Der langjährige Mäzen des FC Viktoria Köln ist im Alter von 74 Jahren gestorben.
Nachruf auf Franz-Josef WernzeDer „Boss“ war ein Verehrer des Kölner Fußballs
Ein Dienstag im August 2015: Soeben hatte der FC Viktoria in der Fußball-Regionalliga die Zweitvertretung des 1. FC Köln ordentlich vermöbelt, 4:0 hieß es am Ende eines lauen Sommerabends, ein standesgemäßes Resultat an jenem fünften Spieltag, als Markus Brzenska, inzwischen Co-Trainer im Klub, gleich zwei Mal traf und beim FC der junge Timo Hübers und der ziemlich talentierte Christian Clemens in der Startformation standen.
Höhenberg erlebte damals das vierte Jahr in der Vierten Liga; der ein oder andere wähnte sich schon auf Augenhöhe mit dem unerreichbaren Verein mit dem Geißbock-Logo, dabei hatte die traditionsreiche, aber erst 2010 reanimierte Viktoria, kaum etwas gemein mit den Strukturen eines Profi-Vereins.
Nach dem Triumph gegen den Rivalen von der anderen Rheinseite trafen sich Fans, Gönner und Journalisten im schmucken VIP-Zelt in der Kurve, ein Platz für launige Geschichten und unzählbare Anekdoten.
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Wernze war Chef eines Milliarden-Imperiums
Auch Franz-Josef Wernze, Kölns Mäzen und Geburtshelfer des neu gegründeten FC Viktoria, hatte sich an einem der Stehtische positioniert – ein Muss für den Vorstand des weltweit operierenden Steuerimperiums European Tax & Law (ETL), ein Unternehmensverbund mit einer Milliarde Euro Umsatz im Jahr.
Der im oberbergischen Waldbröl geborene Fußball-Sympathisant mochte in den Momenten des Erfolgs nicht über blässlich anmutende Anekdoten aus dem Finanzwesen parlieren, sondern einzig und alleine über seinen geliebten Fußball. Also bedeutete der einst als Auszubildender beim Kölner Finanzamt beginnende Unternehmer den Anwesenden, darunter auch einige Pressevertreter, mit Nachdruck, sich zu ihm zu gesellen.
Das Spiel zuvor spielte eine wesentliche Rolle, auch der 1. FC Köln, den der Steuerberater über die Maßen verehrte und finanziell fürstlich unter die Arme griff, so bei der Rückholaktion von Lukas Podolski vom FC Bayern München oder den Transfers des brasilianischen Verteidigers Pedro Geromel und des polnischen Flügelflitzers Slawomir Peszko.
Der „Boss“ von Köln-Höhenberg
Bei Kölsch und Häppchen machte man es sich also gemütlich im inzwischen verwaisten Sportpark; viel wurde gesprochen, unzählige Gäste begrüßten Viktorias Mäzen im Überschwang und schwelgten mit ihm über sich anbahnende glorreiche Zeiten im Rechtsrheinischen.
Wernze selbst war glücklich in jenen Momenten des Erfolgs, legte sein bereits vor acht Jahren viel zu großes Handy auf den Stehtisch und präsentierte nebenbei seine Geheimnummer, die er auf der Rückseite des Telefons zur Erinnerung notiert hatte – handschriftlich übrigens. So etwas war den Menschen im Sportpark naturgemäß einerlei, Wernze übrigens auch. Das Wichtigste an jenem August-Abend war nun einmal der Fußball.
Und der „Boss“, so wurde der Vater von vier Kindern gerne und von seinen Freunden voller Verehrung genannt, war an jenem fünften Spieltag schlicht glücklich und kostete seine geliebte Viktoria aus, die er einige Jahre zuvor aus dem Dornröschen-Schlaf erweckt hatte.
Aber auch Rückschläge hat Franz-Josef Wernze als Finanzier erlitten, etwa im Juni 2017: Einige Stunden, nachdem die Mannschaft auf beinahe erschütternde Weise den Aufstieg in die Dritte Liga gegen Carl Zeiss Jena verpasst hatte, blickte der damals 68-Jährige bereits voraus, ein vermutlich üblicher Gedankengang des erfolgreichen Unternehmers, der stets sachlich blieb, selbst in Augenblicken der sportlich gesehen aller größten Demütigung.
2019 erfüllte sich Wernzes Traum vom Drittliga-Aufstieg
„Im nächsten Jahr schaffen wir es“, bemerkte Wernze in einem Vier-Sterne-Hotel im thüringischen Städtchen Weimar, in dem die Mannschaft zuvor logiert hatte und in dem in der Nacht der Frust über die verpasste Chance mit reichlich Wein und Bier ertränkt wurde.
Es sollte bis ins Jahr 2019 dauern, ehe die größte Sehnsucht des Oberbergers endlich erfüllt wurde: Nach unzähligen versäumten Aufstiegen gelang der Viktoria nach einem 1:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach II endlich der Sprung in den Profifußball. Wernze verwirklichte seinen Traum. Sportvorstand Franz Wunderlich, Viktoria-Ikone Mike Wunderlich und der Mäzen selbst weinten vor Glück.
In den letzten Jahren hat sich der FC Viktoria etabliert in Liga drei, die Besuche von Kölns aller größtem Fan im Sportpark Höhenberg hingegen wurden rarer, vor allem aufgrund seines angegriffenen Gesundheitszustands.
Sein letztes Spiel in Höhenberg war ein 3:0-Sieg
Die Jahrhundertpartie Ende August 2022 in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen den FC Bayern München (0:5) ließ sich der Wegbereiter des neugegründeten FC Viktoria im ausverkauften Rhein-Energie Stadion selbstverständlich nicht entgehen – trotz fortschreitender Krankheit.
Die letzte Partie seiner Viktoria erlebte Franz-Josef Wernze im vergangenen November: Der inzwischen 74-Jährige Fußball-Liebhaber fuhr nach einem sicheren 3:0-Erfolg gegen Erzgebirge Aue entspannt mit seiner Frau Christine nach Hause. In jenem Moment ballte er entschlossen seine Faust, ein zartes Lächeln huschte über sein Gesicht, die Freude war ihm deutlich anzusehen.
In der Nacht zu Freitag ist der langjährige Förderer des FC Viktoria Köln im Alter von 74 Jahren nach langer und schwerer Krankheit verstorben. Der Verein wird Wernze im Rahmen des kommenden Heimspiels gegen Dortmund II am Sonntag (14 Uhr) „gebührend gedenken“.
Reaktionen auf den Tod von Franz-Josef Wernze
Viktoria-Trainer Olaf Janßen: „Es kann sich jeder vorstellen, dass es ein besonders Spiel war, nachdem unser Visionär verstorben ist. Er hatte die Vision, aus der kleinen Viktoria einen großen Verein zu machen. Er war mit sehr viel Herzblut dabei. Wir waren darauf vorbereitet, dass dieser schwere Tag kommen würde, aber wenn er dann kommt, ist es doch besonders. Ich habe den Jungs gesagt: Männer, zeigt für den Big Boss, für was wir stehen, für welchen Fußball wir stehen. Das haben wir, denke ich gezeigt.“
Ex-Viktoria-Coach Pavel Dotchev: „Wir haben gemeinsam Zeit verbracht, ich weiß was er für Viktoria bedeutet. Er war ein großer Mensch.“
Fortuna Kölns Präsident Hanns-Jörg Westendorf: „Köln verliert einen großen Unterstützer des Fußballs.“