Köln – Sie wollen Farbe bekennen. Nicht eine. Nein, sechs. In Form der Regenbogenfahne. Gehisst haben sie die vier Kölner Verbände der Caritas, der Mädchen- und Frauensozialarbeit (in via), der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und der Sozialdienst katholischer Männer (SkM). Breiter könnte die Front der katholischer Sozialverbände in Köln nicht sein.
Damit stellen sie sich offiziell hinter die bundesweite Aktion #liebegewinnt. Ein Aufruf an die Kirchengemeinden, homosexuelle Paare zu segnen. Sie wollen so wider den Stachel löcken: Gegen die Erklärung der Glaubenskongregation in Rom, solche Segnungen seien mit der Lehre nicht vereinbar. Und gegen ihren Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, der diese Erklärung als Stärkung des katholischen Ehe- und Familienverständnisses begrüßte.
Kirchen stehen offen für Segnungen homosexueller Paare
Über 50 Gemeinden habe sich eingetragen auf der Internetseite #liebegewinnt. Ihre Kirchen stehen rund um den 10. Mai offen für Segnungen homosexueller Paare. Ausgegangen ist die Initiative von Seelsorgern aus Hamburg und Hamm. „Doch es gibt Schwund“, kann Maria Mesrian berichten. Sie engagiert sich in der Gleichstellungsbewegung Maria 2.0 in Köln Ihr Name steht auf der Unterstützerliste von #liebegewinnt. „Einige Gemeinden haben ihre Beteiligung schon wieder zurückgezogen“, sagt sie. Manch ein Bischof mache Druck.
Segnung in der Region
Düren: 10. Mai, 18.30 Uhr: Muttergotteshäuschen, Zülpicher Straße 227, Gottesdienst findet im freien Stadt mit der Möglichkeit, Liebesschlösser anzubringen.
Köln: 9. Mai, 18 Uhr, Christi Auferstehung , Brucknerstraße 16. 10. Mai, 15 bis 19 Uhr, St. Michael, Brüsseler Platz 13-14; Gesprächsangebot.
Pulheim-Stommeln: 8. Mai, 19.15, St. Martinus, Hauptstraße 55.
In einigen Bistümern scheint es gar keinen Druck zu brauchen. Es reicht wohl der Ruf, dem der Bischof vorauseilt. So nehmen in Köln, der Stadt der Toleranz und bunten Lebensvielfalt, gerade mal zwei Kirchengemeinden Teil an der Aktion. Obwohl, im engeren Sinne nur eine. Denn Diakon Uli Merz setzt noch einen Zwischenschritt vor die Segnung. In seiner Kirche St. Michael am Brüsseler Platz wird er am Sonntag erst einmal „nur“ die Türen öffnen. Angst vor dem Zorn des Bischofs? „Nein, Ich habe einfach Interesse, ins Gespräch zu kommen mit den Menschen“, erklärt Merz. Das Segnen als Zeichen des einfachen Widerstands, das wäre ihm zu billig. Er möchte ausloten, ob es wirklich um das geht, was ihm besonders segnungswürdig ist: „Das da zwei Menschen füreinander da sind, die sich lieben.“ Dann könne am Ende des Gesprächs ein Segen stehen. Angst hat er also nicht.
Andersherum scheint ein Schuh daraus zu werden: „Ich glaube, der Bischof hat Angst, dass solche Segnungen mit dem Sakrament der Ehe verwechselt werden.“ Merz’ Gemeinde ist jung. Im vergangene Jahr zum Advent wurden in St. Michael neue Gottesdienstformen aufgenommen. In der Kirche gibt es eine Bar und eine Bühne. Die Zielgruppe sind junge Christen, die man nicht den Freikirchen überlassen will. „Bei uns ist jeder willkommen, egal mit welcher sexuellen Identität“, sagt Merz. Für etwas anders hätten seine Gemeindemitglieder auch kein Verständnis mehr.
Gottesdienst unter freiem Himmel
Merz hat keine Bedenken zu reden, aber ist zurückhaltend beim Segnen. In der Gemeinde Christi Auferstehung in Lindenthal wird gesegnet, wer kommt. Reden will der Pfarrer darüber aber nicht. Vielleicht Vorsicht, vielleicht hat es aber auch einfach nur damit zu tun, dass die Anmeldungen über die Gemeinde hereinbrechen. „Ich höre gerade den Anrufbeantworter ab“, sagt Christoph Boullion. Der Vorsitzende des Gemeinderates klingt gehetzt. „Ich versuche noch, einen Überblick zu bekommen.“ Soweit er es bisher absehen kann, haben sich über 100 Menschen angemeldet für den Gottesdienst unter dem Motto „Segen für Liebende“ am Sonntag, 9. Mai, um 18 Uhr. Weil das Wetter mitspielen soll, und weil so viele dabei sein wollen, findet er im Freien statt, zwischen Kirchentür und Clarenbachkanal.
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Dinah Breithaupt wird unter den Hundert sein. 15 Jahre war sie im Gemeinderat von Christi Auferstehung engagiert. Nun konzentriert sie ihre Kraft auf den Katholikenausschuss Köln. Der hat kürzlich eine Pressemitteilung herausgegeben mit dem wütenden Ausruf: „Die Geduld ist aufgebracht.“ Die Laien kommen nicht mehr heran an ihren Bischof. Oder er nicht mehr an sie? Zu tief ist der Graben zwischen Hirte und Herde. Auf der einen Seite der Bischof, der an seinem konservativen Kirchenbild festhält, auf der anderen Seite die Gläubigen, die sich nach Reformen sehnen. Dinah Breitkopf hatte gehofft, dass in Köln mit #liebegewinnt nochmals ein deutliches Signal auf die andere Seite geschickt wird. Stattdessen: „Ich bin enttäuscht, dass hier so wenige Gemeinden mitmachen.“ Vielleicht hätte ein Kirchenvolksaufstand den nötigen Anstoß gegeben. „Der Kardinal sagt immer, er will reden. Er redet aber nicht. Wo soll das denn noch hinführen? Zur Kirchenspaltung?“, fragt sich die Katholikin.