskyj den Gescholtenen darstellen sollen.
Putins TV-Propagandisten sehen „Hinterhalt“ von Donald Trump
Die Moskauer TV-Propagandisten beschreiben den Eklat in Washington unterdessen als „geplanten Hinterhalt“, in den Selenskyj von Trump gelockt worden sei – und bejubeln das Ergebnis.
„Was dort passiert ist, war eine im Voraus geplante Operation, die der ganzen Welt zeigen sollte, dass die Amerikaner aus dieser Situation herauskommen“, erklärte etwa der Politologe Alexander Voskoboinikow bei einem der russischen Propaganda-Sender. „Selenskyj hat bekommen, was er verdient hat“, freute sich TV-Moderator Sergej Karnauchow.
„Wir sind nur noch einen Schritt vom Sieg entfernt“
Auch die Werbespots, die im russischen Fernsehen am Freitag gezeigt wurden, sprachen mitunter eine klare Sprache. „Wir sind nur noch einen Schritt vom Sieg entfernt“, hieß es dort einem Bericht der Journalistin Julia Davis zufolge, die mit ihrem „Russian Media Monitor“ regelmäßig die Propaganda aus Moskau analysiert.
Besondere Aufmerksamkeit bekommt derweil eine Prophezeiung, die der russische Abgeordnete Oleg Morosow in der Sendung „60 Minuten“ bereits einen Tag vor dem Eklat gemacht hatte. Das Treffen werde zu einer „Lektion in Demütigung“ werden und darauf abzielen, Selenskyj zu einer Kapitulation vor den USA und später vor Russland zu bewegen, hatte Morosow dort laut Davis erklärt.
Russischer Abgeordneter sagte „Demütigung“ von Selenskyj voraus
„Sie werden ihm alles unter die Nase reiben, wie einem unordentlichen Welpen“, lautete die Prognose des Politikers, die sich schließlich bewahrheiten sollte. Moderator Jewgeni Popow stimmte zu – und fügte hämisch an: „Aber zuerst wird Papa ihn verprügeln.“ Damit war Trump gemeint.
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Eklat im Weißen Haus: US-Präsident Donald Trump (r.) und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geraten bei ihrem Treffen in Streit.
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In der Sendung meldete sich auch Wiltali Tretjakow zu Wort, Dekan einer Moskauer Hochschule. „Mir gefällt wirklich, was er im Moment tut“, sagte Tretjakow über Trump. „Er hat für uns die Arbeit gemacht, die wir uns nicht getraut haben“, führte der Akademiker aus. In Bezug auf die Ukraine sei Trump dazu bereit, „Russland alles zu geben, was es sich nehmen will“, befand Tretjakow.
Ukrainer stellen sich hinter Wolodymyr Selenskyj
Während Moskau frohlockt, scheint sich die Ukraine nach dem Eklat hinter ihrem Präsidenten zu versammeln. Die Führung Amerikas habe im Krieg die Seiten gewechselt, hieß es in einem Leitartikel der Zeitung „Kyiv Independent“. Selenskyj hätte sich zwar mehr „zusammenreißen“ können, befand die Zeitung, „aber fairerweise muss man sagen, dass er in eine Situation gebracht wurde, in der er nicht gewinnen konnte.“
Ähnlich sehen es auch ukrainische Amtsträger: Der Gouverneur der Oblast Charkiw, Oleh Synjehubow, lobte Selenskyj dafür, auf Sicherheitsgarantien bestanden zu haben, berichtete die Nachrichtenagentur AP.
Lob für Selenskyj nach Eklat: „Gekämpft wie ein Löwe“
Auch Oleksandr Produkin, Gouverneur der Region Cherson, die Russland weiterhin erobern will, stellte sich demonstrativ hinter Selenskyj. Die Ukrainer wüssten mit Druck umzugehen, „an der Front, in der Politik, im täglichen Kampf“, erklärte Produkin demnach. Der Druck habe die Menschen im Land gestärkt – auch den Präsidenten.
Eine kritische Stimme kam derweil von Vitali Klitschko, der Bürgermeister von Kiew gilt als politischer Rivale Selenskyjs. „Heute ist nicht die Zeit für Emotionen, von keiner der beiden Seiten“, erklärte Klitschko nun und fügte an: „Wir müssen eine gemeinsame Basis finden.“
Die Nachrichtenagentur berichtete außerdem von zahlreichen Unterstützungsbekundungen für Selenskyj von Ukrainerinnen und Ukrainern in den sozialen Medien – und zitierte auch eine Rentnerin aus Kiew, die den Kurs des Präsidenten verteidigt habe. Selenskyj sei für ukrainische Interessen eingetreten und habe „gekämpft wie ein Löwe“, sagte die 67-jährige Natalija Serhijenko demnach.