Die AfD will im großen Stile abschieben, ein Kreisverband hat dafür ein Abschiebeticket versendet. Doch wie und wo löst man es ein? Ein Versuch.
AfD-AktionAbschiebeticket einlösen – Aber wie?
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Alice Weidel (rechts) und Tino Chrupalla, die beiden Vorsitzenden der Partei Alternative für Deutschland, wollen im großen Stil abschieben. Ein Kreisverband hat zu diesem Zweck Abschiebetickets in Umkreis gebracht. Doch wie und wo lösen Ausreisewillige diese ein?
Copyright: Foto: Tobias Schwarz / AFP
Mit einem „Abschiebeticket“ hatte der AfD-Kreisverband Karlsruhe Anfang des Jahres für bundesweite Schlagzeilen gesorgt; Bürgerinnen und Bürger der Region fanden ein Fake-Ticket vor, mit dem es laut Aufdruck für „Illegale Einwanderer“ von „Deutschland“ in ein „sicheres Herkunftsland“ gehen sollte. 30.000 dieser „ekelhaften“ Tickets, so Linken-Politikerin Clara Anne Bünger, ließen die Rechtspopulisten rund einen Monat vor der Bundestagswahl drucken.Doch was passiert eigentlich, wenn Angesprochene versuchen, ein solches Flugticket einzulösen?Der Instagram-Account AbiPaid hat den Selbstversuch gewagt – und entlarvt die AfD damit als einen Absender, der mit der eigenen Aktion überfordert ist.
„Die AfD ist keine Fluglinie“
In einer Reihe erster Videos können die Zuschauer und Zuschauerinnen AbiPaid bei dem Versuch, sein Abschiebeticket am Flughafen einzulösen, beobachten. Zuerst fragt der Empfänger nach der Möglichkeit eines Upgrades des Tickets von der Economy auf die Business-Class – dem Mitarbeiter am Schalter fällt dabei nicht sofort auf; dass es sich bei dem Ticket um kein gültiges handelt.
Obwohl der Begriff „Abschiebeticket“ fällt und der Mitarbeitende das Ticket offenbar ausgehändigt bekommen hat, lässt er sich den Pass des Instagrammers zeigen und beantwortet ihm die Frage nach den Kosten eines Upgrades: 289 Euro würde es kosten, von der Economy in die Businessclass zu wechseln. Wenn es sich um ein echtes Ticket handeln würde – wie dem Mitarbeitenden dann doch noch auffällt.
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Auch am Infoschalter wird AbiPaid pflichtbewusst geholfen. Ob er mit dem Ticket fliegen könne, ist in dem Clip zu hören, wisse der Mitarbeitende nicht, denn „die AfD ist keine Fluglinie“ und für Abschiebungen sei zu dem „die Bundespolizei zuständig“. Sich selbst abschieben lassen, das hat zwar auch im zweiten Versuch nicht geklappt, mit der Wegbeschreibung zu der am Flughafen ansässigen Bundespolizei im Gepäck geht es für den Instagrammer nun zur dritten, angeblich zuständigen, Stelle.
Bundespolizei: „Ganz miese Aktion von der AfD“
Doch helfen kann man dort auch nicht. „Möchten Sie Anzeige erstatten?“, ist zu hören. „Nee, ich wollte das einlösen, ich wollte mich jetzt einfach mal abschieben lassen“, entgegnet AbiPaid. Die Reaktion des Beamten? Er habe davon in den Nachrichten gehört, sagt dieser, dann ist eine Kollegin des Bundespolizisten zu hören, die sich erstaunt darüber zeigt, dass es die Tickets wirklich gibt. Einlösen, könne man die Tickets dennoch nicht. „Nee, sorry, da können wir echt nichts machen. Das ist ’ne ganz miese Aktion von der AfD“, erwidert der Bundespolizist auf das Anliegen des Instagramers. Und außerdem, seien die Tickets nicht echt.
AfD fühlt sich nicht zuständig: „Da sind wir nicht die richtigen Ansprechpartner“
Und die Partei selbst? Die sollte doch eigentlich ihre eigenen Tickets annehmen – oder zumindest wissen, wo diese einzulösen sind. AbiPaid versucht in weiteren Videos sein „Abschiebeticket“ an einem Wahlkampfstand der AfD einzulösen. Zuständig fühlt man sich dort jedoch nicht. Abschieben könne man sich auch ohne ein solches Ticket, in dem man sich „einfach ein [echtes] Ticket kauft und dahin zurückgeht, wo man herkam“, so ein Mann am AfD-Stand.Der Instagrammer zeigt sich überrascht, er habe geglaubt, er bekomme das Ticket bezahlt. Von der Partei jedenfalls nicht, ist zu hören, die AfD sei dafür „nicht der richtige Ansprechpartner“ erfährt AbiPaid, da gebe es „Behörden dafür, die das entsprechend einlösen“, behauptet der AfDler und nennt auch gleich, wer die Kosten einer Meinung nach übernehmen würde: „Ausländerbehörde, Jobcenter“ beginnt er aufzuzählen.Obwohl auf dem Ticket „AfD Abschiebeticket“ stehe, wie der Mann am Wahlkampfstand vorliest, sei man nicht zuständig.
Fake-Tickets verunsichern Nutzer sozialer Medien
Die Tickets, macht der Test klar, werden zwar immer als Fake entlarvt, zuständig für eine Abschiebung fühlt sich auch niemand. Und doch haben die gefälschten Abschiebetickets für Unruhe unter den potentiellen Empfängern gesorgt.Im allgemeinen wirke sich Diskussion über die Asylpolitik hierzulande unmittelbar auf die Schutzsuchenden aus, berichtet etwa Leiterin Belma Hadžerić von der Diakonie im oberbergischen Gummersbach.
Viele Klienten sein verunsichert, aber auch Menschen, wie Omar Sabalbal der als Sozialberater der Diakonie arbeitet, machen sich Sorgen um ihre eigene Zukunft und dass, obwohl, wie im Fall von Sabalbal der bereits seit mehr als 30 Jahren im Kreis lebt und bestens integriert ist, die Menschen teilweise schon viele Jahre in Deutschland seien und so gar die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen würden. Doch könne ihnen die Deutsche vielleicht aberkannt werden?
Aber auch die vermeintlichen Rückführungstickets selbst sind Thema. Salbalbals Kollege Hussein Al Safar ist zwar nicht bekannt, dass Fake-Abschiebetickets im Kreis aufgetaucht seien. Viele Menschen hätten diese aber auf Social Media gesehen und für echt gehalten, erzählt er.