Seit Jahren kämpft in Waldbröl die örtliche Nabu-Gruppe um Schutz für ein besonderes Gelände. Dieses hat sie jetzt auf Vordermann gebracht.
NaturIn Waldbröl soll die Alte Lehmgrube bald für immer unter Schutz stehen
Die Geburtshelferkröte hat gerne freie Sicht, sie mag's übersichtlich, und das auch im Tageslicht. Der Ginster muss also weg. „Jeder zweite Strauch, vor allem dort drüben am Hang“, ruft Reiner Stegemann von der Waldbröler Ortsgruppe des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) und schickt seine fleißigen Helferinnen und Helfer prompt ins Grüne. Seit mindestens zwei Jahrzehnten schon kümmert sich die Gruppe um die Alte Lehmgrube und macht dort sauber. Und ebenso lange kämpft Stegemann dafür, dass das verborgene Kleinod vor den Toren der Innenstadt zum Naturschutzgebiet erklärt wird.
Die Schilder dafür stehen schon. Und nach den Entscheidungen in den politischen Gremien des Kreistags sei der Naturschutz auch sichergestellt bis ins kommende Jahr, betont Iris Trespe, Sprecherin des Oberbergischen Kreises. Um den Schutz aber dauerhaft zu gewährleisten, sei eine Prüfung des Verfahrens durch die Bezirksregierung Köln erforderlich. „Die läuft gerade, Antwort aus Köln erwarten wir im Mai.“
Auch der Grasfrosch führt in Waldbröl ein reges Liebesleben
Das sei längst überfällig und so wichtig, findet Stegemann. Denn viel hat sich getan, nachdem zu Beginn der 1990er Jahre auf dem knapp 3,2 Hektar großen Gelände zum letzten Mal Lehm abgebaut worden ist für die Herstellung von Klinkern: Nicht nur die seltene Geburtshelferkröte hat dort ein festes Quartier bezogen, auch frönt der Grasfrosch in der Grube einem regen Liebesleben.
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Vor drei Jahren hat der Nabu einen kleinen, flachen Tümpel angelegt. Stegemann steht am Rand, deutet mit dem Zeigefinger aufs Wasser und zählt: „Elf Laichgelege.“ Diese treiben dicht unter der Oberfläche, in zwei bis drei Wochen schlüpfen die ersten Kaulquappen. „Wird's noch mal kalt, könnten es auch acht dauern“, überlegt der Fachmann.
Der Müll von einem Waldbröler Fast-Food-Restaurant ist seit vielen Jahren schon ein Problem
Kurz vor dem 1. März – dann gilt die gesetzlich geschützte Zeit der Vogelbrut – schlagen sich die Nabu-Leute stets in die Büsche und geben dem Geäst einen Frühjahrsschnitt und klauben dabei auf, was da nicht hingehört: Diesmal sind es die hölzernen Stäbe von Silvesterraketen, in einem der Gewässer treiben die Sektflaschen dazu. Und wird's wieder warm, findet sich wohl auch wieder Verpackungsmüll aus dem nahen McDonald's-Restaurant auf dem Gelände. „Und mit dem Müll kommen Krankheiten, diese gefährden die Amphibien und Reptilien“, klagt Stegemann. „Dagegen können wir bisher nichts unternehmen.“
Auf Nachfrage dieser Zeitung am Hauptsitz in München verweist Sprecher Kevin Messing darauf, dass McDonald's regelmäßige Müllrundgänge unternehme: „Mit dem Restaurant vor Ort prüfen wir die Situation und arbeiten dann gemeinsam an einer Verbesserung.“ Die Reduzierung von Abfällen sei seit Jahren Teil einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie, auch biete jede Filiale ihren Gästen ein pfandpflichtiges Mehrwegsystem an. Messing: „Wir sind auf die Hilfe unserer Gäste angewiesen. Als Gastgeber wollen wir sie zum Teil der Lösung machen, aber nicht zum Problem.“
In Waldbröl hofft die Nabu-Gruppe auf 15 bis 20 Jahre alte Verstärkung
Zweimal im Jahr rückt die Nabu-Gruppe überdies zum Großreinemachen an – und Reiner Stegemann glaubt nicht, dass dabei künftig weniger zusammenkommt als in den Jahren zuvor. Zudem hofft er auf Verstärkung bei solchen Aktionen: „Uns fehlen die 15- bis 20-Jährigen“, erklärt er und denkt besonders an diejenigen, die immer freitags das Klima retten wollen.
Jetzt geht‘s nicht nur dem Ginster an den Kragen, auch Brombeerranken müssen weg. Und während die Schneidegeräte fauchen und die Scheren zuschnappen, klettert Joachim Herholz immer wieder auf die Leiter, um marode Nistkästen gegen neue auszutauschen, an denen Metallmanschetten die Eier darin dann auch vor hungrigen Spechten schützen.
In der Alten Lehmgrube tummeln sich nicht nur seltene Amphibien, sondern auch etliche Vogelarten
Herholz ist Imker, acht Bienenstöcke hat er: „Daher weiß ich, wie wertvoll solche Gebiete sind, und helfe gerne dabei, sie zu schützen.“ Ernst Vollmer sieht das ähnlich, oft hat er die Kamera dabei, um Fotos zu machen vom Kormoran, Blesshuhn oder der Stockente und der Kanadagans.
Ebenso gesichtet worden sind in der Lehmgrube der Eisvogel, der Trauerschnäpper und der Gartenrotschwanz, Spatzen und Meisen gibt es da ohnehin. Und zu den Amphibien haben sich auch die Ringelnatter und die Bergeidechse gesellt.
Wie auch die Geburtshelferkröte, so versteckt sich diese Eidechse gern in den Ritzen zwischen den Steinen, die der Nabu dort vor Jahren aufgeschüttet hat.
Ein kurzer Blick in die Geschichte
Die stillgelegte Lehmgrube, gelegen an der Landesstraße 339 zwischen Waldbröl und der Ortschaft Niederhof, diente dem örtlichen Klinkerwerk bis zur Schließung 1993 als Rohstofflieferant. 1919 hatte der Düsseldorfer Unternehmer Otto Cronrath die „Dampfziegelei Boxberg“ gekauft und ihr 1954 einen ersten Fachhandel für Baustoffe hinzugefügt. Dieser firmiert heute als „Baucentrum Cronrath“.
Zum Besitz des Familienunternehmens an der Wiehler Straße gehört die Lehmgrube auch heute. Das Gelände ist Teil des Landschaftsplans 4 „Oberberg-Süd“, der zudem Flächen in Morsbach, Reichshof und Bergneustadt erfasst. Ausgenommen bleiben aber sollen in der Marktstadt zwei Streifen entlang der Strandbadstraße und der L 339, um deren künftige Ertüchtigung zu ermöglichen.