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Frauenpredigt und mehrKatholiken planen in Köln Akte des Ungehorsams

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Aktion Katholiken Köln

Mit diesem Flyer wird die Predigtaktion in St. Elisabeth in Höhenberg bereits beworben.

Köln – Marianne Arndt will Zeugnis ablegen. Nicht irgendwo, nicht irgendwie und nicht irgendeins. Die Gemeindereferentin will predigen. Kein geistlicher Impuls oder eine Andacht – wie es schon mal häufiger geschieht, um Frauen „Rederecht“ im Gottesdienst zu verschaffen. Nein, Marianne Arndt will predigen. In einer Heiligen Messe. In St. Elisabeth in Höhenberg. Über Gleichberechtigung und einen Neuanfang. Dass sie damit gegen Kirchenrecht verstößt, das ist ihr gerade recht. Die Predigt ist Geweihten vorbehalten – und damit Männern. „Jesus hat, über damalige Konventionen hinweg Frauen eine herausragende Rolle zugeschrieben“, sagt sie trotzig.

Am Samstag, 15. Mai um 18 Uhr soll es geschehen. Die Predigt der Gemeindereferentin und Maria 2.0-Aktivistin ist eingebettet in eine bundesweite Aktion der katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd). Über mehrere Tage hinweg hat die kfd ein Predigerinnenseminar veranstaltet, dessen Höhepunkt zwölf Predigten an zwölf Orten von zwölf Frauen sein wird. Arndt und ihre Mitstreiterinnen beziehen sich auf Maria Magdalena und die Apostelin Junia (siehe Infotext). „Maria Magdalena hat von Jesus das Zeugnisrecht erhalten, und Junia hat eine Gemeinde geleitet“, sagt Arndt. „Wir tun also etwas, das selbstverständlich ist.“

Aktion Katholiken Köln

Mit diesem Flyer wird die Predigtaktion in St. Elisabeth in Höhenberg bereits beworben.

Selbstverständlich? Auch für den Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki? Der gilt in der Bischofskonferenz als konservativer Bremser, wenn es um die Gleichberechtigung von Frauen und Reformen geht. Da gab es auch schon mal „Warnschüsse“ im Vorfeld von Protestaktionen der Bewegung Maria 2.0 (siehe Infotext). Fürchtet die Gemeindereferentin Arndt nicht, „eingefangen“ zu werden? „Ich erwarte erst einmal nichts aus dieser Richtung, und ich finde auch, dass Beste wäre keine Reaktion. Ich erhoffe mir von meiner Predigt einfach, dass viele Menschen von diesem gutmeinenden Geist ergriffen werden“, antwortet sie diplomatisch. Diese Predigt ist einfach eine Chance, für die ich mich bei der kfd, bei Maria 2.0 und bei unserem Pfarrer bedanken möchte.“

Junia

„Grüßt den Andronikus und die Junia, meine Stammverwandten und Mitgefangenen, die berühmt sind unter den Aposteln und vor mir in Christus gewesen sind“, so schreibt es der Apostel Paulus in seinem Brief an die Römer.

Viele Exegeten gehen davon aus, dass es sich bei Junia um eine Frau handelt, die im Urchristentum eine leitende Funktion in der Gemeinde hatte, jedoch später als Junias zum Mann umgedeutet wurde. Die Predigerinnenaktion der kfd richtet sich nach dem Tag der Apostelin Junia, dem 17. Mai. (ngo)

Der Pfarrer, das ist der über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Franz Meurer. Fürchtet er nicht, von seinem Bischof „eingenordet“ zu werden? „Ich mache das nicht für den Bischof, ich mache das für den Herrgott“, sagt Meurer. Er erklärt: „An dem selben Tag haben wir um 14 Uhr eine Erwachsenentaufe. Und wenn wir das weiterhin haben wollen, dass Menschen sich für das Christsein entscheiden, dann müssen wir um 18 Uhr eine Frau predigen lassen.“

Das Argument, dass er damit als Priester Kirchenrecht bricht, kontert er frei nach Aristoteles: „Man muss manchmal ein Gesetz missachten, um seinem Sinn zu entsprechen.“ Will sagen, wenn mit dem Predigtprivileg für Geweihte sichergestellt werden sollte, das Berufene Gottes Wort feurig in die Gemeinde tragen, dann ist sich Meurer sicher, dass er mit seinem „Gesetzesbruch“ das richtige erreicht: „Wenn die Frau Arndt von ihrem Glauben predigt, dann hat das doch eine ganz andere Wirkung auf die Gemeinde, als wenn das ein alter, weißhaariger Mann wie ich macht.“

„Es ist der Moment, ein Zeichen zu setzen“

Und da gibt es noch einen Grund für Meurer, die Konfrontation nicht zu scheuen: „Ich fühle mich von meinem Gewissen gedrängt. Die Frauen halten hier den Betrieb aufrecht. Ich muss auch mal etwas zurückgeben.“

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Leicht ist es wohl dennoch nicht: „Als 69 Jahre alter Mann sage ich: Herr, kannt du mir den Ärger nicht ersparen. Als Pfarrer sage ich: Danke Gott, dass du mir die Marianne Arndt geschickt hast. Man kann halt nicht immer sagen, das sollen die anderen machen. Da muss ich jetzt durch. Es ist der Moment gekommen, ein Zeichen zu setzen.“

Und was, wenn der Erzbischof doch anruft? „Das wäre dann wohl ein unglücklicher Schritt von ihm.“

Die heilige Messe mit der Predigt von Marianne Arndt findet Samstag, 15. Mai, um 18 Uhr in St. Elisabeth in Höhenberg statt. Pfarrer Franz Meurer zelebriert. 60 Gottesdienstbesucher sind zugelassen. Voranmeldung ist erforderlich bis zum 12. Mai unter (0221) 16 42 15 45 oder per Mail an info@kfd-koeln.de. Die Messe wird auch über den kfd-youtube-Kanal gestreamt.

Brot teilen vor dem Dom

Nicht alle Protestaktionen werden von der Bistumsleitung reaktionslos hingenommen. Im vergangenen September hatten Maria 2.0 und die kfd dazu aufgerufen, vor dem Dom das Brot miteinander zu teilen. Damit sollte ein Zeichen für mehr Offenheit und Freiheit in der katholischen Kirche gesetzt werden.

Die offensichtliche Nähe der Aktion zum Sakrament der Eucharistie rief Kardinal Woelki auf den Plan. Solche Aktionen, die dazu neigten, Verwirrung zu stiften, machten ihm Sorge. Es blieb aber wohl nicht nur beim Bekunden von Sorge. Hinter den Kulissen liefen dem Vernehmen nach Drähte heiß. Werde nicht eine klar erkennbare Grenze gezogen zwischen dem Brotteilen und der Eucharistiefeier könnte das personelle und finanzielle Konsequenzen für die Beteiligten haben, sofern sie im Einflussbereich der Kirche stünden.

200 Männer und Frauen setzten sich an den langen Tisch vor den Dom. Einige trugen Tauftücher. Sie teilten das Brot miteinander. „Nein, wir wollen damit keine Eucharistiefeier imitieren“ versicherten die Organisatorinnen. Die Konsequenzen blieben aus. (ngo)