Das Wort zum SonntagWenn die Angst unser Leben erfasst
Leben ist lebensgefährlich. Dieser lockere Spontispruch der 68-Generation hat in diesen Tagen zusätzliche Begriffsinhalte bekommen: Angst machende. Etwa, wenn unbemannte, spottbillige Drohnen Leben auslöschen. Wenn uns einmal mehr vor Augen geführt wird, dass Leben immer wieder dann keinen Wert hat, wenn es den Plänen und Machtansprüchen oder auch nur dem anspruchsvollen Lebensstandard anderer im Wege steht.
Dieser Zustand macht Angst. Überall lauern jetzt Gefahren, gegen die man sich aus eigener Kraft nicht zu schützen vermag. Es ist eine pandemische, eine gesamtgesellschaftliche Angst, deren Anfänge sich bereits zu Beginn der Covid-19-Pandemie abzeichneten und die nun einen pathologischen Charakter angenommen hat. Angst gehört als eine Art „Alarmsystem“ zu unserem Leben. Aber wenn so vieles nun im Fluss ist, dann wachsen Hass und Unverständnis, dann werden Argumente bewusst nicht mehr verstanden.
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Auch Kirche durchlebt diese krankmachende Angst. Der langsame, wohl nicht mehr aufzuhaltende strukturelle wie geistliche Umbruch schürt Unverständnis und Angst, sogar Wutgefühle. Die pragmatische Formel, nach der man sich ändern muss, um sich treu zu bleiben, also die beständige Selbstüberprüfung, ob die Kirche weiter das sie tragende Fundament kennt und bejaht, diese Richtschnur kommt außer Gebrauch. Das Gleichgewicht des gleichbleibend Gemeinsamen ist durch die grassierende Angst vor dem „Wandel“ zerstört. Sie ist ein schlechter Ratgeber; denn sie macht „blind“. Das befreiende Medikament, diese Blindheit zu überwinden, ist aber nur in jedem von uns selbst zu finden. Auch Jesus von Nazareth hat dies durchlebt (Joh 16, 33).